In der Konzernzentrale von Intel in Santa Clara, Kalifornien dürfte man am heutigen Mittwoch aufatmen: Im jahrelangen Rechtsstreit um eine Milliardenstrafe zulasten des Chip-Riesen hat die EU-Kommission eine Niederlage hinnehmen müssen. Weil sie unter anderem Einwände des Unternehmens nicht ausreichend geprüft habe, erklärte das Gericht der Europäischen Union eine 1,06 Milliarden Euro schwere Wettbewerbsstrafe am Mittwoch zulasten von Intel für nichtig.

Der Streit hat eine lange Vorgeschichte: Bereits im Mai 2009 verhängte die EU-Kommission unter der damals für Wettbewerb zuständigen EU-Kommissarin Neelie Kroes die zu der Zeit historisch hohe Strafe von gut einer Milliarde Euro. Die Wettbewerbshüter hatten Intel wegen des mutmaßlichen Missbrauchs einer dominanten Marktposition bestraft. Der Brüsseler Behörde zufolge hatte das Unternehmen von 2002 bis 2007 Computerhersteller mit Rabatten dazu bewegt, Chips des Konzerns statt Prozessoren des Konkurrenten AMD zu kaufen.

Außerdem habe der Chip-Gigant Zahlungen an die deutsche Elektromarkt-Kette Media-Saturn an die Bedingung geknüpft, dass sie nur Computer mit Intel-Prozessoren verkaufe. Damit habe Intel den einzigen ernsthaften Wettbewerber vom Markt drängen wollen, so die Begründung der EU-Kommission. Die US-amerikanische Firma war 2014 zunächst beim Gericht der EU mit einer Klage gegen das Bußgeld gescheitert, drei Jahre später entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) jedoch, dass das EU-Gericht den Fall neu aufrollen müsse.

Alphabet dürfte das Urteil verfolgen


Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union dürfte auch andere Konkurrenten hellhörig machen. So dürfte von Alphabet in seinem Kampf gegen EU-Kartellstrafen mit Aufmerksamkeit aufgenommen werden. Auch Apple, Amazon und Facebook sind ins Visier der EU-Kartellbehörden geraten.

Rabatte, vor allem wenn sie von großen Unternehmen gewährt werden, schüren bei Aufsehern häufig Bedenken, dass sie den Wettbewerb behindern. Unternehmen führen dagegen an, dass die Aufsicht zuerst die wettbewerbsschädliche Wirkung von Preisnachlässen beweisen muss, bevor Sanktionen verhängt werden. Das Urteil werde die Arbeit der Aufseher erschweren, sagte Assimakis Komninos von der Anwaltskanzlei White & Case. "Das ist ein gewaltiger Sieg für Intel." Das Urteil kann vor dem Gerichtshof der Europäischen Union angefochten werden.

Quartalszahlen am Abend erwartet


Am Abend nach US-Börsenschluss will Intel die Zahlen zum vierten Quartal bekannt geben. Analysten erwarten den Umsatz im Schnitt 8,2 Prozent niedriger bei 18,33 Milliarden Dollar im Vergleich zum Vorjahresquartal. Hier hatte der Chip-Riese 19,98 Milliarden Dollar verdient. Im gesamten abgelaufenen Geschäftsjahr erwarten Experten den Umsatz durchschnittlich auf 73,52 Milliarden Dollar - im Jahr zuvor standen hier 77,87 Milliarden Dollar zu Buche.

Unsere Einschätzung zur Intel-Aktie


Nach Bekanntgabe des Urteils stieg die Aktie vorbörslich. Zum Nachmittag ist das Intel-Papier gut ein Prozent im Plus - Anleger dürften die am Abend kommenden Quartalszahlen abwarten. Die starken Microsoft-Zahlen dürften sich auch positiv auf das Geschäft von Intel niedergeschlagen haben, da in vielen Microsoft PCs Intel-Prozessoren verbaut sind. Wir empfehlen die Intel-Aktie zum Kauf.

Ak/rtr/dpa-AFX