Wenn Ereignisse gewaltigen Kalibers die Welt erschüttern, verhalten sich Anlageklassen nicht immer wie im Lehrbuch. Beispiel Gold: Der Preis der "Fluchtwährung" profitiert normalerweise davon, wenn die Unsicherheit wächst. Was aber passierte nach den ersten heftigen Markteinbrüchen infolge der Corona-Krise? Das Edelmetall verbilligte sich. Die Notierungen litten unter Notverkäufen von Investoren, die dringend Liquidität benötigten.

Umso erfreulicher, wenn eine Anlagekategorie in Zeiten wie diesen das liefert, was sie soll: die Verluste für Anleger in Grenzen zu halten. Genau für diese Eigenschaft sind Wandelanleihen bekannt. Eine Daumenregel besagt: Ein Portfolio aus diesen Papieren macht zwei Drittel der Aufwärtsbewegung bei steigenden Kursen am Aktienmarkt mit, aber nur ein Drittel der Abwärtsbewegung, wenn die Notierungen fallen.

"Diese Daumenregel gibt einen guten Anhaltspunkt", sagt Manuel Zell, Fondsmanager und Experte für Wandelanleihen bei der Frankfurter Gesellschaft Lupus alpha. "In der aktuellen Krise haben Wandelanleihen im Vergleich zu anderen Anlageklassen deutlich unterproportional an Wert verloren." In der Tat: Während Aktienindizes wie der Euro Stoxx 50 im ersten Quartal um mehr als 25 Prozent einbrachen und selbst Anleiheinvestoren im Hochzinssegment Verluste von 15 Prozent einstecken mussten, gaben globale Wandelanleihen nur um etwa neun Prozent nach. Zu diesem Ergebnis kommt, wer den gängigen Index betrachtet.

Sicherheit und attraktive Chancen


Dass Wandelanleihen, auch Convertible Bonds oder kurz Wandler genannt, diesen Absturzpuffer bieten können, liegt an ihrer speziellen Konstruktion: Sie sind Zwitter aus Anleihen und Aktien und vereinen Sicherheit und attraktive Renditechancen in einem Papier. Genau wie herkömmliche Unternehmensanleihen bieten Wandler einen festen Kupon und eine bestimmte Laufzeit. An deren Ende werden sie zu 100 Prozent zurückgezahlt.

Im Unterschied zu normalen Unternehmensanleihen sind Convertible Bonds aber mit einer Option ausgestattet. Diese gibt Anlegern das Recht, die Anleihe in einer bestimmten Frist zum festgelegten Verhältnis in Aktien des Unternehmens zu tauschen. So kann man mit Wandlern von steigenden Aktienkursen profitieren.

Doch was, wenn sich die Aktie beziehungsweise der Aktienmarkt nicht wie erhofft entwickelt? Dann halten Anleger die Anleihe einfach weiter, kassieren die Zinsen und lassen sich bei Fälligkeit das Geld zurückzahlen.

Der Wert eines Convertible Bond ist sowohl vom Aktien- als auch vom Rentenmarkt abhängig, und viele Faktoren üben Einfluss auf den Kurs aus. Dazu kommt, dass die Papiere sehr individuell ausgestaltet sind, oft mit dicken Prospekten und vielen Klauseln daherkommen. Und nicht zuletzt beträgt die Mindeststückelung bei Wandlern in der Regel 100.000 Euro und mehr. Das macht den Convertibles-Markt für Privatanleger schwer zugänglich. Ein Einstieg erfolgt deshalb sinnvollerweise über Publikumsfonds. Diese gewährleisten auch die nötige Risikostreuung.

Ein ausgewogenes Rendite-Risiko-Profil und eine breite Aufstellung streben Manuel Zell, Marc-Alexander Knieß und Stefan Schauer mit ihrem Fonds Lupus alpha Global Convertibles an. Ihnen ist es wichtig, dass die Wandler im Portfolio im konvexen Bereich angesiedelt sind. Das heißt, der Kurs der Papiere muss sich in einer bestimmten Bandbreite bewegen, damit sich das angestrebte asymmetrische Verhalten (größere Chancen als Risiken) zeigt. Ist der Kurs zu hoch, ähnelt der Wandler einer Aktie, ist er zu niedrig, verhält er sich wie eine Anleihe.

Eine gründliche Kreditanalyse ist ebenfalls wichtig, denn der "Bondfloor muss sicher sein", sagt Fondsmanager Zell. Er meint damit die Wertuntergrenze bei Wandelanleihen. Bei einbrechenden Märkten geben auch die Kurse von Convertibles nach. Denn ein Umtausch in Aktien wird unwahrscheinlicher. Doch der Kursverfall geht nur bis zu einer gewissen Grenze, dem Bondfloor. Das ist der Wert der zugrunde liegenden Anleihe, den der Anleger am Ende der Laufzeit mindestens erhält.

Günstiger Zeitpunkt für Einstieg


Es sei denn, der Emittent geht zwischenzeitlich pleite. Solche Risiken betreffen auch Wandler. "Zuletzt haben wir am Markt vereinzelte Ausfälle gesehen, insbesondere im Energiebereich, der unter dem massiven Verfall der Ölpreise leidet", erklärt Fondsmanager Zell. Auch Engagements in Hotelketten oder Fluggesellschaften, die unmittelbar von der Corona-Pandemie betroffen sind, seien derzeit riskanter.

Ansonsten halten Zell und seine Kollegen den Einstiegszeitpunkt bei Wandlern derzeit für günstig. Dafür spreche nicht nur die Möglichkeit, von sich wieder erholenden Aktienkursen zu profitieren und zugleich die Sicherheit von Anleihen zu genießen. Auch seien die Bewertungen am Wandelanleihemarkt derzeit außergewöhnlich günstig: Die Papiere handelten im Schnitt deutlich unter ihren modelltheoretischen Preisen. Allein wenn es hier zu einer Normalisierung kommt, so Zell, bringe das bereits einige Prozentpunkte Rendite, selbst wenn sich der Aktienmarkt nur seitwärts entwickelt.

Investor-Info

Wandelanleihen gegen Aktien
Weniger Risiko zahlt sich aus


Die Grafik zeigt die langfristige Wertentwicklung globaler Wandelanleihen - gemessen am entsprechenden Index von Thomson Reuters - und des weltweiten Aktienmarkts in Form des MSCI World Index. Die Indizes sind auf Euro-Basis bzw. in Euro abgesichert. Es zeigt sich: Convertible Bonds verlieren in Markteinbrüchen weniger als Aktien, was ihnen langfristig sehr gute Renditen beschert.

Lupus alpha Gl. Convertibles
Fokus auf Wachstumsfirmen


Mit diesem Portfolio bieten Marc-Alexander Knieß, Stefan Schauer und Manuel Zell ein "Pure Play" bei Wandelanleihen: Sie streben ein ausgewogenes Rendite-Risiko-Profil an, investieren weltweit in attraktive Papiere insbesondere von Wachstumsunternehmen und sichern die Währungsrisiken größtenteils ab. Denn Währungsschwankungen würden aus ihrer Sicht das konvexe Profil (höhere Gewinnchancen als Verlustrisiken) verzerren.

Spdr TR Global Convert. Bond
Günstig in den breiten Markt


Mit diesem ETF, der den gängigen Index von Thomson Reuters für globale Wandelanleihen nachzeichnet, erhalten Anleger eine günstige und breit aufgestellte Alternative zu aktiv gemanagten Fonds. Das Portfolio setzt sich aus rund 220 Titeln zusammen, mit knapp 50 Prozent sind die USA am stärksten gewichtet. Bei den Branchen dominiert die Informationstechnologie. Die Fondswährung ist US-Dollar. Im Gegensatz zum Lupus-alpha-Fonds spielen also auch Währungseffekte eine Rolle.