Selbst bei 220 000 Gerichten pro Tag, wie sie allein in Istanbul entstehen, werden die Karotten von Hand geschnitten. Egal ob die Mahlzeiten später auf Porzellan im Restaurant oder auf Plastik in der Flugzeugkabine serviert werden, Attila Dogudan lässt frisch kochen. Mit dem Qualitätsversprechen hat es der türkischstämmige Österreicher mit seinem Unternehmen Do & Co von einem Feinkostladen in der Wiener Innenstadt bis in die First Class von Turkish Airlines, Lufthansa und Co sowie in VIP-Lounges von Formel 1 und Fußballbundesliga geschafft. Heute ist aus dem 1981 gegründeten Delikatessen­geschäft ein Konzern geworden, der mit weltweit 31 Küchen zuletzt einen Jahres­umsatz von 848 Millionen Euro erzielte.

In den vergangenen drei Geschäftsjahren aber gingen die Einnahmen zurück. Einer der größten Kunden ist Turkish Airlines. Die Fluglinie zahlt in Landeswährung, und unter dem Verfall der türkischen Lira leiden daher auch die Umsätze der Österreicher. Weil in der Türkei aber auch alle Ausgaben in Lira anfallen, ergibt sich der Verlust allein durch die Währungsumrechnung.

Seit dem am 1. April begonnenen Geschäftsjahr 2019/2020 geht es mit den Umsätzen jedoch wieder aufwärts. Laut der jüngst angehobenen Prognose sollen die Einnahmen um 16 Prozent auf 985 Millionen Euro zulegen. Firmenkenner halten diese Annahme für zu niedrig. Bleibt die türkische Lira stabil, soll es in diesem Geschäftsjahr gelingen, die Milliardenmarke zu durchbrechen. Derzeit legen alle drei Geschäftsbereiche mit zweistelligen Wachstumsraten zu. Stärkster Treiber ist das Airline-Catering mit einem Umsatz­anteil von 71 Prozent. Der Eventbereich trägt 15, das Hotel-und-Restaurant-Segment 14 Prozent zu den Einnahmen bei.

In den letztgenannten Sparten liegt das Skalierungspotenzial von Do & Co. Versorgen die Österreicher einmal eine Flug­linie, versucht der jeweilige Standort auch für Airline-Lounges, Mitarbeiterkantinen, Flughafen- und Stadtrestaurants, Hotels und Stadien zu kochen. Die gesamte Palette deckt Do & Co bisher erst in Wien ab, während laut Finanzchef Gottfried Neumeister allein in der Angebotserweiterung genug Potenzial steckt, um die Umsätze auf drei Milliarden Euro zu steigern.

Neue Standorte, hohe Kosten


Den größten Schub dürften die Jetset-­Köche im kommenden Geschäftsjahr jedoch von den fusionierten Fluggesellschaften British Airways und Iberia erhalten. Für den als International Consolidated Airlines Group (IAG) neu formierten Konzern wird ab 2020 das gesamte Catering ab London und Madrid erbracht. Der bis 2030 laufende Vertrag soll jährlich gut 250 Millionen Euro Umsatz bringen. Im kommenden Geschäftsjahr erwarten die Österreicher mit 1,3 Milliarden Euro daher einen Umsatzanstieg von über 30  Prozent. Im folgenden Geschäftsjahr sollen dann 1,5 Milliarden Euro durch die Bücher gehen.

Doch gerade wegen IAG werden die guten Aussichten bisher nicht in die Aktie eingepreist. Neue Standorte verursachen hohe Anlaufkosten, erfordern große Investitionen und sind ohne treuen Hauptkunden schwer wirtschaftlich zu betreiben. In London Heathrow etwa baut Do & Co eine neue Großküche, die mit 30 000 Quadratmetern fast doppelt so groß ist wie die bestehende. Kosten: 50 Millionen Euro. "Bei den Wachstumsaussichten wird ein exzessiv hohes Ausführungsrisiko eingepreist", urteilt Berenberg-Analyst James Letten.

Der IAG-Auftrag aber ist bei Do & Co ganz oben aufgehängt. In London Heath­row soll der 35-jährige Sohn des Firmengründers, Attila Junior, für den reibungslosen Aufbau der Großküche sorgen und sich um das Geschäft mit den Briten kümmern. Der zweite Spross der Familie, Marius, ist verantwortlich für das Catering in der Formel 1 und für die Fluggesellschaft Iberia.

Die Personalien sind jedoch nicht das Einzige, was Do & Co zu einem (börsennotierten) Familienunternehmen macht. Über seine Privatstiftung hält Dogudan Senior 32,3 Prozent am eigenen Unternehmen. Attila Junior wiederum dürfte sich ab 2020 nicht damit zufriedengeben, täglich 350 British-Airways-Flüge zu versorgen. Denn die Großküche kann schätzungsweise die doppelte Menge Essen zubereiten. Mit IAG wiederum startete Do & Co 2012 deutlich kleiner. Zunächst wurde die Fluggesellschaft nur auf zehn Flügen bekocht. Angesichts der vorhandenen Küchenkapazität scheinen ähnliche Entwicklungen mit anderen Airlines durchaus denkbar.

Neben den organischen Wachstumsmöglichkeiten könnten auf die Österreicher 2020 aber auch anorganische Wachstumschancen warten. Im Werben um den Lufthansa-Caterer LSG hat sich die Gate Group durchgesetzt. Die Schweizer kaufen dessen Europa-Geschäft. Weil die Marktmacht des Branchenprimus damit weiter steigt, könnten Regulierungsbehörden verlangen, dass Gate Group einen Teil der erworbenen Geschäfte abgibt. An den Standorten Frankfurt oder München könnte sich für Do & Co daher ein Wachstumsnachschlag von etwa 100 Millionen Euro ergeben.