Ein Rundgang auf der Detroit Motor Show zeigt: Die Automesse bringt wieder alle Megatrends zusammen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um PS und Chrom, autonome Perspektiven glänzen auf der Messe ebenso.

Anders als früher reisen aber nicht mehr alle Hersteller zu Beginn des Jahres nach "Motor-City". Das einstige Aushängeschild der Branche hat im Zuge der Digitalisierung Konkurrenz durch die parallel stattfindende Consumer Electronics Show in Las Vegas bekommen. Dort stellte beispielsweise BMW das erste autonome Motorrad vor, und Daimler feierte in Las Vegas mit dem Mercedes CLA mit Sprachassistenz und Gestenerkennung eine Weltpremiere. Doch während sich die Konzerne selbst feiern, verdunkeln sich die Wolken am Branchenhimmel.

Unter anderem droht sich der US-Automarkt abzuschwächen: Nach rund 17,2 Millionen verkauften Fahrzeugen im Jahr 2018 geht Marktforscher Cox Automotive für 2019 nur noch von rund 16,8 Millionen Stück aus. 2020 könnte der Absatz gar auf 16,5 Millionen sinken. Ein ähnliches Bild zeigt sich auf der anderen Seite des Globus. Die Neuwagenverkäufe in China sind 2018 - dank Handelskrieg - erstmals seit zwei Jahrzehnten geschrumpft.

Aber nicht nur der Zollkonflikt fordert die Branche derzeit heraus. Neue Trends wie das autonome Fahren oder die E-Mobilität ziehen milliardenschwere Investitionen nach sich. Zudem müssen beim klassischen Verbrennungsmotor vermehrt Emissionen eingespart werden. Wer in dem tiefgreifenden Wandel der Branche nicht bestens aufgestellt ist, bekommt Probleme. Dies zeigt eine Reihe an gekappten Zielen für 2018, unter anderem von den einstigen Musterschülern BMW und Daimler. Auch in Detroit setzten sich die Hiobsbotschaften fort. Ford, der zweitgrößte US-Autobauer, rutschte im Schlussviertel in die roten Zahlen.



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Rückwärtsfahrt als Einstiegschance



Der Margendruck im Sektor sorgt auch dafür, dass die Aktien seit Monaten im Rückwärtsgang fahren. Der Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts verlor innerhalb eines Jahres knapp 30 Prozent an Wert. Einzelne Titel wie Daimler gaben sogar überproportional nach. Stellt sich die Frage: Sind das bereits wieder Kaufkurse, oder hält der Druck noch an?

Zwar dürften die Belastungen für die Branche weiterhin hoch bleiben, doch ergeben sich auf diesem ermäßigten Niveau auch Einstiegschancen. Besonders interessant erscheint uns das Luxusgütersegment, denn dort herrschen andere Spielregeln. Die gut betuchte Kundschaft lässt sich von einer kleinen Konjunkturdelle oder Zöllen weniger stark beeindrucken.

Ganz oben auf der Liste der Profiteure steht Ferrari. Zugegeben, die Aktie des italienischen Rennstalls fiel zuletzt wie viele andere durch unseren Stoppkurs. Doch nutzen wir die günstigere Bewertung sowie den jüngsten "U-Turn" der Aktie, um den Titel wieder zum Kauf zu empfehlen. Nicht nur kurzfristig sollte die Erholung weitergehen, wir sehen das Unternehmen auch mittelfristig auf dem richtigen Weg. Dies gilt vor allem mit Blick auf die hohe Profitabilität der Fahrzeuge sowie die zunehmende Diversifikation der Produktpalette. Bis 2022 sollen insgesamt 15 neue Ferrari-Modelle und -varianten präsentiert werden.



Chancen ergeben sich zudem bei Peugeot. Zusammen mit dem vor rund eineinhalb Jahren übernommenen Autohersteller Opel erreichten die Franzosen 2018 einen neuen Verkaufsrekord. Die Geschäftsstrategie, zum Beispiel alle neuen Modelle ausschließlich auf den PSA-Plattformen zu entwickeln, was zu Kostenvorteilen in Einkauf und Entwicklung führt, dürfte sich auch positiv auf die Gewinne niederschlagen. Angesichts des Wachstumskurses ist die Aktie mit einem KGV von fünf ein Schnäppchen.

Mit Blick auf die Bewertung sind auch BMW und Daimler inzwischen sehr günstig geworden. Allerdings reichen die jüngsten Nachrichten aus den beiden Häusern noch nicht aus, um die Aktien hochzustufen. Auf die Watchlist setzen wir die beiden aber allemal.

Der Wandel in der Industrie bringt zudem immer mehr neue Mitspieler hervor. So auch Nio. Das 2014 vom chinesischen Milliardär William Li gegründete Start-up setzt ausschließlich auf den Elektroantrieb. Das erste Fahrzeug, der "ES8", ist bereits in Serie gegangenen. Dabei handelt es sich um ein Elektro-SUV, das unter anderem gegen das Model X von Tesla antritt. Anders als die Konkurrenz setzt Nio nicht auf aufladbare Akkus, sondern auf Wechselbatterien. Dazu baut die Firma eine Vielzahl von Power-Swap-Stellen auf, in denen die Batterie in nur drei Minuten getauscht wird. 2020 sollen bereits 1100 Stationen im Reich der Mitte zur Verfügung stehen.

Ab 2023 möchte Nio auch Europa erobern. Noch ist der Börsenneuling in Deutschland aber nicht handelbar, Aufträge müssen in New York platziert werden. Der Spezialwert eignet sich nur für spekulative Naturen.

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Auf einen Blick: Automobilindustrie