Kapsch hat eine Historie von weit mehr als 100 Jahren. Immer ging es um die Übertragung von Daten. Die börsennotierte Einheit ist Pionier bei Verkehrs­telematiklösungen. 2004 wurde das elektronische Lkw-Maut-System in Österreich in Betrieb genommen. Kapsch hat schon Projekte in mehr als 50 Ländern realisiert. Das Unternehmen arbeitet in zwei Segmenten: Electronic Toll Collection ist das klassische Mautgeschäft - hier errichtet Kapsch die Systeme und betreibt sie auch. Im Segment Intelligent Mobility Solutions werden Überwachungssysteme für Verkehr, Fahrzeuge, aber auch für öffentliche Einrichtungen angeboten. Weil mit Mautsystemen die Infrastruktur finanziert wird, sind die Aussichten gerade bei klammen Kassen der öffentlichen Hand nicht schlecht. Allerdings läuft die Auftragsvergabe nicht kontinuierlich und Kapsch kann die Schwankungen bei Großaufträgen nicht immer ausgleichen.

Talsohle dürfte erreicht sein


Und in diesem Zyklus ist einiges zusammengekommen. Deutschland hat den Auftrag für die Pkw-Maut kurzfristig gekündigt, andere Aufträge wurden nicht verlängert, und im US-Geschäft gibt es Sonderbelastungen. Kapsch wird im November die Halbjahreszahlen des Geschäftsjahres 2020/21 (endet am 31. März) bekannt geben. Der Rückgang der Erlöse dürfte gut ein Viertel betragen, das Unternehmen dürfte zudem hohe Verluste melden. Dass die bis Jahresende aufgeholt werden können, ist nicht wahrscheinlich.

Allerdings dürfte die Talsohle erreicht sein. Sollten sich auf Quartalsebene Verbesserungen zeigen, müsste die sehr tief gefallene Aktie eigentlich zur Gegenreaktion ansetzen. Der Börsenwert ist auf jeden Fall nicht anspruchsvoll: Kapsch wird im Moment mit 160,5 Millionen Euro ­bewertet. Das ist nur ein Viertel des für das laufende Geschäftsjahr erwarteten Umsatzes, bei einem Unternehmen, das im Normalfall ordentliche Margen von acht Prozent erwirtschaften kann.

Wir preiswert die Aktie ist, zeigt auch der Blick auf einen möglichen Schadenersatz aus der Kündigung der deutschen Pkw-Maut. Die beiden Betreiber Kapsch und CTS Eventim haben aus der Kündigung Forderungen in Höhe von 560 Millionen Euro gegenüber der Bundesrepublik Deutschland erhoben. Die Angelegenheit ist vor einem Schiedsgericht zu klären. Im Kurs von Kapsch scheinen Zahlungen nicht enthalten zu sein.