Spätestens bis Ende nächsten Jahres soll der Chefposten des weltweit größten europäischen Brillen- und Optikkonzerns EssilorLuxottica mit einen Top­manager von außen neu besetzt werden. Das ist der Kompromiss, auf den sich die rivalisierenden Lager der im vergangenen Jahr fusionierten Unternehmen auf der Hauptversammlung im Mai geeinigt haben.

Hinter den Kulissen wird indes weiter um Macht und Einfluss gerungen. Luxottica-Gründer Leonardo Del Vecchio, dessen Invest­mentgesellschaft Delfin mit 32 Prozent der Anteile größter Aktionär ist, hatte im November erfolglos versucht, seinen Vertrauten Francesco Milleri, der Luxottica vor dem Zusammenschluss geführt hatte, allein an der Spitze des Unternehmens zu installieren.

Der aktivistische US-Finanz­investor Third Point, Ende August bei EssilorLuxottica eingestiegen, soll ein Verbündeter des italienischen Unternehmers sein. Del Vecchios Investmengesellschaft und ThirdPoint wollten das nicht kommentieren. Der Chef des US-Vermögensverwalters, Daniel Loeb, ist durch sein Engagement bei Unternehmen wie dem größten Lebensmittelkonzern Nestlé bekannt.

Schwierige Integration


Dass der Vorstand den aktuellen Stand bei der Suche nach einem externen Chef für EssilorLuxottica beim Treffen mit Investoren am vergangen Mittwoch in London ausklammerte, ist deshalb keine große Überraschung. Bis Ende 2020 wird der Konzern von Essilor-Topmanager Laurent Vacherot gleichberechtigt mit Luxottica-Mann Milleri geführt. Sie sollen die in Aussicht gestellten Synergien heben und die seit August avisierte milliardenschwere Übernahme des niederländischen Brillenhändlers GrandVision in trockene Tücher bringen.

Zum Portfolio von Grand­Vision gehört hierzulande auch Fielmann-Konkurrent Apollo Optik. Als Händler passen die Niederländer gut in den neuen Verbund von Essilor, dem weltweit größten Hersteller von Brillengläsern, und Luxottica, dem führenden Anbieter von Brillengestellen mit Marken wie Ray-Ban oder Oakley.

GrandVision schaffte im vergangenen Jahr mit 3,7 Milliarden Euro Umsatz knapp 600 Millionen Euro operativen Gewinn. EssilorLuxottica verdiente mit 16 Milliarden Euro Erlös operativ 2,6 Milliarden. Der globale Marktführer ist damit etwa 20 Mal größer als der nächstgrößere Wettbewerber.

Die Co-Chefs können sich für die Zeit nach 2020 nicht bewerben. Das sollte etwas Ruhe ins Geschäft bringen. Vor diesem Hintergrund kam das höhere Tempo bei Einsparungen, das in London angekündigt wurde, gut an. Zwischen 300 und 350 Millionen Euro sollen bis 2021 realisiert werden. Das entspricht 60 Prozent der gesamten Synergien - und übertraf die Erwartungen. Beim Umsatz werden ohne Zukäufe jährliche Zuwächse im "mittleren einstelligen Bereich" angepeilt.

Weitere Zukäufe geplant


Das Beispiel GrandVision belegt, dass sich der Vorstand trotz der komplexen Integration weitere Übernahmen zutraut. ,,Wir werden nicht aufhören und wir haben die Mittel, um weitere ­Akquisitionen vorzunehmen‘‘, kündigte der stellvertretende Chef des Unternehmens, Hubert Sagnières, an.

Die Perspektiven für EssilorLuxottica sind vielversprechend. Auf dem Weltmarkt hat der Primus keinen ebenbürtigen Rivalen. Der Markt für Sehhilfen sowie Sonnenbrillen soll sich laut Prognosen des Managements langfristig verdreifachen.

Kurzsichtigkeit wird sich schließlich immer weiter verbreiten: Durch die intensive Nutzung von Smartphones, Tablets und Computern soll in 30 Jahren die Hälfte der Weltbevölkerung davon betroffen sein. Auch die Sehschwäche im Alter wird zunehmen. Und Sonnenbrillen werden bisher erst von weniger als einem Fünftel der Weltbevölkerung genutzt.

Aufwärts: Der Kompromiss im Führungsstreit beruhigte Anleger. Seitdem stehen die Perspektiven im Fokus. Attraktiv.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 155,00 Euro
Stoppkurs: 112,00 Euro