Die kräftige Korrektur bei Umweltaktien war angesichts der teilweise sehr hohen Bewertungen überfällig. Indes hat die Politik die Grundlage für den nächsten Aufschwung gelegt. Rund 2,3 Billionen US-Dollar macht in den USA die Regierung von US-Präsident Joe Biden locker, um in die Infrastruktur, vor allem in Verkehr, Klimaschutz und digitale Kommunikationsnetze, zu investieren. In Europa werden die Wiederaufbauprogramme der Europäischen Union (EU) für einen Konjunkturschub sorgen.

"Die Investitionen der Regierung in den USA werden im Verbund mit den Vorgaben des Pariser Klimaabkommens die kosteneffiziente und nachhaltige Energiewende weltweit beschleunigen", sagt Stefanie Rath, Portfoliomanagerin bei Robeco. Beim globalen Durchbruch neuer Umwelttechnologien wird die Energieeffizienz in diesem Jahrzehnt eine zentrale Rolle spielen. Auf 1,5 Billionen Euro beziffert eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger das globale Umsatzpotenzial bis 2025.

Gerade in den USA habe sich der Investitionsstau in den letzten Jahren vergrößert, zumal vom Wahlkampfversprechen Donald Trumps aus dem Jahr 2016, Hunderte von Milliarden US-Dollar in die marode Infrastruktur zu stecken, wenig umgesetzt worden sei, sagt Walter Liebe, Anlagestratege bei Pictet Asset Management: "Die jüngsten Blackouts in Texas aufgrund eines plötzlichen Kälteeinbruchs haben die Unzulänglichkeiten des fragmentierten Stromnetzes in den USA offengelegt. Jetzt entdeckt die Politik nicht nur den Nachholbedarf bei der Infrastruktur, sondern nimmt zunehmend auch die Energiewende in den Blick."

Zu den größten Nutznießern dieses Trends zählen Technologien, die dazu beitragen, den Energieverbrauch zu senken. So entwickeln etwa Firmen Verfahren für eine flexible Energiespeicherung etwa bei erneuerbaren Energien. Dazu zählen Wechselrichter für das Umwandeln von Gleichstrom in Wechselstrom. Auch Softwarespezialisten und Hersteller von Sensoren und Halbleitern arbeiten am Energieeffizienzthema. Um die Netzschwankungen auszugleichen, kommen Kabelproduzenten und Spezialisten für digital steuerbare Energienetze (sogenannte Smart Grids) ins Spiel.

Bei den Batteriespeichern erwartet Alexander Funk, Fondsmanager von Ökoworld, dass die Preise weiter signifikant sinken werden: "Die Hersteller haben inzwischen ganz andere Skalierungsmöglichkeiten, was größere Kostensenkungen ermöglicht. Davon profitieren jetzt verstärkt Privathaushalte und Kleingewerbetreibende." Ein weiteres großes Feld ist der energieeffiziente Häuserbau, sei es bei energetischen Materialien für die Gebäudeisolierung oder bei energiesparenden Strom- und Heizungssystemen einschließlich der dafür benötigten digitalen Vernetzung.

Setzen können Anleger sowohl auf Nischenanbieter zum Thema Energieeffizienz wie auch auf große Industriekonzerne, die einzelne Geschäftsfelder in dieser Marktnische ausbauen. Die meist deutlich höhere Bewertung der Nebenwerte muss kein Hindernis für einen Einstieg sein. Entscheidend ist, dass die Unternehmen von ihrem Geschäftsmodell her so aufgestellt sind, dass sie dank ihrer führenden Position in ihren Märkten in diese ambitionierte Bewertung hineinwachsen.

Um Umsatz und Profitabilität dauerhaft steigern zu können, geben für den Ökoworld-Experten Funk zwei Erfolgsfaktoren den Ausschlag. Eine zentrale Rolle spiele die Preissetzungsmacht bei den eigenen, über viele Patente abgesicherten Technologien. Nur so lassen sich hohe Markteintrittsbarrieren gegenüber potenziellen Wettbewerbern aufbauen. Eine gesunde Kapitalstruktur, also große Liquiditätsreserven und eine hohe Eigenkapitalquote, verringert darüber hinaus die Abhängigkeit von externen Geldgebern bei Investitionen und Zukäufen.

Fünf Vorreiter mit Renditekick

Siemens Energy ist nach der Abspaltung vom Mutterkonzern Siemens dabei, sich verstärkt in den Bereichen Stromnetze und erneuerbare Energien zu positionieren. Klimaschützer und auf grüne Technologien ausgerichtete Investoren kritisieren, dass Öl- und Gasanlagen, aber auch Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen noch zum Geschäft gehören. Unterdessen arbeitet der Konzern an neuen Projekten wie einer Offshore-Windturbine, die mit dem erzeugten Strom vor Ort Wasserstoff produziert. Siemens Energy wird im laufenden Geschäftsjahr (30. September) schwarze Zahlen schreiben und nach Einschätzung von Branchenexperten den Gewinn in den nächsten zwei Jahren mehr als verdreifachen.

Angemessen bewertet ist die Aktie von ABB, die allein in den letzten sechs Monaten um rund 35 Prozent zugelegt hat. Der Schweizer Industriekonzern hat nach einem starken ersten Quartal seine Jahresprognose für 2021 erhöht. In der Energieeffizenz ist ABB vor allem mit Solarwechselrichtern, Sensoren und Systemen für die Vernetzung von Gebäudeinfrastruktur unterwegs. Aktuell ist der Titel ein Kandidat für die Watchlist. Er ist außerbörslich oder in der Schweiz handelbar.

Dagegen bietet Enphase Energy nach der kräftigen Korrektur bei Umweltaktien wieder attraktive Einstiegskurse. Das US-Unternehmen zählt zu den weltweit führenden Herstellern für Mikroinverter. Weil die Modultechnik der Enphase-Wechselrichter dezentral gesteuert wird, eignet sie sich vor allem für die Energiespeicherung bei Solaranlagen auf Wohnhäusern - ein Endmarkt, der seine beste Zeit noch vor sich hat.

Der italienische Kabelhersteller Prysmian wiederum profitiert von der zunehmenden Zahl von Smart-Grid-Projekten, bei denen der Strom aus Solar- und Windkraftanlagen mit den Energienetzen verbunden wird. Das für 2021 bis 2023 erwartete Gewinnwachstum von im Schnitt mehr als 20 Prozent ist auf dem aktuellen Kursniveau noch nicht eingepreist.

Gut gelaufen ist die Aktie von Steico. Für Langfristanleger bieten sich Kursrücksetzer weiter zum Einstieg an, denn das Unternehmen aus Feldkirchen bei München hat mit seinen ökologischen Holzfaser-Dämmstoffen und Holzstegträgern für den Hausbau eine lukrative Marktnische besetzt. Um die steigende Nachfrage zu decken, wird Steico in diesem Jahr die Produktionskapazitäten an den Standorten in Frankreich und Polen erweitern.