Die Chefs der mächtigsten Staaten stehen immer im Rampenlicht. Doch zurzeit werden sie besonders kritisch beäugt - von Unternehmen, den Finanzmärkten, den Verbrauchern. Seit Monaten streiten sich die USA und China um den gegenseitigen Handel und belegen sich mit Zöllen. Stets im Vordergrund: US-Präsident Donald Trump, der mit markigen Sprüchen und drastischen Plänen von sich reden macht.

Sein Gegenüber in Asien, Chinas Präsident Xi Jinping, tritt zwar leiser auf, hat aber umso mehr zu tun: Die chinesische Wirtschaft wächst so langsam wie seit fast 30 Jahren nicht mehr, und besondere Maßnahmen sind erforderlich, um sie wieder in den gewünschten Takt zu bringen. In Europa spielt die britische Premierministerin Theresa May eine undankbare Rolle. Sie bemüht sich um einen Vertrag, der den Austritt Großbritanniens aus der EU regeln soll. Doch das Parlament verweigert ihr die Zustimmung.

Der Dreiklang aus Handelsdisput, chinesischen Wachstumssorgen und Brexit-Chaos zehrt an den Nerven von Konzernlenkern, Anlegern und Konsumenten. Die Stimmung in der globalen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert. Nach den neuesten Zahlen des Ifo-Instituts ist das Klima in der Weltwirtschaft so schlecht wie seit dem vierten Quartal 2011 nicht mehr. Der entsprechende Indikator fiel bei der jüngsten Expertenbefragung das vierte Mal in Folge auf nunmehr minus 13,1 Punkte (siehe Investor-Info).

Das Ifo-Weltwirtschaftsklima setzt sich zusammen aus einer Beurteilung der aktuellen Lage und den Konjunkturerwartungen. Auffällig ist die große Diskrepanz zwischen beiden Faktoren. Die Kennzahl zur aktuellen Lage ist zwar ebenfalls zurückgegangen, doch die befragten Experten sehen die Situation noch immer als positiv an. Düster ist dagegen der Blick in die Zukunft: Mit minus 27,7 Punkten sind die Konjunkturerwartungen auf dem niedrigsten Stand seit fast zehn Jahren.

Längst macht angesichts der miesen Stimmung das ungeliebte R-Wort die Runde. In Europa steckt Italien bereits in einer Rezession, Deutschland ist nur knapp daran vorbeigeschrammt. Im dritten Quartal 2018 war die deutsche Wirtschaft um 0,2 Prozent geschrumpft, im vierten Quartal stagnierte sie, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag bekannt gab. Sinkt die Wirtschaftskraft zwei Quartale in Folge, spricht man von einer technischen Rezession, selbst wenn es übers Gesamtjahr gesehen ein Wachstum gab.

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Indizes klettern trotzdem

Die Aktienmärkte stimmen zurzeit aber nicht in das Wehklagen ein. Nach dem verheerenden vierten Quartal, als weltweit die Kurse einbrachen, klettern die Indizes im laufenden Jahr kontinuierlich nach oben. Der DAX konnte seit Anfang Januar bereits um sechs Prozent zulegen, der US-amerikanische Leitindex S & P 500 gar um elf Prozent (siehe Investor-Info).

Für die Erholung gibt es mehrere Gründe. Einer davon: die Rückkehr langfristig orientierter Anleger. "Der dramatische Ausverkauf Ende 2018, bei dem zu viel Pessimismus - verschärft durch Spekulationen über eine US-Rezession - eingepreist war, hat die Bewertungen auf ein attraktives Niveau gesenkt", sagt Mickey Levy, Ökonom der Berenberg Bank. Das lockt Investoren an, die viele Aktien nun günstiger einkaufen können.

Hinzu kommen Chinas Pläne, der Wirtschaft mit neuen Maßnahmen unter die Arme greifen zu wollen. Angekündigt sind Investitionen in die Infrastruktur, Steuersenkungen für Haushalte und Konzerne sowie Erleichterungen bei der Vergabe von Krediten an Privatunternehmen. Dritter Grund für die Rally: die wachsende Hoffnung der Anleger auf eine Einigung im Zollstreit zwischen den USA und China. Genährt wird sie dieser Tage von einem Treffen in Peking. US-Finanzminister Steven Mnuchin und der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer sprachen am Donnerstag und Freitag mit Chinas Vize-Premierminister Liu He, dem führenden Wirtschaftsberater von Präsident Xi.

Noch während des Treffens ließ Trump durchblicken, dass er den "Waffenstillstand" im Handelsstreit verlängern wolle. Die USA und China hatten vereinbart, bis zum 1. März keine weiteren Zölle einzuführen. Vierter bedeutender Faktor für die Erholung der Aktienmärkte ist die Ankündigung der US-Notenbank, mit künftigen Zinserhöhungen zurückhaltender sein zu wollen. "Im Januar hat die Fed eine ausdrücklich taubenhafte Nachricht gesendet, indem sie signalisiert hat, geduldig zu agieren", sagt Ökonom Levy. Die Hoffnung auf weniger Zinsschritte als gedacht beruhigte die Anleger weltweit.

Wenn nun noch das Gespenst des ungeregelten Brexit vom Tisch wäre. Am Donnerstag stimmte das britische Parlament erneut über das weitere Vorgehen ab - Lösungen wurden nicht präsentiert. Der Austrittstermin am 29. März rückt näher, ein Verlassen der EU ohne Regeln würde Chaos im Handel und an den Finanzmärkten auslösen. Bis es so weit kommt, lebt die Hoffnung.

Strategen sehen Besserung

Möglicherweise nehmen die Aktienmärkte zurzeit - wie so oft - auch nur vorweg, was viele Ökonomen erwarten: dass sich das wirtschaftliche Wachstum zwar zunächst abschwächt, im Lauf des Jahres aber stabilisiert. "Obwohl die veröffentlichten Wirtschaftsstatistiken eine Verlangsamung der globalen Konjunktur bestätigen, scheint eine Rezession in den meisten Ländern dennoch nicht unmittelbar bevorzustehen", meint Guy Wagner, Chefstratege von BLI Banque de Luxembourg Investments.

Wenn das stimmt, ist es noch nicht an der Zeit, Aktien den Rücken zu kehren. Die Fondsgesellschaft Robeco verweist auf ein historisches Muster beim US-Index S & P 500. "Die Aktienmärkte erreichen ihren Höchststand tendenziell erst lange, nachdem anerkannte Indikatoren eine Rezession angekündigt haben", sagt Jeroen Blokland, Senior-Portfoliomanager bei Robeco Investment Solutions. Wer zu früh aussteige, versäume weitere Kursgewinne.

An der Börse Vollgas zu geben, raten aber nur wenige. "Es gilt, die Risiken genau im Blick zu behalten, aber nicht in Panik zu verfallen", sagt Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg. Empfehlenswert ist daher, Kursrücksetzer, die es 2019 wohl häufiger geben wird, zum Nachkaufen zu nutzen. Bevorzugen sollten Anleger Unternehmen wie Roche und Allianz, die wenig konjunktursensibel sind.

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Investor-Info

Weltwirtschaftsklima
Anhaltende Schwäche

Das Klima der Weltwirtschaft verschlechtert sich seit zwölf Monaten, der Indikator des Ifo-Instituts steht so tief wie seit gut sieben Jahren nicht mehr. Niedrig sind aber nur die Konjunkturerwartungen. Die aktuelle Lage wird im historischen Vergleich noch gut beurteilt.

Aktien versus Wirtschaft
Gegenläufige Entwicklung

Die aktuell veröffentlichten Wirtschaftsdaten unterbieten die vorherigen Schätzungen immer stärker (das heißt, der Index für ökonomische Überraschungen fällt). Die Aktienmärkte schert das im laufenden Jahr nicht: Sie haben sich von den schwachen Konjunkturdaten abgekoppelt und erholen sich rasch.

Comgest Monde
Verlässliches Wachstum

Die jüngsten Konjunktursorgen sollten Anleger nicht völlig aus Aktien vertreiben. Eine defensivere Ausrichtung ist aber sinnvoll. Die gelingt mit dem Comgest Monde, der weltweit investiert. Nur qualitativ hochwertige Unternehmen, bei denen ein kontinuierliches Wachstum erkennbar ist, kommen ins Portfolio. Aktuell sind das viele Titel aus den Sektoren nicht zyklischer Konsum und Gesundheit, die nur wenig konjunkturabhängig sind.