"Wir hatten auf stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse gehofft, haben aber gesehen, dass es bei dieser beispiellosen Bandbreite an Varianten eine Herausforderung darstellt, eine hohe Wirksamkeit zu erzielen", erklärte Vorstandschef Franz-Werner Haas. CureVac wolle die Studie aber bis zu ihren finalen Auswertung mit weiteren Corona-Fällen fortsetzen, wobei sich die endgültige Wirksamkeit noch verändern könnte. An der Frankfurter Börse stürzten die CureVac-Aktien um rund 50 Prozent ab.

Die Aussichten für eine Zulassung des Impfstoffs sind mit der gegenwärtigen Wirksamkeit mau: Die Weltgesundheitsorganisation WHO erwartet eine Wirksamkeit von mindestens 70 Prozent, die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte im vergangenen Jahr einen Mindestwert von 50 Prozent festgelegt. CureVac hatte eigentlich geplant, nach den Daten "schnellstmöglichst" eine Zulassung bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA zu beantragen.

Die Europäische Union hat sich von dem Impfstoff bis zu 405 Millionen Dosen gesichert. Die Entwicklung zog sich aber unerwartet in die Länge, weshalb das Bundesgesundheitsministerium das Vakzin vorerst nicht mehr für die laufende Impfkampagne einplante. Kanzlerin Angela Merkel nahm das Unternehmen kürzlich noch wegen der Verzögerungen in Schutz. Der Bund hält über die Förderbank rund 16 Prozent an CureVac, größter Investor ist der SAP-Gründer Dietmar Hopp mit fast 47 Prozent. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums wollte die Studiendaten nicht kommentieren und verwies auf das Unternehmen. Der Bund nehme keinen Einfluss auf das operative Geschäft von CureVac.

KEINE WIRKSAMKEIT BEI ÄLTEREN NACHGEWIESEN


Der Impfstoff der Tübinger basiert wie auch die von Biontech/Pfizer und Moderna auf Boten-RNA (mRNA), die den menschlichen Zellen die Information zur Bekämpfung von Krankheitserregern vermitteln soll. Die Konkurrenten hatten mit ihren Vakzinen eine hohe Messlatte gelegt: Sie zeigten in den entscheidenden Studien eine Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent. Diese Studien fanden allerdings vor dem Auftreten neuer Virusvarianten statt, die inzwischen die meisten Infektionen ausmachen. Allerdings haben aktuelle Untersuchungen gezeigt, dass diese Impfstoffe auch gegen die vorherrschenden Varianten hochwirksam sind.

Der Impfstoff von CureVac wurde erst im Dezember in die zulassungsrelevante letzte Studienphase gebracht. CureVac sprach von einer "bislang beispiellosen Umgebung" mit mindestens 13 Varianten in der untersuchten Teilmenge seiner Studienteilnehmer. Erste Analysen hätten gezeigt, dass die Wirksamkeit von der untersuchten Altersgruppe und den Virusstämmen abhänge. Mehr als die Hälfte der in der Zwischenanalyse untersuchten insgesamt 134 Covid-19-Fälle seien durch sogenannte besorgniserregende Varianten verursacht worden. Während bei jüngeren Studienteilnehmern eine Wirksamkeit festgestellt worden sei, habe dies bei älteren Probanden über 60 Jahren - die bei einer Infektion besonders gefährdet sind - nicht beobachtet werden können.

Der Virologe Peter Hotez vom amerikanischen Baylor College of Medicine erklärte, es sei nicht klar, ob das Problem auf die Varianten zurückzuführen sei oder auf die Unfähigkeit des Impfstoffs, die Bildung hoher Mengen an neutralisierenden Antikörpern auszulösen. CureVac äußerte sich nicht dazu, welche Rolle womöglich auch die Dosierung seines Impfstoffs bei den Ergebnissen spielt. Das Unternehmen testete sein Mittel in einer deutlichen niedrigeren Dosierung von zwölf Mikrogramm als BioNTech/Pfizer (30 Mikrogramm) und Moderna (100 Mikrogramm).

Unterstützung bei der Entwicklung erhielt CureVac auch vom Leverkusener Bayer-Konzern, der noch in diesem Jahr erste Dosen des Vakzins aus seinem Werk in Wuppertal ausliefern wollte. Die Tübinger arbeiten zudem mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline bei der Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen der nächsten Generation gegen Varianten zusammen. Insgesamt hatte CureVac geplant, in diesem Jahr 300 Millionen Dosen herzustellen und bis zu eine Milliarde Dosen im kommenden Jahr. Der Impfstoff zählte zu einem von drei deutschen Projekten, die von der Bundesregierung mit einem Sonderprogramm von rund 750 Millionen Euro finanziell unterstützt werden. CureVac sollte daraus bis zu 252 Millionen erhalten.

rtr