Prestige ist sicher auch im Spiel. Kohlberg Kravis Roberts & Co., der von den Branchenvete­ranen Henry Kravis (75) und George Roberts (75) mitgegründete Finanzkonzern KKR, prüft den Kauf von Walgreens Boots Alliance, einem Betreiber von Apotheken und Drogeriemärkten.

Es wäre der mit Abstand größte Deal, den Finanzinvestoren bisher gestemmt haben. Der in Bedrängnis geratene Konzern mit Sitz in Deerfield im US-Bundesstaat Illinois ist an der Börse mit rund 56 Milliarden Dollar bewertet - zu niedrig, sagen Analysten. Allerdings müsste ein Bieter bei einem üblichen Aufschlag von 20 bis 30 Prozent bis zu 73 Milliarden Dollar bieten und obendrauf 16,8 Milliarden Dollar Schulden übernehmen. Damit würde sich eine Offerte von KKR auf knapp 90 Milliarden Dollar summieren. Die bei Übernahmen durch Private-Equity-Firmen üblichen Kredite zur Finanzierung werden bei dem Geschäft auf mehr als 50 Milliarden Dollar geschätzt. Den Rest müsste KKR aus dem Eigenkapital oder ein Konsortium aus Finanzinvestoren liefern.

Das bislang größte Projekt von Finanz­investoren war 2007 der 45 Milliarden Dollar teure Kauf des texanischen Versorgers TXU, den KKR zusammen mit der Texas Pacific Group (TPC) auf dem Höhepunkt des damaligen Booms der Private-Equity-Branche organisierte. Sieben Jahre später war die in Energy Future Holdings umbenannte Firma mit 40 Milliarden Dollar Schulden pleite. Die Deal-Maker von KKR und TPC hatten die Entwicklung der Gaspreise falsch eingeschätzt und das Unternehmen mit Schulden überladen.

Branchenurgestein Stephen Schwarzman, Chef und Gründer des weltweit größten Private-Equity-Konzerns Blackstone Group, warnte jüngst, dass das Walgreen-Boots-Projekt "wie alle Deals über 50 Milliarden Dollar" wegen des immens hohen Einsatzes von Eigen­kapital sowie Krediten eine Gratwan­derung sei. Allerdings könne "ein von vielen verschmähtes Wagnis auch ein sehr gutes Investment werden", so der Blackstone-Chef.

Einsätze vielfach hebeln


Erfolge feiern die Finanzkonzerne dann, wenn sie den Markt und die Finanzkraft der Firma, die sie übernehmen, richtig einschätzen. Dann können sie ihren Kapitaleinsatz vervielfachen, indem sie die niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten nutzen. Mit üppigem Fremdkapitaleinsatz wird das eigene Kapital in aller Regel um ein Vielfaches gehebelt. Die hohe Schuldenlast wird meist nach dem Kauf in die Bilanz des Unternehmens gegossen und aus den Mittelzuflüssen der Firma langfristig beglichen. Unterdessen wird das Unternehmen zügig auf höhere Renditen getrimmt. Das Geschäft wird ausgebaut und in einigen Fällen genehmigen sich die Eigentümer auch höhere Dividenden. Geht der Plan auf, so erhöht der Wertzuwachs beim späteren Verkauf, dem "Exit", die Rendite der Private- Equity-Eigentümer noch einmal.

So verdiente KKR von 1976 bis 1986 mit Firmen aus seinen ersten Beteiligungsfonds das Vier- bis 17-Fache seiner Investments. Diese Zeiten sind in der Branche inzwischen vorbei. Seit 2002 liegt die maximale Rendite in den Portfolios des New Yorker Finanzinvestors laut Experten bei dem 2,4-Fachen des eingesetzten Kapitals. Aber auch das sind hohe Erträge.

Die Wall Street honoriert das. Primus Blackstone ist an der Börse doppelt so viel wert wie etwa die Deutsche Bank. KKR, der gemessen am Börsenwert weltweit zweitgrößte Private-­Equity-Vermögensverwalter, hat derzeit rund um den Globus mehr als 114 Firmen mit über 753.000 Beschäftigten in seinem Portfolio.

Konkurrenz für Investmentbanken


Mit ihren Ressourcen in Führung und Finanzierung von Firmen sind die Konzerne inzwischen zentrale Akteure in der Finanzwelt, auch weil sie seit der Bewältigung der globalen Finanzkrise ­einen großen Vorteil gegenüber den streng regulierten Banken besitzen: Finanzinvestoren müssen geringere Auflagen erfüllen und werden von den Aufsichtsbehörden großzügiger reguliert.

Beim Geldverdienen bringt das ­wesentlich mehr Spielraum. Darüber hinaus haben Blackstone und KKR inzwischen eigene Kapitalmarktsparten. Damit können sie für ihre Investments einen erheblichen Teil des Fremd- und Eigenkapitals selbst organisieren. Sie begleiten zudem Unternehmen ihres Portfolios auch beim Börsengang.

Gebühren, die früher an Investmentbanken gingen, werden so in Millionenhöhe eingespart. Zudem haben die ­Vermögensverwalter eine neue Einnahmequelle. KKRs Kapitalmarktsparte ­erwirtschaftet bereits knapp ein Viertel der Gebühren im Konzern.

Dass die Branche, im Gegensatz zu den Banken, von niedrigen Zinsen profitiert, ist Anlegern nicht entgangen. Die Titel sind begehrt. Auch deshalb absolvierte der schwedische Finanzinvestor EQT im September ein erfolgreiches Börsendebüt.

Mit 40 Milliarden Euro Vermögen sind die Skandinavier deutlich kleiner als die US-Konkurrenz. Die Schweden haben sich aber auf lukrative Felder wie Infrastrukturprojekte spezialisiert. Nur ein Prozent des Vermögens steckt in börsennotierten Firmen. Trotz seiner ­geringen Größe im Vergleich zu den US-Konkurrenten ist EQT, zu deren Aktionären auch Schwedens bekannte Unternehmerdynastie Wallenberg gehört, sehr erfolgreich. Ein Grund: das Netzwerk für Erstkontakte zu kleinen und mittelgroßen Übernahmekandidaten

Milliardenschwere Zuflüsse


Die hohen Investmentrenditen bescheren der Branche milliardenschwere Zuflüsse. Die Großen der Branche sind inzwischen breit aufgestellte Vermögensverwalter, zu ihren Kunden zählen große institutionelle Investoren wie Staatsfonds, Versicherungen, Pensionskassen oder Familienstiftungen. Die Mittel der Klienten werden dabei nicht nur in Firmenbeteiligungsfonds, sondern auch in Fonds für Immobilien und Infrastrukturprojekte angelegt.

Weltweit verwaltet die Branche über 5,6 Billionen Dollar an Vermögen. 2023 werden es nach Schätzungen des britischen Marktforschers Preqin 8,5 Billionen Dollar sein. Für 2023 schätzen die Experten allein die Mittel in Beteiligungen auf knapp fünf Billionen Dollar.

Blackstone verfügt dabei über das am stärksten diversifizierte Portfolio. Die New Yorker gelten auch als die weltweite Nummer 1 der Kapitalsammler. Nach jährlichen Zuwächsen von im Schnitt 26 Prozent in den vergangenen fünf Jahren betreut das Team um Schwarzman nach eigenen Angaben aktuell 554 Milliarden Dollar Gesamtvermögen. Der Meister gilt auch als einer der am besten vernetzten in der Branche - ein großer Vorteil vor allem bei kleinen und mittelgroßen Deals abseits der Börsenöffentlichkeit: Denn hier sind die Renditen am höchsten.

Investor-Info

Blackstone Group
Branchenprimus


Starke Diversifizierung, hohe Zuflüsse von Kunden und eine attraktive Dividendenrendite machen Blackstone zum Favoriten der Redaktion. Rund 46 Prozent von 2,8 Milliarden Dollar Gebühren im dritten Quartal lieferten Portfolios mit Immobilien-Deals zu, weitere drei Prozent Firmenbeteiligungen, den Rest Hedgefonds- und Kredit-Portfolios. Für 2019 und 2020 erwarten Analysten 140 und 130 Milliarden Dollar an Vermögenszuflüssen.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 55,00 Euro
Stoppkurs: 38,00 Euro

KKR & Co
Konkurrent der Banken


In Deutschland ist KKR Großaktionär des Axel Springer Verlags. Die Kapitalmarktsparte des Finanzinvestors ist in der Branche einzigartig, gemessen am hohen Anteil von 24 Prozent an den Gesamtgebühreneinnahmen. Analysten schätzen den Gewinnzuwachs aus Verwaltungsgebühren in drei Jahren auf 50 Prozent. Kaufen.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 32,00 Euro
Stoppkurs: 21,00 Euro

EQT AB
Börsenneuling


Wegen des hohen Anlagedrucks bei institutionellen Investoren sammelte der schwedische Finanzinvestor EQT jüngst ohne Mühe elf Milliarden Euro für seinen neuen Beteiligungsfonds ein. 53 Prozent von 40 Milliarden Euro Vermögen sind in Firmenbeteiligungen angelegt, weitere 34 Prozent in Infrastrukturmärkten, hierzulande etwa in Glasfaser. Teure, langfristig aber aussichtsreiche Aktie. Kursschwächen zum Einstieg nutzen.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 12,00 Euro
Stoppkurs: 8,00 Euro