Nein, 2020 war nun wirklich kein normales Jahr. Eine Pandemie griff um sich. Und sorgte für den schnellsten Aktiencrash aller Zeiten. Dem Crash folgte eine ebenso epochale Erholung (siehe auch Chart). Wie stark Corona dem Jahr 2021 seinen Stempel aufdrücken wird, bleibt abzuwarten. Allgemein wird erwartet, dass, je mehr Menschen geimpft sind, die Pandemie ihren Schrecken verlieren wird. Für Kapitalmarktexperten ist deshalb klar, dass 2021 an Aktien kein Weg vorbeiführt. Michael Strobaek, Chefanlagestratege bei der Schweizer Großbank Credit Suisse, meint: "Die seit Beginn der Pandemie ergriffenen Stimulusmaßnahmen werden Finanzanlagen, vor allem Aktien, im kommenden Jahr zusammen mit der Konjunkturerholung stützen."

Für Anleger aber stellt sich die Frage, welche Aktien sie denn kaufen sollen, um 2021 ordentliche Erträge einzufahren. Vielleicht hilft das, was Profianleger Sektorrotation nennen: In der Corona-Krise waren neben Gesundheitsaktien vor allem Titel aus der Technologiebranche gefragt. Die bleiben zwar angesichts einer zunehmenden Digitalisierung der Lebenswelt weiterhin attraktiv. Dennoch aber könnten gerade die unter der Pandemie besonders stark leidenden Bereiche wie Touristik und Veranstaltungen im Jahr 2021 wieder Boden gutmachen. "Die Verlierer der Krise werden aufholen. Die Bewertungsunterschiede zwischen Wachstumstiteln und Value-Aktien sind zu groß geworden, um sie zu ignorieren", sagt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. Ähnliches gelte für Aktien, die besonders stark von der Konjunktur abhingen: "Viele dieser Zykliker sind nicht teuer, da bieten sich Möglichkeiten", so Stephan.

Neben den Verlierern des alten Jahres gibt es aber auch Aktien, die im neuen Jahr dank des Trends, der ihrem Erfolg zugrunde liegt, weiter profitieren dürften. Das gilt für Technologie-Aktien. Aber auch die Papiere von Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien werden 2021 weiter attraktiv bleiben, dafür sorgt die weltweite Diskussion um den Klimaschutz. Joe Biden dürfte diesen Prozess noch anschieben, weil der frisch gewählte US-Präsident anders als sein Vorgänger Donald Trump dem Klima große Bedeutung beimisst. "In den kommenden Jahren wird die Welt reichlich Kapital benötigen, um den Kohlenstoffausstoß zu verringern und die Infrastruktur zu verbessern. Das bietet auch für Value-Investoren Potenzial", heißt es im Jahresausblick des britischen Vermögensverwalters J O Hambro.

Und schließlich wird 2021 auch der Brexit vollzogen werden. Die Unsicherheiten rund um den Abschied der Briten aus der Europäischen Union haben den britischen Aktienmarkt ziemlich belastet. "Die beste Zeit zum Investieren kann dann sein, wenn es sich am unbequemsten anfühlt", sagt Richard Colwell vom Fondsanbieter Columbia Threadneedle Investments. Nach seiner Überzeugung werden sich britische Aktien in den kommenden zwölf Monaten gut entwickeln.

Aktien und Fonds. Aber wie investieren Anleger am besten? Nachfolgend nennt €uro für jeden der fünf vielversprechenden Trends drei Aktien mit guten Perspektiven. Wo es sich anbietet, hat €uro zudem noch eine Fondsempfehlung dazugestellt.

  Erneuerbare Energie  

Mit der Wahl Joe Bidens zum neuen US-Präsidenten wird die Klimadiskussion wieder an Fahrt aufnehmen - Biden will, anders als Vorgänger Donald Trump, das Klima ausdrücklich schützen. Und Biden hat ehrgeizige Ziele: Bis zum Jahr 2035 will er bei der Stromversorgung ohne Kohle, Öl und Gas auskommen. Bis 2050 möchte er die USA komplett klimaneutral machen. Dafür will er rund zwei Billionen Dollar in erneuerbare Energien stecken. Auch die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt bekennt sich zur Umwelt: "Unser Ziel ist es, den Höhepunkt der CO2-Emissionen vor 2030 zu erreichen und CO2-Neutralität vor 2060", sagte Ende September Chinas Präsident Xi Jinping vor der UN-Generalversammlung. Und die Europäische Union nimmt im Rahmen eines Green Deal viel Geld in die Hand, damit Europa der erste klimaneutrale Kontinent wird.

Für die Aktie von Siemens Energy ist das ein zweischneidiges Schwert. Zum einen profitiert der gerade erst von der Mutter abgespaltene Konzern über seine 68-prozentige Beteiligung am deutsch- spanischen Windenergiekonzern Siemens Gamesa vom Ausbau der Windkraft. Zum anderen aber ist die Kraftwerkssparte Gas & Power auch bei fossilen Brennstoffen sehr aktiv. Insgesamt ist der Konzern in der Stromwertschöpfungskette gut aufgestellt und dürfte den Übergang hin zu erneuerbaren Energien vernünftig managen.

Die beiden Versorger Iberdrola aus Spanien und Nextera aus den USA sind stark bei erneuerbaren Energien. Iberdrola setzt vor allem auf Windenergie und positioniert sich zudem im Wachstumsmarkt Wasserstoff. Die Aktie von Nextera liegt in einem langjährigen Aufwärtstrend, Kursschwächen waren dabei regelmäßig eine günstige Kaufgelegenheit. Selbst die Präsidentschaft des klimaskeptischen Donald Trump konnte an dem Aufwärtstrend nichts ändern. Anleger, die weltweit auf den Trend zu erneuerbaren Energien setzen möchten, greifen auf den iShares S & P Global Clean Energy ETF zurück. Das Portfolio ist breit über Versorger, IT- und Industrieunternehmen gestreut, die geografischen Schwerpunkte liegen in den USA und in China.

  Tourismus / Freizeit  

Geschlossene Grenzen, abgesagte Konzerte: Wohl kaum eine Branche wurde von der Corona-Pandemie so hart getroffen wie der Tourismus. Das hat sich auch in solchen Aktien niedergeschlagen, die im Lauf der Monate zum Teil sehr hohe Verluste hinnehmen mussten. Mit der Aussicht auf einen baldigen Impfstoff und damit verbunden einem Wiederaufblühen des Geschäfts haben die Papiere zwar schon einen Teil der Verluste wettmachen können. Dennoch notieren Aktien wie etwa die des Touristikgiganten TUI weit unter den einstigen Höchstständen.

Dabei könnte das Jahr 2021 wegen möglicher Nachholeffekte ziemlich vielversprechend werden. Gerade das, auf was die Menschen verzichten mussten, dürften sie besonders nachfragen, wenn die Pandemie besiegt ist. Für Europas größten Touristikkonzern TUI sind das gute Aussichten. Das Unternehmen mit Doppelsitz in Berlin und in Hannover bietet so ziemlich alles an, was mit Reisen zu tun hat: von Pauschalreisen über Hotels und Ressorts sowie Kreuzfahrten bis hin zu Flugreisen.

Aber auch die Aktie des spanischen Software-Unternehmens Amadeus IT bietet interessante Perspektiven. Bei Buchungen von Flugreisen ist das Unternehmen mit Sitz in Madrid der weltweite Primus, expandiert aber zunehmend mit seiner Buchungssoftware auch in andere touristische Bereiche. Die Spanier können dabei auf Skaleneffekte setzen: Ist die IT-Infrastruktur erst einmal ausgerollt, nimmt der Gewinn überproportional zu, weil die Kosten pro Euro Umsatz sinken.

Ebenso bieten sich in der Freizeitbranche derzeit günstige Aktien an. Die Papiere könnten sogar mittelfristig durch Corona an Attraktivität gewonnen haben: Die Pandemie hat den Bereich Live-Streaming ordentlich befeuert. Da wäre es möglich, dass künftig bei Live-Events nicht nur Karten für den Besuch vor Ort verkauft werden, sondern auch für ein Dabeisein via Live-Stream.

Das Berliner Unternehmen DEAG organisiert Konzerte und Veranstaltungen und vertreibt zudem über das Portal myticket?.de Eintrittskarten. Das Unternehmen ist trotz der Widrigkeiten gut durch das dritte Quartal gekommen und hat ein positives operatives Ergebnis (Ebitda) von 0,6 Millionen Euro erzielt. "Grundlage für das solide Ergebnis waren neue Veranstaltungsformate, signifikante Kostenreduktionen sowie der Versicherungsschutz", so das Unternehmen. Auch die Analysten sind positiv eingestellt: Alle sechs beim Wirtschaftsdienst Bloomberg für die DEAG-Aktie gelisteten Analysten empfehlen, sie zu kaufen. Allerdings ist das Unternehmen hoch verschuldet, ein Investment entsprechend sehr spekulativ.

  Chemie  

Zyklische Branchen wie etwa die Chemie heißen so, weil sie von den Konjunkturzyklen abhängen: Läuft die Wirtschaft, geht es den zyklischen Unternehmen auch gut - und umgekehrt. Die Pandemie hat der Wirtschaft weltweit das Fürchten gelehrt. Kein Wunder also, dass die Aktien von Chemie-Unternehmen querbeet deutlich verloren haben.

Für Anleger stellt sich nun aber die Frage, ob dies nicht eine guter Zeitpunkt sein könnte, um vom nächsten Aufschwung zu profitieren. Die meisten Experten gehen davon aus, dass 2021 die globale Wirtschaft kräftig wachsen wird. So prognostiziert etwa der Internationale Währungsfonds (IWF) ein Plus von 5,2 Prozent, in den Folgejahren dann im Schnitt eines von 3,5 Prozent.

Für das weltgrößte Chemieunternehmen BASF sind das keine schlechten Perspektiven. Die Ludwigshafener beliefern so viele Branchen, dass sich ein Aufschwung bei ihnen in jedem Fall bemerkbar macht. Die Aktie ist auf dem aktuellen Niveau ziemlich günstig bewertet und eignet sich auch für Anleger, denen regelmäßig sprudelnde attraktive Dividenden wichtig sind. Interessant ist zudem die Aktie des US-Chemieriesen Dupont de Nemours, dessen Schutzanzüge in Pandemiezeiten einen immensen Nachfrageschub erleben. Das Unternehmen mit Sitz in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware ist sehr breit aufgestellt - von Kunststoffen über Klebstoffe bis hin zu Gummi und Nahrungsmittelzusätzen. Rund ein Drittel seiner Umsätze erwirtschaftet das Unternehmen in Nordamerika, der Rest verteilt sich rund um den Globus. Die drei wichtigsten Geschäftssegmente sind Nahrung & Biowissenschaften, Sicherheit & Bau sowie Transport & Industrie.

Auch das japanische Chemie-Unternehmen Nissan Chemical ist breit aufgestellt. Das Unternehmen mit Sitz in Tokio wurde bereits im Jahr 1887 gegründet und war Japans erster Düngemittelhersteller. Diesem Bereich ist es treu geblieben, auch heute ist Agrochemie noch eines seiner vier bedeutenden Geschäftssegmente. Daneben setzt Nissan Chemical auf Hochleistungsmaterialien, die etwa in der Elektronik zum Einsatz kommen, sowie auf Pharmazeutika. Basischemikalien wie Melamin, Schwefel- und Salpetersäure runden das Portfolio ab.

  Technologie  

Die Technologiebranche betrachtet die Pandemie mit gemischten Gefühlen. Zum einen leidet sie ebenfalls unter der schwächelnden Wirtschaft, aber zum anderen hat Corona den Wandel hin zum digitalen Alltag weiter beschleunigt - man denke nur an Videokonferenzen oder Onlineshopping.

Bei Automobilen werden wegen Fahrassistenzsystemen oder Elektroantrieb immer mehr elektrische Komponenten verbaut - das stützt den deutschen Chipherstellers Infineon, weltweit die Nummer 1 bei Autochips und Leistungshalbleitern. Mit der Übernahme des Konkurrenten Cypress hat das Unternehmen mit Sitz in Neubiberg bei München zudem ein differenziertes Portfolio an Hard- und Software erworben, das die bisherige Palette gut ergänzt.

Vor allem in den USA gibt es zahlreiche attraktive Technologie-Unternehmen. So bietet etwa Teradyne mit Sitz in North Reading im US-Bundesstaat Massachusetts Testverfahren an, bei denen Chips nach der Fertigung auf Funktionsfähigkeit geprüft werden. Das spart den Kunden Kosten, weil fehlerhafte Chips schnell erkannt werden. Global Payments aus Atlanta ist nach der 2019 vollzogenen Übernahme von Total System Services ein wichtiger Spieler bei digitalen Zahlungen geworden. Bargeldloses Bezahlen wird weltweit immer populärer. Wer auf die Technologie-Schwergewichte wie Amazon, Apple oder Microsoft setzen will, kauft sich den World Technology Fonds von Blackrock.

  Brexit  

Vielleicht setzen die britischen Aktien zur Aufholrally an, wenn der Abschied aus der EU in trockenen Tüchern ist. So schätzt die Fondsgesellschaft DWS in ihrem Zehn-Jahres-Ausblick, dass britische Aktien im Schnitt eine Rendite von 5,9 Prozent pro Jahr erreichen werden. Zum Vergleich: Bei deutschen Aktien rechnen sie mit 4,1 Prozent pro Jahr.

Interessant ist etwa die Aktie der Intertek Group. Das Unternehmen ist so etwas wie der TÜV, es prüft und zertifiziert diverse Produkte. Zudem prüft es im Auftrag von Regierungen Importe und checkt, ob Einfuhrzölle angemeldet sind. Der Brexit könnte zu zusätzlichem Volumen führen. Der Versorger National Grid dürfte davon profitieren, dass die britische Regierung viel Geld in die Hand nehmen will, um die Infrastruktur zu modernisieren. Auch die Smiths Group kann sich mit ihrem breiten Mix von Sicherheitstechnik etwa an Flughäfen über Medizintechnik bis hin zu Energie und Telekommunikation auf Regierungsaufträge freuen. Wer auf die großen britischen Aktien setzen will, kauft den Fonds BGF United Kingdom.

AKTIEN TOPS UND FLOPS 2020


Im Vorjahresheft "Ihr Geld 2020" wurden 15 Aktien und drei Aktienfonds empfohlen. Im Fokus standen dabei die USA, der EU-Klimaschutz, Japan und Großbritannien. Im Überblick die zwei besten und die zwei schlechtesten Empfehlungen.