Die schwelenden politischen und ökonomischen Krisen rund um den Globus machen Anlegern derzeit Sorgen. Sie fragen sich, wie lange es noch dauert, bis es mal so richtig an den Börsen rappelt. Auch der eher optimistische Fondsmanager Hendrik Leber schließt einen Crash nicht aus, er sieht ihn sogar als etwas Normales innerhalb eines Börsenzyklus an, wie er im Interview mit €uro sagt.

Das wiederum bedeutet aber nicht, dass Anleger nun keine Aktien besitzen sollten. Ganz im Gegenteil: Dividendenpapiere bieten sich in diesem Umfeld an. Wegen der herrschenden Minizinsen bieten Spareinlagen wie etwa Tages- und Festgelder kaum noch Zinsen. Auch bei den Anleihen gibt es im aktuellen Umfeld nicht mehr viel zu holen. Aktien ­profitieren spiegelbildlich von dieser Entwicklung, weil sie gegenüber diesen Investments attraktiver werden.

Qual der Wahl. Allerdings müssen Anleger eine Auswahl treffen. Längst nicht jede Aktie taugt etwas, zudem gilt es, die eigene Risikobereitschaft zu berücksichtigen. €uro stellt nachfolgend sechs Aktien vor, die neben guten Perspektiven auch ausreichend sicher sind. Klar, auch zwischen den einzelnen Werten gibt es Unterschiede: So schwanken die beiden Technologiewerte Melexis und Nvidia ziemlich. Dafür bieten sie aber auch ein höheres Kurspotenzial als etwa der so­lide US-Konsumgüter- und Pharmariese Johnson & Johnson oder der französische Kosmetikgigant L’Oréal, die aber mit Dividenden und Solidität punkten. Die Aktien des Medizintechnikers Thermo Fisher und des Kreditkarten-Unternehmens Visa sind zwar recht hoch bewertet, bestechen aber dennoch durch ihren langjährigen Aufwärtstrend.

Johnson & Johnson: Stabilität pur


Aus Sicht der Anleihemärkte gibt es kaum ein solideres Unternehmen als Johnson & Johnson (J & J). Der US-Konsumgüter- und Medizingigant bekommt von allen drei großen Ratingagenturen die absolute Bestnote (S & P und Fitch: "AAA", Moody’s: "Aaa"). Damit liegt die Bonität des Herstellers von Neutrogena-Kosmetik, Penaten-­Babypflege oder Listerine-Mund­hygiene auf einer Stufe mit Ländern wie Deutschland oder der Schweiz. Selbst die USA bringen es bei S & P nicht auf die Bestnote. Für J & J verletzen die Agenturen sogar das "Sovereign-Ceiling-Prinzip". Dies besagt, dass das Rating eines Staates eine Obergrenze für die Kreditwürdigkeit von Unternehmensanleihen bildet. Das sagt viel über J & J aus, ein Traditionsunternehmen, das seit 56 Jahren die Dividende ­stetig erhöht hat. Zudem zeichnet sich ab, dass sich ein Milliardendeal von J & J aus dem Jahr 2017 auszahlt: der Kauf des auf Bluthochdruck spezialisierten und hochprofitablen Schweizer Pharmaunternehmens Actelion für 30 Milliarden US-Dollar (rund 25 Milliarden Euro). Neben der durch ­diese Übernahme gestärkten Sparte für rezeptpflichtige Medikamente ist J & J aber auch bei ­rezeptfreien Medikamenten und in der Medizintechnik stark.

Johnson & Johnson-Aktie Zehnjahreschart

L’Oréal: Weil es das wert ist


Nestlé hält seit Jahrzehnten ein großes ­Aktienpaket an L’Oréal. Und immer wieder kommt die Frage auf, was der Schweizer Nahrungsmittelriese eigentlich perspektivisch mit der Beteiligung vorhat. Einstweilen aber ist Nestlé-Chef Mark Schneider ziemlich zufrieden damit: "Die jüngste Aktienkursentwicklung von L’Oréal war sehr spektakulär, sodass es bisher ­eine sehr gute Entscheidung für Nestlé und seine Aktionäre war, die Beteiligung zu behalten", so Schneider im Juli 2019 gegenüber "Financial News".

Kein Wunder, dass Schneider so zufrieden ist: Auf Sicht von einem Jahr hat das Papier des weltgrößten Kosmetikunternehmens um rund ein Viertel zugelegt, in den vergangenen zehn Jahren stieg es um rund 270 Prozent (und da sind die gezahlten ­Dividenden noch nicht einmal berücksichtigt). An den guten Perspektiven wird sich wohl erst mal wenig ändern. Die Franzosen kommen in den bevölkerungsreichen asiatischen Ländern immer besser in Tritt. Zudem wollen immer mehr Konsumenten höherwertige Körperpflege-Produkte, auf die der L’Oréal-Werbeslogan "Weil ich es mir wert bin" gut passt. Und der Trend zu immer mehr Fotos in den sozialen Medien befeuert die Nachfrage für Make-up.

L'Oréal-Aktie Zehnjahreschart

Melexis: Wandler zwischen den Welten


Die Verzahnung zwischen der realen und der digitalen Welt schreitet immer weiter voran. Entsprechend werden Anwendungen wichtiger, die zwischen den beiden Welten "kommunizieren" und beide Sprachen sprechen - also Analoges aus der ­realen Welt in digitale Signale umwandeln. Das belgische Technologie-Unternehmen Melexis macht genau das: Mit seinen Sensoren übersetzt es etwa optische Signale oder die Temperatur aus der realen Welt ins Digitale.

Solche Anwendungen sind beispielsweise beim autonomen Fahren wichtig. Damit ist das Unternehmen mit Sitz in Ypern ein Profiteur der anstehenden Transformation beim Auto hin zum autonomen Fahren. ­Zumal Melexis mit seinen integrierten Schaltkreisen einer der weltweit führenden Anbieter für Motorsteuerung, Fahrzeugvernetzung und drahtlose Kommunikation ist. Allerdings hängen die Belgier deswegen auch stark von der Konjunktur in der Autobranche ab. Weil es dort etwa wegen des schwelenden Handelskonflikts zwischen den USA und China ziemlich mau läuft, dümpelt die Aktie derzeit vor sich hin. Mittel- bis langfristig aber stimmen die Per­spektiven für die auch von Hendrik Leber geschätzte Melexis-Aktie.

Melexis-Aktie Zehnjahreschart

Nvidia: Visuelle Geldmaschine


Nvidia ist spezialisiert auf Grafikkarten und profitiert vom Trend in der ­Autoindustrie zum autonomen Fahren. Der kalifornische Konzern setzt auf offene Partnerschaften, dazu zählen Toyota ebenso wie VW und Volvo. Zuletzt zeigte sich, dass die Strategie offenbar ­erfolg­reich ist. Der Umsatz ist im Vergleich zum Vorjahr im Automobilgeschäft um 30 Prozent auf den Rekordwert von 209 Millionen US-Dollar (190 Millionen Euro) gestiegen. Und das, obwohl Nvidia und Tesla, früher eng verbunden, getrennte Wege gehen, weil Tesla auf eigene Chips setzt. Grafikchips sind beim autonomen Fahren sehr wichtig, weil über die am Auto befindlichen Kameras sehr viele visuelle Daten ausgewertet werden müssen. Aber nicht nur im Automobilgeschäft läuft es gut. Zumindest perspektivisch sieht Mitch Steves, Analyst bei RBC Capital Markets, auch in den beiden anderen Segmenten Data ­Center und Gaming anziehende Geschäfte. Besonders positiv ist er dabei für Data Center mit sich verdoppelnden Umsätzen gestimmt - vor allem dann, wenn die Kalifornier den angekündigten Kauf des israelischen Data-Center-Spezialisten Mellanox Technologies für 6,9 Milliarden US-Dollar durchziehen.

Nvidia-Aktie Zehnjahreschart

Thermo Fisher: Gesunde Gewinne


Wenn es um Forschung in Laboren geht, dann ist Thermo Fisher oft mit von der Partie. Das Unternehmen bietet eine breite Palette von Laborausrüstung an, sowohl für den routinemäßigen Alltagsgebrauch bei Gesundheitsdienstleistern wie etwa Krankenhäusern als auch in der Forschung bei Unternehmen und an Universitäten. Das Portfolio reicht von Molekularbiologie und Sequenzierung über Diagnostiktests bis hin zu industriellen Anwendungen. ­Dabei stattet das Unternehmen mit Sitz in Waltham im US-Bundesstaat Massachusetts die Labore nicht nur mit entsprechenden Gerätschaften aus, sondern ­bietet auch Software und Dienstleistungen dazu an.

Thermo Fisher schreibt sich auf die Fahne, "die Welt gesünder, sauberer und sicherer zu machen", und bezeichnet sich selbst als den "weltweit größten Lieferanten für wissenschaftliche Anwendungen". Das Unternehmen beschäftigt rund um den Globus 70 000 Mitarbeiter und weist eine solide Bonität auf, bekommt es doch von der Ratingagentur Moody’s mit "Baa1" ein in der erstklassigen Investment-Grade-Liga angesiedeltes Rating. Die Aktie ist zwar hoch bewertet, befindet sich aber im langjäh­rigen Aufwärtstrend.

Thermo Fisher-Aktie Zehnjahreschart

Visa: Profiteur des bargeldlosen Bezahlens


Auch die ins Bargeld verliebten Deutschen greifen immer mehr zum Plastikgeld. Kreditkartenanbieter freut das, verdienen sie doch jedes Mal mit, weil der Händler eine Provision an sie zahlen muss. Weltweit ­dominieren zwei Unternehmen: Mastercard und Visa, mit Abstand folgen dann American Express und andere Wett­bewerber. Bei Visa wächst das Geschäft rund um den Globus, Visa-Chef Alfred Kelly sieht sein Unternehmen auf der Überholspur dank eines "schnelleren Wachstums in fast ­jeder Region und eines steigenden Kreditbedarfs". Das gilt sowohl für die Industrieländer als auch für die Schwellenländer, wo viele Menschen aus der ­aufstrebenden Mittelschicht zum ersten Mal eine Kreditkarte haben.

Und je mehr mit der Karte bezahlt wird, desto einträglicher wird das Geschäft, weil sich die Kosten mit steigenden Umsätzen nur unterproportional erhöhen. Wie margenträchtig das Ganze bei Visa ist, zeigen die Geschäftszahlen zum dritten Quartal (das bei Visa im Juni endet): Der Umsatz kletterte gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal um elf Prozent auf 5,8 Milliarden US-Dollar, davon blieben 3,1 Milliarden Dollar als Gewinn hängen - rund ein Drittel mehr als im Vorjahresquartal.

Visa-Aktie Zehnjahreschart