"Die deutsche Wirtschaft blickt wieder Richtung Aufschwung", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. Es gebe verstärkt die Hoffnung, dass Geschäfte bald öffnen könnten. "Die deutsche Wirtschaft zeigt sich trotz Lockdown robust, vor allem wegen der starken Industriekonjunktur", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Allerdings sorgt der Lockdown, der viele Gastronomen und Einzelhändler in Existenznot treibt, zunächst einmal für einen Konjunkturdämpfer Anfang 2021. Wie viele Ökonomen rechnet die Bundesbank damit, dass die Wirtschaft im laufenden ersten Quartal wegen der Corona-Krise noch schrumpft. "Es steht aber nicht zu befürchten, dass die Wirtschaftsaktivität auf den Tiefstand während des Lockdowns im Frühjahr 2020 abrutscht", schreibt die Notenbank in ihrem Monatsbericht. Sinkende Infektionszahlen, mehr Impfungen und mehr Lockerungen für Firmen und Verbraucher sollten die Wirtschaft ab Frühjahr spürbar anschieben. Viel hänge aber davon ab, wie die Pandemie verlaufe, warnte die Bundesbank. "Insbesondere Mutationen des Virus bergen die Gefahr von weiteren Rückschlägen."

INDUSTRIE FÄHRT PRODUKTION HOCH - TOURISMUS MIT OPTIMISMUS


Der Ifo-Index, der als wichtigster Seismograph für die deutsche Konjunktur gilt, war im Januar wegen der zweiten Corona-Welle noch gefallen. Nun beurteilten die Manager ihre Lage und ihre künftigen Geschäfte günstiger als zuletzt. "Die Unternehmen schnuppern Frühlingsluft und beginnen, durch die Pandemie hindurchzuschauen", sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Zugpferd der Belebung ist die Industrie, wo sich das Geschäftsklima kräftig aufhellte. "Ein höherer Wert war zuletzt im November 2018 zu beobachten", erklärte das Ifo-Institut. "Die Exporterwartungen der Industrie sind deutlich gestiegen, die Auftragsbücher sind gut gefüllt", betonte Wohlrabe. Die Betriebe hätten ihre Produktionspläne deutlich nach oben geschraubt. "Allen relevanten Branchen der Industrie geht es besser."

Die exportorientierte Industrie profitierte zuletzt auch von der Erholung der chinesischen Wirtschaft. Denn China war auch im Corona-Jahr 2020 der wichtigste Handelspartner Deutschlands - und zwar zum fünften Mal in Folge. Beide Staaten tauschten dem Statistischen Bundesamt zufolge Waren im Wert von 212,1 Milliarden Euro aus. Auf den Rängen zwei und drei folgten die Niederlande und die USA.

In Deutschland hellte sich das Geschäftsklima auch im Handel, am Bau und bei den Dienstleistern auf. In der Service-Branche sei das Gefälle aber groß, sagte Ifo-Experte Wohlrabe. "Hotels und Gaststätten geht es nach wie vor schlecht." Bei Reisebüros und Reiseveranstaltern mache sich dagegen erstmals seit mehr als einem Jahr leichter Optimismus breit. "Die Erwartungen sind nicht mehr negativ", sagte Wohlrabe. "Die Branche hofft auf die Sommersaison." Der Deutsche Reiseverband (DRV) legte ein Acht-Punkte-Papier für einen Neustart der Branche vor. Der DRV setzt auf Testen statt Quarantänepflicht und fordert Risikobewertungen der Zielländer durch das Auswärtige Amt, die nach Regionen unterscheiden.

Die deutsche Wirtschaft war 2020 wegen der Corona-Pandemie mit fünf Prozent so stark eingebrochen wie seit der Finanzkrise nicht mehr und schrumpfte zugleich erstmals seit elf Jahren. Ökonomen trauen der Konjunktur dieses Jahr wieder eine spürbare Besserung zu, die aber stark von der Pandemie und dem Erfolg der Impfungen abhängt. Ab Ende März könnte die Politik den Lockdown lockern und Geschäfte sowie schrittweise Restaurants und andere Dienstleister könnten womöglich wieder öffnen, sagte Commerzbanker Krämer. "All das deckt sich mit unserer Erwartung, dass sich die Wirtschaft ab dem Frühjahr kräftig erholen wird."

rtr