Facebook hat mit den Quartalszahlen für Erleichterung gesorgt. Der Zwischenbericht fiel besser aus, als zuvor befürchtet worden war. "Es war ein ziemlich gutes Quartal, obwohl alle mit einem Desaster gerechnet hatten", fasste Analyst Ivan Feinseth von Finanzdienstleister Tigress Financial Partners zusammen. Mark Zuckerberg, Chef und Gründer des Internetriesen, hatte zuletzt selbst die Erwartungen heruntergeschraubt.

Ganz besonders liegt das Augenmerk auf dem Nutzerwachstum, das noch im Vorquartal deutlich enttäuscht und den Kurs der Facebook-Aktie auf Talfahrt geschickt hatte. Auf weltweite Sicht sieht es zunächst gut aus: Die Zahl der monatlich aktiven Nutzer stieg im dritten Quartal um zehn Prozent auf 2,27 Milliarden. Das teilte Facebook am Dienstagabend nach Börsenschluss mit. Täglich aktiv waren 1,49 Milliarden Menschen. Mehr als zwei Milliarden Menschen nutzen jeden Tag mindestens ein Produkt des Online-Riesen - neben Facebook zählt zum Zuckerberg-Imperium auch die erfolgreiche Foto-Plattform Instagram und der Chatdienst WhatsApp.

Ein genauerer Blick in die einzelnen Regionen trübt das Bild dann aber. In Europa verlor das Online-Netzwerk Facebook das zweite Quartal in Folge eine Million Mitglieder, zählt hier noch 375 Millionen Nutzer. Den Nutzerrückgang in Europa hatte Facebook bereits im Frühjahr prognostiziert - wegen der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Wie alle Webseiten-Betreiber musste auch Facebook dadurch seine Nutzerbedingungen hin zu mehr Datenschutzvorgaben ändern. Auch im Zuge des Datenskandals rund um Cambridge Analytica wandten sich Mitglieder von Facebook ab.

In den USA und Kanada kommt das soziale Netzwerk jetzt auf 242 Millionen monatlich aktive Nutzer. Die Wachstumsrate ist enttäuschend: Denn Facebook gewann innerhalb der vergangenen drei Monate lediglich eine Million neue Mitglieder hinzu.

Der Großteil der neuen Nutzer kommt damit nicht aus Europa, den USA oder Kanada, sondern aus Regionen, die nicht so lukrativ - das heißt, für die Werbewirtschaft nicht so interessant - sind. Die USA sind der mit Abstand profitabelste Markt, hier machte Facebook zuletzt pro Nutzer einen Umsatz von 27,61 Dollar. In Europa waren es 8,82 Dollar und im weltweiten Durchschnitt 6,09 Dollar.

Facebook verdient Geld hauptsächlich mit Werbeschaltungen. Die Einnahmen wuchsen so im vergangenen Quartal deutlich. Der Umsatz stieg um rund ein Drittel auf 13,7 Milliarden Dollar. Das ist aber das kleinste Plus seit rund sechs Jahren Zudem hatten Analysten etwas mehr erwartet. Der Gewinn stieg um neun Prozent auf knapp 5,14 Milliarden Dollar.

Neue Geschäftsmodelle müssen her



Das Internet-Netzwerk profitiert weiter davon, Anzeigen zielgenauer als die Konkurrenz an die Nutzer zu bringen. Die Werbeschaltungen kommen hauptsächlich im Newsfeed unter, der bisher im Mittelpunkt der Facebook-Nutzung stand und viel Platz für Anzeigen bietet. Mittlerweile nutzen die Mitglieder das soziale Netzwerk offenbar anders: Die Nutzer teilten etwa ihre Beiträge verstärkt im kleineren Freundeskreis statt im Newsfeed, erläuterte Zuckerberg am Dienstag.

Wie Facebook mit dem veränderten Nutzer-Verhalten klarkommt, ist noch unklar. Beim Geld verdienen mit den Chatdiensten WhatsApp und Messenger sowie den neuen Formaten steht der Internetkonzern noch am Anfang. "Das ist eine Reise, die Jahre und nicht Quartale dauern wird", sagte Finanzchef Dave Wehner.

Zu den neuen Formaten zählt insbesondere die sogenannte "Story"-Funktion. Dieses Feature hatte zuerst die Facebook-Tochter Instagram vom Konkurrenten Snap mit der Foto-App Snapchat erfolgreich kopiert. Nutzer können in ihre Story Bilder oder kurze Videos hochladen, die grundsätzlich nur für 24 Stunden zu sehen sind. Die Hauptplattform Facebook hat die Funktion mittlerweile übernommen.

Die Story-Funktion ist bei den Nutzern offenbar beliebt. "In nicht allzu ferner Zukunft werden die Leute mehr in Stories als in Feeds teilen", prognostizierte Zuckerberg. Jetzt muss Facebook damit auch Geld verdienen. Zwischen verschiedenen Stories gibt es Werbeplätze - die der Internetkonzern verkaufen kann. Aber: Der Wandel verlaufe weniger geschmeidig als er es sich erhofft habe, räumte der 34jährige Konzern-Lenker ein.

Kosten steigen



Diesen Umbau hinzubekommen ist nur eine der Aufgaben, vor denen Zuckerberg jetzt steht. Denn die Kosten von Facebook steigen deutlich - allein im dritten Quartal um 53 Prozent auf 7,95 Milliarden Euro. Denn der Internetkonzern muss jetzt - nach dem Datenskandal und den verschärften Datenschutzregeln in der EU - Geld in die Hand nehmen, um besser gegen Falschmeldungen und Hacker vorzugehen. Facebook stellt dafür etwa mehr Mitarbeiter in seinen Löschzentren ein, die verbotene Inhalte entfernen. Mittlerweile arbeiten 33600 Menschen bei dem sozialen Netzwerk, 45 Prozent mehr als noch im Vorjahr.

Die Kosten dürften auch weiter steigen. In diesem Jahr den Angaben zufolge um über 50 Prozent steigen, im kommenden Jahr um weitere 40 bis 50 Prozent. Auch abseits von den Ausgaben für die Sicherheit investiert Zuckerberg kräftig: 2019 will Facebook das Video-Angebot ausbauen, die Rechenzentren vergrößern und eine Dating-App auf den Markt bringen. 18 bis 20 Milliarden Dollar will der Internet-Riese dafür in die Hand nehmen.

Die steigenden Kosten schlagen sich auf die Profitabilität nieder. Die Konzernmarge sank im dritten Quartal auf 42 Prozent. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 50 Prozent. Bereits im Sommer hatte Finanzchef Wehner angekündigt, dass dieser Wert für die nächsten zwei Jahre auf etwa 35 Prozent zurückgehen dürfte.

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Einschätzung der Redaktion



Der Zwischenbericht von Facebook kam an den Aktienbörsen gut an. Der Kurs stieg zu Handelsbeginn um knapp neun Prozent.

Marktteilnehmer zeigten sich erleichtert. Die Nutzerzahlen hätten sich stabilisiert, schrieb Analyst Douglas Anmuth von der US-Bank JPMorgan. Lob bekam auch Zuckerberg für sein Versprechen, die Kosten im Blick halten zu wollen.

Die höheren Kosten sind zwar zunächst ärgerlich, auf lange Sicht sind die Ausgaben aber unabdingbar. Denn Facebook muss in Sicherheit und den Kampf gegen Hass und Hetze investieren, um weiteren Imageschaden abzuwenden - damit die Nutzerzahl, insbesondere in den wichtigen Märkten in Europa und den USA nicht (noch weiter) schrumpft.

Charttechnisch hellt sich das Bild mittlerweile etwas auf. Die Aktie konnte sich von dem Kurssturz vom Juli, verursacht von den enttäuschenden Halbjahreszahlen, zwar noch nicht erholen, deutet mittlerweile aber eine Bodenbildung an.

Die Facebook-Aktie bleibt auf lange Sicht aussichtsreich. Wegen der eingetrübten Aussichten, insbesondere der sinkenden Profitabilität und der anhaltenden Diskussion um die Datensicherheit, drängt sich ein Neueinstieg noch nicht auf.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 200,00 Euro
Stoppkurs: 120,00 Euro