Auch die Notenbank Fed spielt diese Option bereits öffentlich durch: Der Chef der Fed von Atlanta, Raphael Bostic, will einen solchen Schritt nicht ausschließen, falls Trump praktisch den gesamten Handel mit der Volksrepublik mit Zöllen belegen sollte. "Das wäre der Startschuss für einen regelrechten Handelskrieg", warnt der stellvertretende Chefvolkswirt der Allianz, Ludovic Subran. Er prognostiziert, dass dann der Welthandel sogar schrumpfen würde.

"Sollten alle von Trump angedrohten Zölle gegen China erhoben werden, würden die Zollmauern auf eine Höhe steigen, die zuletzt vor einem halben Jahrhundert zu beobachten war", sagt Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. An den Märkten wird nun angesichts dieser Aussichten verstärkt darüber spekuliert, dass die Fed Ende des Jahres den Leitzins kappen könnte. Sie hatte ihn im Dezember auf die neue Spanne von 2,25 bis 2,5 Prozent erhöht und danach wegen der unsicheren Konjunkturaussichten eine Pause eingelegt. Laut US-Notenbankchef Jerome Powell gibt es derzeit zwar keinen Grund, am Leitzinsniveau zu rütteln. Doch dies könnte sich aus Sicht von Experten ändern, wenn der Handelskonflikt eskaliert: "Die Zölle verkomplizieren alles dramatisch", meint Analyst Michael Hanson vom Finanzhaus TD Securities.

Sollte sich tatsächlich ein schrumpfender Welthandel abzeichnen, werde die Fed wohl um eine Zinssenkung nicht herumkommen, so der Experte. Aber auch Krisensymptome in den USA könnten die Notenbank seiner Ansicht nach zu einem solchen Schritt bewegen: Dazu gehörten eine Eintrübung auf dem seit langem boomenden Arbeitsmarkt oder Konsumzurückhaltung der Verbraucher - die das Wachstum in den USA mit ihrer Kauffreude seit Jahren befeuern. Dabei wird einer der entscheidenden Faktoren sein, wie stark höhere Zölle auf chinesische Produkte vom Spielzeug bis zum Smartphone auf die Preise durchschlagen. "Höhere Importzölle werden die Produkte in den USA - sowohl für die dortigen Unternehmen als auch Konsumenten - verteuern und die Inflation höher treiben", sagt Analyst Bernd Krampen von der NordLB voraus.

Trump behauptet, die USA nähmen Zölle von China in zweistelliger Milliardenhöhe ein. Doch die Zölle werden nicht von der chinesischen Regierung oder Firmen mit Sitz in China gezahlt, sondern von Importeuren chinesischer Güter. Das sind in der Regel US-Firmen oder in den USA registrierte Töchter ausländischer Unternehmen. Diese wiederum reichen die Kosten häufig an ihre Kunden weiter, die überwiegend Hersteller und Verbraucher in den USA sind.

"BETRÄCHTLICHE" EFFEKTE

Nach Berechnungen der regionalen Fed in San Francisco würde ein genereller US-Zoll von 25 Prozent auf chinesische Produkte die Verbraucherpreise um 0,3 Prozentpunkte und die Investitionskosten der Unternehmen sogar um einen vollen Prozentpunkt in die Höhe treiben: Die Notenbank hält diese Inflationseffekte für "beträchtlich", allerdings auch für nur vorübergehend.

Manche Experten erwarten daher, dass selbst ein größerer Anstieg der Inflation die Währungshüter nicht aus der Reserve locken dürften, zumal der Preisauftrieb für einen Aufschwung bislang eher gemäßigt ausgefallen ist. Anders sei es, falls die Verbraucher tatsächlich in einen Käuferstreik treten und sich damit die Wachstumsaussichten eintrüben sollten. Auf den privaten Verbrauch entfallen schließlich rund zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes der weltgrößten Volkswirtschaft.

Für Ökonom Bart Hobijn von der Arizona State University, der an der Studie der Fed von San Francisco mitgewirkt hat, ist es nicht ausgemacht, dass die Zölle den Amerikanern die Kauflaune verderben werden. Denn Verbraucher könnten von teureren Produkten die Finger lassen und stattdessen zu billigeren greifen. "Wie stark dieser Austausch ins Gewicht fällt, ist schwer vorherzusagen. Doch er wird zumindest zum Teil die inflationären Effekte der Zölle wettmachen", meint Hobijn. Ob sich die Fed also tatsächlich zu Zinssenkungen durchringen wird, bleibt letztlich also abhängig von der Entwicklung der Konjunktur.

rtr