Dazu telefonierte EU-Ratspräsident Charles Michel mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani. Michel erklärte, er habe darauf gedrungen, dass die Führung in Teheran die Verpflichtungen aus dem Abkommen wieder einhalte. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte, die Vereinbarung ermögliche es, mit dem Iran im Gespräch zu bleiben. Ein Telefonat mit Ruhani führte auch der britische Premierminister Boris Johnson, wie dessen Sprecher mitteilte.

Die USA hatten das Atomabkommen im Mai 2018 einseitig aufgekündigt. Der Iran setzte daraufhin Schritt für Schritt Verpflichtungen aus. Die anderen Unterzeichnerstaaten Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland und China halten an der Vereinbarung fest. US-Präsident Donald Trump will sie zu einem Ausstieg drängen. Dann könnten die Weltmächte gemeinsam eine neue Vereinbarung mit Teheran aushandeln, sagte er am Mittwoch in seiner mit Spannung erwarteten Rede zur Iran-Politik.

"SITUATION ERHEBLICH ENTSPANNT"


Trump schlug zugleich demonstrativ moderatere Töne an, nachdem sich der Konflikt zuletzt dramatisch zugespitzt hatte. Vergangene Woche hatte das US-Militär den iranischen General Kassem Soleimani durch einen Luftangriff im Irak gezielt getötet. Der Iran übte Vergeltung, indem er am Mittwoch im benachbarten Irak Stützpunkte der von den USA geführten Truppen mit Raketen beschoss. Nach US-Darstellung kamen dabei aber bewusst keine heimischen Soldaten zu Schaden.

Trump sprach von einer zurückhaltenden Reaktion des Iran und begrüßte dies. In seiner Rede kündigte er zwar weitere Sanktionen an, verzichtete aber auf die Androhung eines militärischen Gegenschlags. Maas sagte dazu in der ARD: "Auf jeden Fall hat sich die Situation erheblich entspannt in den letzten Stunden." Deutliche Erleichterung machte sich auch an den Börsen breit.

Zudem zeigte sich die US-Regierung in einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat offen für Gespräche mit dem Iran ohne Vorbedingungen. Damit solle eine weitere Gefährdung des internationalen Friedens verhindert werden. Der Iran reagierte ablehnend auf das Angebot. Dieses sei "unglaubwürdig", solange die USA Sanktionen gegen den Iran aufrechterhielten, zitierte die iranische Nachrichtenagentur Irna den iranischen Botschafter bei den Vereinten Nationen (UN), Madschid Tacht Rawanchi. Ein ranghoher Kommandeur der Revolutionsgarden kündigte baldige weitere Racheakte gegen die USA an, wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim meldete.

Am Mittwoch sagte Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif dagegen, sein Land wolle keine Eskalation. Der einflussreiche irakische Kleriker Moktada al-Sadr betonte, die Krise sei nach den Erklärungen aus dem Iran und von Trump beigelegt. Im Regierungs- und Botschaftsviertel der irakischen Hauptstadt Bagdad, der besonders gesicherten Grünen Zone, schlugen erneut zwei Raketen ein. Sie richteten nach Angaben des irakischen Militärs aber keinen größeren Schaden an. Maas wollte den Beschuss nicht dem Iran zuordnen. Er gehe nicht davon aus, dass dies ein staatlicher Angriff gewesen sei, sagte der Bundesaußenminister. Vielmehr gebe es in der Region "viele unabhängige Gruppen".

rtr