Manchmal braucht es eine schwere Krise, um zu erkennen, was wirklich wichtig ist: "Covid-19 hat uns die Bedeutung von Tieren für die Gesellschaft vor Augen geführt. Wir sehen, dass Tierheime leer sind, weil Menschen, die nicht allein sein wollen, einen Hund oder eine Katze adoptiert haben", berichtet Jeffrey Simmons, der diese Entwicklung aus einer ganz besonderen Perspektive verfolgt. Simmons ist Chef von Elanco, dem weltweit zweitgrößten Hersteller von Tiermedizinprodukten, der aus dem Pharmakonzern Eli Lilly ausgegliedert wurde.

Haustiere und deren Besitzer sind für Simmons Kunden. Daneben gibt es einen zweiten großen Geschäftsbereich: Nutztiere. Diese dienen in der Welt des Menschen als Nahrungslieferanten, doch auch bei Schweinen, Kühen und Hühnern ist Gesundheit wichtig. Treibende Kraft für das Geschäft ist die wachsende Weltbevölkerung und das steigende Durchschnittseinkommen. Beides führt dazu, dass sich mehr Menschen ein Haustier leisten können, aber auch mehr Fleisch verzehren. Simmons sieht Elanco als einen der großen Gewinner dieser beiden Trends.

Deal in Deutschland

Gerade hat der Konzern aus dem US-Bundesstaat Indiana die 7,6 Milliarden Dollar teure Übernahme der Tiermedizinsparte von Bayer abgeschlossen. Dadurch füllt Elanco seine Pipeline auf: "Bis zum Jahr 2024 wollen wir 25 neue Produkte auf den Markt bringen, fünf davon kommen aus den Bereichen, die wir von Bayer übernommen haben", kündigt Simmons gegenüber €uro am Sonntag an. Der Zukauf aus Deutschland stärkt Elanco, unter anderem im internationalen Geschäft: "Vor allem in China eröffnen sich uns hervorragende Möglichkeiten. Dort haben bislang nur acht Prozent der Haushalte ein Haustier, in den USA sind es mehr als zwei Drittel", erklärt Simmons.

Auch der Produktmix werde attraktiver: Der Anteil des Haustiergeschäfts am Gesamtumsatz von Elanco steigt durch die Übernahme der Bayer-Sparte auf knapp 50 Prozent. Dadurch kann der Konzern seine im Branchenvergleich niedrige Gewinnspanne verbessern. Die bereinigte Ebitda-Marge, die im Jahr 2018 bei 21 Prozent lag, soll jetzt bereits 2022 bei 38 Prozent ankommen.

Auch wenn Mensch und Tier grundsätzlich ähnliche Lebewesen sind, funktioniert das Geschäft mit Medizin nach unterschiedlichen Regeln: Die Entwicklung eines Medikaments für Menschen ist langwierig und teuer. Im Erfolgsfall kann ein Konzern mit einem einzigen Produkt Milliardenbeträge erzielen.

In der Tiermedizin sind die Dimensionen kleiner: "Wir sprechen schon bei Jahresumsätzen von 100 Millionen Dollar von einem Blockbuster. Dafür ist die Entwicklungszeit eines Medikaments für Tiere kürzer und die Kosten sind deutlich niedriger", erklärt Simmons. Das wichtigste Produkte aus dem Bayer-Portfolio ist Seresto zur Abwehr von Zecken und Flöhen. Die Investmentbank Morgan Stanley traut dem Hundehalsband einen Umsatz von 400 Millionen Dollar in diesem Jahr und mehr als 500 Millionen 2023 zu.

Auch für die Tiermedizin ist die Corona-Krise eine extreme Belastungsprobe, inzwischen geht es aber wieder aufwärts. Simmons erwartet im zweiten Halbjahr eine "starke Erholung im Geschäft mit Haustieren, eine kontinuierliche Verbesserung bei Nutztieren".

Schwieriger Wechsel

Für Verunsicherung unter Investoren haben organisatorische Veränderungen gesorgt. Elanco hat die Zahl der Vertriebspartner von acht auf vier reduziert und die Lagerbestände reduziert. Das soll das Risiko senken, führte aber zunächst zu Sonderbelastungen von 60 Millionen Dollar im ersten Quartal und von 100 Millionen Dollar im zweiten Quartal. Die Belastungen waren damit größer als die Pandemie-Schäden bei Elanco. Die Neuorganisation sei jetzt aber abgeschlossen, bekräftigt Simmons.

Analysten erwarten, dass der bereinigte Gewinn je Aktie bei Elanco in diesem Jahr um 42 Prozent fällt, sich dann aber schnell erholt. Für die Jahre 2022 und 2023 werden Zuwächse von rund 20 Prozent erwartet. Elanco ist somit ein defensiver Wachstumswert.

Aufschwung: Tiermedizin ist langfristig ein Wachstumsmarkt, Elanco hat auch dank des Bayer-Deals deutlich Potenzial.

Empfehlung: Kaufen
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