Sie verwies am Donnerstag in Berlin allerdings darauf, dass eine solche Regelung auf alle Länder übertragen werden müsste, mit denen die Europäische Union Autos handelt. Sie sei durchaus bereit, über Zollsenkungen zu reden. Obwohl noch viele Fragen offen blieben, stieß der US-Vorschlag auf Wohlwollen in der deutschen Wirtschaft. Auch Investoren an den Börsen atmeten auf.

Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, hatte den Chefs von BMW, Daimler und Volkswagen eine Lösung in dem Konflikt unterbreitet. Der Botschaftssprecher sagte, Grenell habe aber kein formales Angebot an die Konzerne übermittelt. Ein Botschafter führe schließlich keine Verhandlungen. Es sei vielmehr ein laufender Dialog mit Vertretern der Autoindustrie. Einem Insider zufolge hatte der erst kürzlich von US-Präsident Donald Trump auf den Botschafterposten gehievte Diplomat einen Komplettverzicht auf Autozölle ins Gespräch gebracht.

Dabei hat der US-Staatschef erst jüngst damit gedroht, europäische Autos mit 20 Prozent Einfuhrzoll zu belegen, sollte die EU ihre Handelsbarrieren nicht abbauen. Im Mai hatte die US-Regierung eine Untersuchung auf den Weg gebracht, ob die Autoimporte eine Bedrohung der nationalen Sicherheit darstellten. In dem Fall könnte sie Strafmaßnahmen verhängen. Trump hat mehrfach ausdrücklich deutsche Autobauer kritisiert und Stahl- sowie Aluminium-Importe bereits mit zusätzlichen Abgaben belegt.

Merkel dringt auf eine umfassende Industrielösung. Man könne nach den Regeln der Welthandelsorganisation nur bilaterale Zollsenkungen vereinbaren, wenn diese 90 Prozent aller Warengruppen beträfen. Sei dies nicht der Fall, müsse eine bilaterale Vereinbarung dann auf alle anderen Staaten übertragen werden. "Das könnte durchaus eine Option sein." Merkel verwies darauf, dass EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker diesen Monat in Washington verhandeln werde.

Auch die deutsche Wirtschaft sah den US-Vorstoß positiv. Der Hauptgeschäftführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, hält es für wichtig, dass Bewegung in die verfahrene Situation kommt: "Und es ist besser, über weniger Zölle zu sprechen anstatt die Lage über neue Strafzölle weiter zu eskalieren." Auch der deutsche Autoverband VDA begrüßte Bemühungen, Zölle abzubauen. Die Verhandlungen fänden aber allein auf politischer Ebene statt.

Auch der CDU-Wirtschaftsrat stellte sich hinter Forderungen, die Zölle für Autos im transatlantischen Handel auf null zu setzen. "Der vollständige Verzicht auf Zölle beim Im- und Export von Autos zwischen den USA und Europa würde ein wichtiges Signal für offene Märkte und freien Handel setzen", sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger.

BMW & CO SOLLEN MEHR IN USA INVESTIEREN



Bei dem Gespräch in der US-Botschaft in Berlin hatte Grenell den Auto-Bossen laut "Handelsblatt" angeboten, auch sogenannte nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie etwa Detailvorgaben für die Größe von Rückspiegeln zu beseitigen. Im Gegenzug sollten sich die deutschen Autobauer zu weiteren Investitionen in den USA verpflichten und den Export aus den USA weiter fördern. An dem Gespräch in der US-Botschaft nahm auch der Vorstandschef des Zulieferers Continental, Elmar Degenhart, teil, wie ein Konzernsprecher bestätigte. BMW bestätigte die Unterredung, wollte sich aber nicht zu Details äußern.

Die Hoffnung auf eine Entspannung im Zollstreit verlieh dem Dax Schwung. Die Anleger setzten darauf, dass die europäischen Autobauer doch noch um höhere US-Zölle herumkommen. Der deutsche Leitindex gewann 1,5 Prozent auf 12.502 Punkte. Die Papiere von BMW, VW und Daimler legten bis zu fünf Prozent zu.

Die Entspannungssignale aus Washington fallen in eine Phase, in der die USA zugleich kurz vor einer neuen Eskalationsstufe im Handelskonflikt mit China stehen. Die Führung in Peking hat die USA davor gewarnt, die Weltwirtschaft zu gefährden. China werde sich durch Drohungen und Erpressungen jedoch nicht davon abbringen lassen, freien Handel und das multilaterale System zu verteidigen. Sollten die USA wie angekündigt ab Freitag Zölle auf Güter aus dem Reich der Mitte im Wert von 34 Milliarden Dollar erheben, werde China umgehend mit Abgaben auf US-Güter reagieren. "China wird bei der Verhängung von Gegenzöllen aber sehr vorsichtig sein. China hat viel zu verlieren", so S&P-Analyst Christopher Lee in Hongkong. Er verwies auf die Handelsströme - China exportiert mehr in die USA als die USA nach China.

rtr