Jerome Powell will weiter Vollgas geben: Trotz steigender Inflationsraten, die der rasante Anstieg der Rohstoffpreise, etwa für Kupfer oder Holz, anheizt, hat der Chef der US-Notenbank Fed nach der jüngsten Sitzung betont, dass der Inflationsanstieg nur vorübergehend sein werde. Daher sei eine Drosselung der massiven Anleihekäufe (Tapering) kein Thema. Die Liquiditätsschwemme der Fed kurbelt den Konjunkturboom zusätzlich an. Laut Experten soll die US-Wirtschaftsleistung 2021 um real 6,5 Prozent wachsen - das wäre das stärkste Plus seit 1984.

Dennoch drehten zuletzt die Zinsen für zehnjährige US-Staatsanleihen deutlich nach unten. Das signalisiert eine erhebliche Eintrübung der Konjunkturperspektiven. US-Präsident Joe Biden hatte Ende März die Pläne für ein 2,25 Billionen Dollar schweres Infrastrukturprogramm vorgestellt. Es soll über acht Jahre laufen, was einem durchschnittlichen jährlichen Stimulus von rund 280 Milliarden Dollar entspricht. Damit ist dieser viel kleiner als jener für 2021: Derzeit werden im Rahmen zweier Konjunkturprogramme insgesamt 2,8 Billionen Dollar in die Wirtschaft gepumpt.

Für zusätzliche Verunsicherung bei Investoren hat Bidens 1,8 Billionen Dollar schwerer "American Family Plan" zur Unterstützung von Familien gesorgt. Er soll durch eine teilweise massive Erhöhung der Kapitalertragsteuer gegenfinanziert werden. Viele Investoren sind allerdings zuversichtlich, dass es bei Weitem nicht so schlimm kommen dürfte, weshalb der S & P 500 die Rekordjagd fortsetzte.

Facebook kritisiert Apple

In einem Umfeld sinkender US-Zinsen laufen üblicherweise Growth- besser als Value-Aktien. Gegenüber Ende März hat daher der S & P 500 Growth Index mit einem Kursplus von 7,6 Prozent dem S & P 500 Value Index (4,3 Prozent) klar die Rücklichter gezeigt. Hinter Growth-Aktien stecken Unternehmen mit starkem Wachstum, wie die US-Technologiewerte. Value-Aktien sind Papiere mit relativ niedriger Bewertung, gemessen etwa am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Schwerster Wert im Growth-Index ist Apple mit einem Gewicht von 11,5 Prozent. Der Konzern hat im abgelaufenen Quartal den Umsatz um 54 Prozent auf 89,6 Milliarden Dollar gesteigert. Das lag meilenweit über den Schätzungen der Analysten. Treiber war das iPhone, zudem hat das Servicegeschäft stärker zugelegt als erwartet. Für Begeisterung bei Investoren sorgte auch das rasante Wachstum in China. Vorstandschef Tim Cook hat das Aktienrückkaufprogramm auf 90 Milliarden Dollar aufgestockt.

Angetrieben vom starken Werbegeschäft stieg der Umsatz von Facebook im vergangenen Quartal um 48 Prozent auf 26,2 Milliarden Dollar. Allerdings warnte Finanzchef David Wehner vor möglichen Folgen von Apples iOS-14.5-Software-Update. Denn danach müssen sich Apps die ausdrückliche Erlaubnis der Nutzer einholen, wenn die Programme das User-Verhalten quer über verschiedene Dienste und Websites für Werbezwecke nachverfolgen wollen. "Wir glauben, dass die Auswirkungen auf unser Geschäft dennoch bewältigbar sein werden", sagte Wehner.

Beschleunigung bei Alphabet

Ebenfalls vom prächtigen Werbegeschäft profitiert hat Alphabet. Wegen der weltweiten Konjunkturbelebung suchen Verbraucher bei der Google-Mutter nach Angeboten im Einzelhandel, bei Restaurants oder Reisen. Daher wuchs der Konzernumsatz im ersten Quartal um 34 Prozent, wobei der Erlös im Cloud-Geschäft um 46 Prozent zulegte. Analysten prognostizieren, dass sich das Umsatzwachstum von Alphabet 2021 auf 29 Prozent beschleunigen wird. Finanzchefin Ruth Porat hat ein neues Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 50 Milliarden Dollar angekündigt.

Auf Rekordhochs ist die Amazon-Aktie nach Vorlage der Zahlen geschossen. Neben dem rasanten Anstieg bei Umsatz und operativem Ergebnis und dem starken Geschäft im Cloud-Computing hat die Erlösprognose für das laufende Quartal die Anleger euphorisiert. In der Mitte der Spanne bedeutet das eine Beschleunigung des Umsatzwachstums auf 44,9 Prozent gegenüber 43,8 Prozent fürs erste Quartal.

Der Softwareriese Microsoft hat im abgelaufenen Quartal den Umsatz um 19 Prozent auf 41,7 Milliarden Dollar gesteigert - das war das 15. Quartal in Folge mit einem prozentual zweistelligen Wachstum. Dabei waren die Erlöse im Cloud-Geschäft Azure um 50 Prozent nach oben geschossen. Der Konzern profitierte zudem vom stärksten Absatzanstieg bei PCs seit mehr als 20 Jahren.

Warten auf die Zahlen von Nvidia

Der kräftige Aufschwung in den USA kommt Visa zugute. So war das Abrechnungsvolumen bei Debitkarten in den USA um 31 Prozent auf 806 Milliarden Dollar gestiegen. Das weltweite Volumen kletterte währungsbereinigt um elf Prozent. Das ist der stärkste Anstieg seit dem Beginn der Pandemie. Zudem erholt sich allmählich das Reisegeschäft über Landesgrenzen hinweg.

Investoren warten auf die Ergebnisse von Nvidia, sie werden am 26. Mai präsentiert. Vorstandschef Jensen Huang hat angekündigt, dass die Umsätze über den ursprünglich prognostizierten 5,3 Milliarden Dollar liegen werden. Zudem hat er einen ersten Mikroprozessor für Server auf der Basis der Arm-Technologie vorgestellt, womit Nvidia verstärkt in das margenstarke Geschäft von Intel vordringen will. Die neuen Produkte sollen 2023 verfügbar sein.





Home Depot hat einen Lauf

Die massiv gestiegenen Holzpreise geben Home Depot und D. R. Horton an ihre Kunden weiter. Die größte US-Baumarktkette Home Depot hatte 2020 einen Boom erlebt, weil viele Amerikaner die Pandemie genutzt hatten, um ihre Häuser umzubauen. Im Februar 2021 hatte Home Depot daher gewarnt, dass der um die Eröffnung neuer Läden bereinigte Umsatz im laufenden Fiskaljahr lediglich stabil sein oder leicht steigen werde. Allerdings haben seitdem die Holzpreise viel stärker zugelegt, als viele Experten erwartet hatten. Gleichwohl ist wegen der niedrigen Hypothekenzinsen kein Ende des Immobilienbooms in Sicht.

D. R. Horton ist das größte Hausbauunternehmen der USA und hat im vergangenen Quartal bei einem Absatzplus von 36 Prozent den Umsatz um 43 Prozent auf 6,4 Milliarden Dollar gesteigert. Wegen des Booms schraubte Vorstandschef David Auld die Prognose für 2021 nach oben.

Prächtig sind die Perspektiven für den Autohändler Autonation. Weil Halbleiter knapp sind und deswegen die Produktion von Neuwagen gedrosselt wird, schießen die Preise für Gebrauchtwagen nach oben. Insgesamt sind dies sehr gute Aussichten für US-Titel, trotz der Steuerpläne von Biden. egmond haidt

 


Auf einen Blick: USA