Deutsche Bank und Commerzbank haben jetzt zumindest für Klarheit gesorgt, dass sie einen Zusammenschluss prüfen. Dass die Vorstände gleichzeitig darauf hinweisen, dass es viele wirtschaftliche und technische Gründe gibt, die dem entgegenstehen könnten, lässt aber bereits ahnen, wie schwierig das Projekt ist.

Die Commerzbank geht jedenfalls mit besseren Voraussetzungen in die Verhandlungen als die Deutsche Bank, obwohl sie größenmäßig der Juniorpartner ist. Denn sie verfügt über ein auf Privat- und Firmenkundengeschäft fokussiertes und etabliertes Geschäftsmodell mit guter Marktposition, und sie hat ihren Umbau weitgehend abgeschlossen. Die Deutsche Bank steckt dagegen noch mitten in der Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells, arbeitet an der schwierigen Integration der Postbank und muss ihre Investmentbanking-Sparte zurechtstutzen - von den latenten Rechtsrisiken ganz zu schweigen. Analysten und Branchenexperten gehen deshalb davon aus, dass die Commerzbank-Aktionäre eher von einem Zusammenschluss profitieren.

Kapitalerhöhung
Eine Fusion würde nach Analystenschätzungen einen zusätzlichen Kapitalbedarf von drei bis neun Milliarden Euro hervorrufen. Die Zahlen gehen weit auseinander, je nachdem, was bei einem Zusammenschluss alles an Lasten zum Beispiel aus der Finanzkrise hochkommt (etwa kritische Staatsanleihen bei der Commerzbank, komplexe Finanzderivate bei der Deutschen), und wie der Deal am Ende über die Bühne geht. Das Analysehaus Kepler Chevreux glaubt, dass sich ein Deal ohne Kapitalerhöhung gestalten lässt, wenn die Aufsichtsbehörden mitspielen.

Ausgestaltung des Deals
Noch ist völlig unklar, wie ein solcher Zusammenschluss umgesetzt werden soll. Mehrere Modelle sind grundsätzlich vorstellbar
a) Übernahme der Commerzbank durch die Deutsche Bank (mit Kapitalerhöhung)
b) Fusion unter Gleichen mit Aktientausch (mit Kapitalerhöhung)
c) Holdingstruktur (hohe rechtliche und regulatorische Hürden)
d) Neusortierung mit zwei neuen Schwerpunkt-Banken (Deutsche Bank: Großkunden und Investmentbanking; Commerzbank: Mittelstand und Privatkunden)

Staatsanteil
Der Staat, der derzeit an der Commerzbank gut 15 Prozent hält, wäre rein rechnerisch an einem fusionierten Institut ca. mit fünf bis sechs Prozent beteiligt. Doch eine solche Staatsbeteiligung an einem fusionierten Institut ist umstritten, eine teilstaatliche "Deutschlandbank AG" widerspricht zumindest auf Dauer der marktwirtschaftlichen Grundordnung. Andererseits würde ein Rückzug des Staates aus der Commerzbank zum jetzigen Zeitpunkt weitere milliardenschwere Verluste für den Steuerzahler bedeuten. Dass der zusätzliche Kapitalbedarf aus einer Fusion über weitere staatliche Kapitalzufuhr gedeckt wird, erscheint vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich.

Betriebswirtschaftliche Synergien
Durch den Zusammenschluss entstünde zwar ein größeres Privatkundengeschäft, aber mit vielen Überschneidungen und massivem Personalüberhang. Im Investmentbanking ergeben sich dagegen kaum Ergänzungen, da Commerzbank da praktisch raus ist. Durch den Zusammenschluss gibt es also unter dem Strich kaum zusätzliche Ertragsperspektiven für die Häuser. Der Vorteil der Verbindung läge demzufolge in den Kostensynergien. Die lassen sich aber nur über massiven Stellenabbau heben - die Rede ist von 20000 bis 30000 der zusammengerechnet 130000 Stellen. Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter haben bereits angekündigt, dass sie die Fusion nicht mittragen werden - und drohen damit, beispielsweise die laufenden Postbank-Integrationsverhandlungen auf Eis zu legen.

Großaktionäre
Wichtige Aktionäre der Deutschen Bank, darunter das Emirat Katar, sind von einem Zusammenschluss nicht überzeugt. Der US-Finanzinvestor Cerberus ist an der Deutschen Bank mit drei und an der Commerzbank mit fünf Prozent beteiligt und soll dem Zusammenschluss aufgeschlossen gegenüberstehen.

Aufsicht
Der Zusammenschluss muss am Ende von den Aufsichts- und Abwicklungsbehörden in einem möglicherweise langwierigen Prozess erst noch genehmigt werden.

So könnte am Ende eine Fusion zustandekommen - oder auch nicht. Die Vorstände beider Banken haben in ihrer Erklärung von Sonntag auch explizit nicht ausgeschlossen, dass am Ende der Verhandlungen keine Bankenehe steht.