Der kommende Donnerstag dürfte für Paul Achleitner schrecklich werden. Den Aufsichtsratschef der Deutschen Bank wird - genauso wie seine Kollegen sowie den Vorstand - der geballte Frust der Aktionäre treffen: Frust über die schwachen Erträge, die Serie an Skandalen, die erfolg-losen Versuche, die Krise in den Griff zu bekommen.

Achleitner wird beispielsweise erklären müssen, wie die Suche nach einem Nachfolger für den bis April amtierenden Chef John Cryan vorab bekannt werden konnte. Und was die Gründe für den plötzlichen Wechsel an der Spitze waren. "Wir sehen keinen Grund, warum Cryan gerade zu diesem Zeitpunkt gehen musste", sagte ein Großaktionär zu €uro am Sonntag. Zudem ging der Aufsichtsrat tagelang auf Tauchstation, als die Suche zuvor durchgesickert war - ein Kommunikations-Desaster. Dass Achleitner deshalb um seine Entlastung bangen muss, ist aber unwahrscheinlich. Nicht nur, weil der einflussreiche US-Stimmrechtsberater ISS für Entlastung plädiert hat, um die Bank nicht noch mehr zu destabilisieren.

Nicht allein verantwortlich



Klaus Nieding, Vizepräsident des Aktionärsverbands DSW, warnt davor, Achleitner die Verantwortung für die aktuelle Schieflage allein in die Schuhe zu schieben. "Weder der amtierende Vorstand noch Achleitner waren für die Ursachen der tiefen Krise der Deutschen Bank verantwortlich, an deren Folgen die Bank nun seit nahezu sechs Jahren leidet und die sie seit 2012 versucht in den Griff zu bekommen, ohne daran zu scheitern", sagte Nieding.

Auch Frankfurter Fondsgesellschaften gehen davon aus, dass der Aufsichtsratschef trotz massiver Kritik entlastet wird. "Es fehlt zu ihm derzeit einfach die Alternative, auch weil er geschickt keinen Nachfolger aufgebaut hat", heißt es dort. Man rechne damit, dass Achleitner ein ähnliches Ergebnis erzielen werde wie der umstrittene Deutsche-Börse-Aufsichtsratschef Joachim Faber. Der ist auf der Hauptversammlung vergangenen Mittwoch mit 86 Prozent entlastet und mit 95 Prozent wiedergewählt worden.

In einem Punkt dürfte Achleitner Faber aber nicht folgen. Faber hatte seinen Rückzug innerhalb der nächsten drei Jahre angekündigt. Er zieht damit die Konsequenz aus dem Ärger des vergangenen Jahres: Gegen Ex-Chef Carsten Kengeter liefen Ermittlungen wegen Insiderhandels und Aktienkäufen mit dem Segen des Aufsichtsrats.

Achleitner wiederum dürfte nach dem schrecklichen Tag mit dem neuen Mann an der Spitze nach vorn schauen. Christian Sewing wird am Donnerstag zum ersten Mal als Vorstandschef vor die Aktionäre treten. Seine Pläne zur Schrumpfung des Investmentbankings kommen bei Aktionären gut an. Ingo Speich von Union Investment bezeichnet sie als "Schritte in die richtige Richtung".