"Mit der fusionskontrollrechtlichen Freigabe durch die FTC sind alle Bedingungen für den Vollzug des Unternehmenszusammenschlusses eingetreten", teilte Linde mit. Der deutsche Konzern und sein Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle hatten das Vorhaben seit Jahren in mehreren Anläufen gegen alle Widerstände vorangetrieben. "Die Fusion von Linde und Praxair ist ein überzeugender und zukunftsweisender Zusammenschluss, mit dem sich einzigartige Möglichkeiten für unsere Kunden, Aktionäre und Mitarbeiter eröffnen", erklärte Reitzle am Montag.

Scharfen Widerspruch erntete Reitzle von den deutschen Gewerkschaften. Wegen der Kartellauflagen und der den Aktionären versprochenen Kostensenkungen seien deutlich mehr Stellen gefährdet als bisher befürchtet, erklärten IG Metall und IG BCE. "Dieser Zusammenschluss rechnet sich nicht - weder für die Aktionäre, noch für die Beschäftigten, noch für den Industriestandort Deutschland", sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis. Deutsche Arbeitnehmer hatten auch dagegen protestiert, dass der fusionierte Konzern seinen Sitz in Irland haben soll, so dass deutsche Mitbestimmungsrechte nicht mehr gelten.

Zuletzt war Reitzles Projekt ein Rennen gegen die Zeit. Denn nach deutschem Recht mussten die Aktionäre bis spätestens Mittwoch Klarheit über das Gelingen oder Scheitern haben. Danach hätten die Konzerne die Fusion nicht weiterverfolgen dürfen.

Um trotz dieser Frist noch Zeit für den geforderten Verkauf von Unternehmensteilen zu haben, vereinbarten die Konzerne mit der Federal Trade Commission (FTC) einen Kunstgriff: Linde muss den Verkauf seiner Amerika-Aktivitäten erst bis zum 29. Januar unter Dach und Fach bringen. Bis dahin sollen die Fusionspartner ihre Geschäfte noch unabhängig voneinander weiterführen. Gleichwohl soll der vereinbarte Umtausch der Aktien beider Konzerne in Anteilsscheine der neuen Linde plc bereits am 31. Oktober erfolgen. Während Praxair-Titel eins zu eins umgetauscht werden, erhalten Linde-Aktionäre jeweils 1,54 neue Aktien. Alle drei Aktien legten am Montag deutlich zu.

Die Kostensenkungen, die Linde und Praxair den Aktionären in Aussicht gestellt hatten, werden von beiden Konzernen nun etwas zurückhaltender eingeschätzt als bisher. Sie sprachen am Montag von erwarteten Synergien in einer Bandbreite von 1,1 bis 1,2 Milliarden Dollar binnen drei Jahren anstelle der bisher genannten 1,2 Milliarden Dollar. Die Konzerne hatten bereits bei der Obergrenze des durch Firmenverkäufe abzugebenden Umsatzes zurückgesteckt - das Volumen dürfte nach bisherigen Angaben die Schwelle von 3,7 Milliarden Euro überschreiten. Am Montag äußerten sich die Konzerne dazu ebensowenig wie zu dem Gewinnanteil (Ebitda), der durch die Verkäufe künftig entfällt. Linde sah offenbar keinen Anlass, die bisherige Summe von maximal 1,1 Milliarden Euro infrage zu stellen.

Ein Großteil der von Linde zu veräußernden Geschäftsteile in den USA soll nun wie geplant der deutschen Gasehersteller Messer im Verbund mit dem Finanzinvestor CVC übernehmen. Als Käufer weitere Firmenteile ist unter anderem der US-Anbieter Matheson Tri-Gas vorgesehen. In Europa verkauft Praxair dazu sein gesamtes Geschäft an den japanischen Konkurrenten Taiyo Nippon Sanso. Die EU-Kommission hatte dies bereits grundsätzlich gebilligt und gab nun auch dem Käufer selbst ihren Segen. Mit der Fusion überrunden Linde und Praxair ihre Rivalen Air Liquide und Air Products.

rtr