Der aus dem eigenen Stall kommende neue Chef Christian Sewing muss es jetzt richten. Die wichtigsten Punkte für das Unternehmen, was die Experten sagen und wie es für die Aktie läuft:

DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN BANK:

Die Erträge müssen hoch und die Kosten runter - und das bei nach wie vor dünner Kapitaldecke, strengeren Regeln für Banken und anhaltend niedrigen Zinsen in der Eurozone. Vielen Experten mutet das wie eine Quadratur des Kreises an. Sewings Aufgabe ist sicherlich derzeit eine der schwersten in der Branche. Gelingt ihm der Umbau der Bank? Zumindest trauen ihm dies die meisten Anleger zu.

So bekam er bei der Hauptversammlung am Donnerstag viel Unterstützung. Viele Anleger rechnen Sewing hoch an, dass er fast sein gesamtes Berufsleben in der Bank verbracht hat. Es kommt gut an, dass er nicht wie viele Investmentbanker auf der Suche nach immer höheren Boni von Bank zu Bank gepilgert ist.

Es bleiben zwar Zweifel über die Chancen, den Tanker Deutsche Bank wieder in sichereres Fahrwasser und bessere Zeiten zu steuern. Untätigkeit lässt sich Sewing jedoch nicht vorwerfen. Er kündigte nach nur 46 Tagen im Amt pünktlich zur Hauptversammlung den weiteren Abbau von Tausenden Stellen an. So soll die Zahl der Mitarbeiter von 97 000 auf "deutlich" unter 90 000 fallen. Damit geht der Stellenabbau unter Sewing noch etwas weiter, als sein im April überraschend gefeuerter Vorgänger John Cryan ursprünglich geplant hatte. Allerdings hatten viele Experten mit einem noch höheren Stellenabbau gerechnet.

Jedoch blieb Sewing bei den Details vage. Die Frage ist nun, was unter dem "deutlich" zu verstehen ist. Hinter vorgehaltener Hand wird eher eine Zahl um die 85 000 genannt - aber mit Rücksicht auf die laufende Integration der Postbank hat sich Sewing wohl noch zurückgehalten. Fest steht: Die Deutsche Bank hat hier noch viel aufzuholen - andere große Häuser wie die Schweizer UBS haben in den vergangen Jahren viel stärker gekürzt und sich konsequenter auf das neue Umfeld ausgerichtet. So verdienen die meisten Geldhäuser inzwischen wieder Milliarden, während die Deutsche Bank zuletzt drei Jahre in Folge Verluste schrieb; und auch 2018 dürfte angesichts der Kosten für den Stellenabbau unter dem Strich allenfalls ein Mini-Gewinn herauskommen. Viele Experten rechnen erneut mit roten Zahlen.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN UND EXPERTEN:

Analysten und andere Experten sind nach wie skeptisch, ob der Bank die Wende gelingt. Viele fragen sich, wo die Erträge herkommen sollen - zumal der Personalabbau dabei ja nicht hilft. So hatte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment auf der Hauptversammlung gesagt: "Der sukzessive Umbau des Geschäftsmodells und das Zurechtstutzen des Investmentbankings gleichen einer Operation am offenen Herzen. Wie wollen Sie es schaffen, Geschäft aufzugeben und Kosten zu reduzieren, ohne massiv Marktanteile und Erträge zu verlieren?"

Ähnlich sehen es die meisten Aktienexperten, die auf die Ankündigung des stärkeren Stellenabbaus ungewohnt zurückhaltend reagierten. Viele lobten zwar den Ansatz, wollen jetzt aber erst einmal sehen, ob es auch klappt, das Geschäft zu steigern. So lobte beispielsweise Goldman-Sachs-Experte Jernej Omahen das bekräftigte Renditeziel für 2021, die Kostenziele und weitere zur Hauptversammlung gemachte Ankündigungen. Er betonte aber in einer Studie auch, dass die Herausforderungen weiterhin sehr hoch seien.

Er zählt mit einem Kursziel von 12,70 Euro zu den größten Optimisten der 22 von dpa-AFX erfassten Experten. Mehr hat kaum einer auf dem Zettel - doch trotz des weit über dem aktuellen Niveau liegenden Ziels stuft auch Goldman Sachs die Aktie derzeit nur mit "Neutral" ein. Derzeit gibt es unter den von dpa-AFX erfassten Analysten gerade mal zwei Kaufempfehlungen - diesen stehen zehn Verkaufstipps entgegen. Die Kursziele reichen dabei von 8 bis 14 Euro.

DAS IST DIE KURSENTWICKLUNG:

Die Entwicklung der Aktie ist mit einem Wort desaströs - sowohl kurz-, als auch mittel- und langfristig. In den vergangenen zehn Jahren stürzte der Kurs der Aktie um mehr als 80 Prozent ab. Unter den großen Instituten haben nur jene Banken mehr verloren, die zwischenzeitlich Staatshilfe gebraucht hatten oder die immer noch von den Regierungen gestützt werden. Eigentlich sollte der erfahrene Finanzmanager Paul Achleitner das Blatt wenden. Aber seit seinem Amtsantritt im Mai 2012 hat sich der Kursverfall noch einmal verschärft - seitdem ging es um 60 Prozent nach unten.

Und auch der hektisch durchgezogene Rauswurf Cryans und die Berufung von Sewing brachten am Kapitalmarkt bisher keine Besserung. Im Gegenteil: Seitdem ging es um fast zehn Prozent nach unten. Das Jahresminus beläuft sich inzwischen auf 35 Prozent. Damit findet sich das Papier am Dax -Ende wieder. Und mit Kursen von inzwischen nur knapp über 10 Euro liegt die Aktie nur noch rund 15 Prozent über dem Rekordtief von 8,834 Euro aus dem Herbst 2016 - damals hatten Sorgen über eine sehr hohe Geldstrafe in einem US-Gerichtsverfahren den Kurs gedrückt.

Der Börsenwert liegt derzeit bei nur noch etwas mehr als 21 Milliarden Euro. Damit spielt die Bank unter den großen europäischen Häusern keine Rolle mehr. Im Branchenindex Stoxx 600 Banks liegt sie damit gerade mal auf Rang 23 und damit weit abgeschlagen von der Spitze im Mittelfeld, hinter Adressen international eher unbekannter Häuer wie KBC Group oder DNB. Der frühere Bankchef Josef Ackermann (2002 bis 2012) hatte den Anspruch, die Bank bei diesem Wert an die Weltspitze zu führen und drehte daher das große Rad im Investmentbanking.

Dieser Versuch ist krachend gescheitert. Börsenwerte von Häusern wie JPMorgan , Citigroup oder HSBC kann die Deutsche Bank inzwischen nicht einmal mehr mit dem Fernglas sehen - sie muss sich inzwischen mit Fintechs wie Wirecard messen. Der Zahlungsabwickler aus einem Münchener Vorort mit 4500 Angestellten ist nach einem Höhenflug der Aktie inzwischen fast 16 Milliarden Euro wert und damit zumindest schon mal auf Tuchfühlung zur Deutschen Bank./zb/tav/fba