Seit Monaten ziehen die Preise für Soja und Getreide nun schon an. Notierten sie zunächst nahe der Tiefstände der vergangenen zehn Jahre, erreichten die Preise innerhalb von zwölf Monaten nun neue Zehnjahres-Höchststände. Der viel beachtete Agrar- und Lebensmittelindex der Vereinten Nationen (FAO Food Price Index) legte im Mai gegenüber dem Vormonat um knapp fünf Prozent zu und steht jetzt fast 40 Prozent über dem Vorjahreswert. Es ist der höchste Anstieg in den vergangenen zehn Jahren.

Bei den höheren Preisen fahren Landwirte mit den Ernten deutlich mehr Gewinn ein als noch vor wenigen Monaten. Das sind auch für das globale Geschäft mit Dünger starke Signale. Vor allem im wichtigen US-Markt haben sich die Grundstoffe für Mineraldünger wie Natrium und Kalium stark verteuert. Die Tonne Kaliumcarbonat wird aktuell fast doppelt so teuer gehandelt wie Anfang September 2020.

Kalidünger ist in Amerika so teuer wie seit 2015 nicht mehr. Im globalen Markt für Kaliumcarbonat, einen Dünger, der die Dürre-Resistenz der Pflanzen stärkt und die Abwehrkräfte gegen Schädlingsbefall erhöht, bringt das viel Bewegung. Dominiert wird das Geschäft von vier Konzernen. Sie liefern gut zwei Drittel des jährlich geförderten Kaliumcarbonats: die kanadische Nutrien, Mosaic aus den USA, Uralkali aus Russland und Belaruskali aus Belarus.

An der Börse ziehen die Aktienkurse der nordamerikanischen Förderriesen, aber auch jene des viel kleineren Düngemittelherstellers aus Kassel, K + S, deutlich an. Aktien des drittgrößten Konzerns Uralkali werden nur in Moskau gehandelt. Belaruskali, die Nummer 1 in der weltweiten Förderung, ist an den Kapitalmärkten nur mit Anleihen präsent. Dem Unternehmen drohen wegen der Festnahme des belarussischen Regierungskritikers Roman Protassewitsch und dessen Freundin nun Sanktionen der EU. Diese dürfte Belaruskali gut wegstecken, da vor wenigen Monaten Verträge mit den großen Abnehmerländern Indien und China abgeschlossen wurden. Die Konkurrenten K + S, Nutrien und Mosaic dürften von möglichen Sanktionen gegen den Förderprimus hingegen profitieren.

Nutrien und Mosaic lieferten im Jahr 2019 nach den aktuell verfügbaren Zahlen für den Markt 17,9 beziehungsweise 11,1 Prozent der weltweit geförderten 65,5 Million Tonnen Kaliumcarbonat. Bei Belaruskali und Uralkali waren es 18,4 und 17,0 Prozent.

K + S kann raus aus der Schuldenfalle

Deutschlands Kali-Konzern K + S, der auch in Kanadas rohstoffreicher Provinz Saskatchewan eine Mine betreibt, lieferte rund 7,9 Prozent des weltweit geförderten Kaliumcarbonats. Im Oktober gelang es den Kasselern, die US-Tochter Morton Salt für 3,2 Milliarden Dollar an die amerikanische Kissner Group zu verkaufen. Damit befreiten sich die Hessen aus ihrer langjährigen Schuldenfalle - rechtzeitig vor dem Dünger-Boom. Mit dem Verkauf dürften die geschätzten Verbindlichkeiten knapp unter das Doppelte des operativen Gewinns sinken. Der Vorstand hätte damit sein Ziel erreicht. Genaueres wird es dann im August mit den Halbjahreszahlen geben.

Seit Anfang November hat sich der Börsenwert von K + S mehr als verdoppelt. Von ihrem Fünfjahreshoch bei gut 25 Euro ist die Aktie allerdings noch sehr weit entfernt. Stabilisieren sich die Düngemittelpreise auf dem aktuellen Niveau oder legen sie sogar noch weiter zu, ist also noch einiges möglich. Branchenexperten der Scotiabank erwarten, dass die jährlichen Kali-Fördermengen von derzeit rund 70 Millionen Tonnen zwischen 2022 und 2030 jährlich um zwei Millionen Tonnen zulegen.

Diese Aussicht lockt nun auch Erzriesen wie Anglo American und BHP als Quereinsteiger in den Markt. Anglo American kaufte für 400 Millionen Dollar Sirius Minerals in Großbritannien, um dort ein großes Vorkommen von Polyhalit zu erschließen Das Mineral enthält Kaliumchlorid, Kalzium und Magnesium und wird als Dünger verwendet.

Quereinsteiger BHP

Viel größer einsteigen will der weltweit führende Rohstoffkonzern BHP. Die Fertigstellung seines Jansen-Minenprojekts in der kanadischen Provinz Saskatchewan, wo Kali-Salz gefördert werden soll, könnte bis zu 5,7 Milliarden Dollar kosten. Einflussreiche BHP-Großaktionäre wie der aktivistische US-Finanzinvestor Elliott sehen das Projekt wegen des hohen finanziellen Risikos sehr kritisch. BHP-Chef Mike Henry will im August mit der Veröffentlichung der Bilanz für das Geschäftsjahr 2020/21 auch die definitive Entscheidung bei dem Projekt bekannt geben.

Der Konzern hat bereits mehr als vier Milliarden Dollar investiert und braucht für die Kali-Förderung Zugang zu einem nahen Hafen. Nur ein Problem, das die in der Region etablierte und bestens vernetzte Nutrien lösen könnte. Daher will BHP Kanadas Düngerprimus beim Jansen-Projekt an Bord holen.

Die Entwicklungen im Düngemittelmarkt laufen weitgehend unabhängig vom Geschehen in Rohstoffmärkten wie für Kupfer und Eisenerz, in denen BHP stark ist. Dünger würde das Geschäftsmodell des Erzriesen wertsteigernd erweitern, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Ohne Übernahme oder Partnerschaft mit einem Düngemittelkonzern wird das voraussichtlich jedoch nicht funktionieren. Firmen wie Nutrien und Mosaic sowie die beiden Riesen im Osten verfügen über eine ausgefeilte Logistik und hohe Reserven. Das Potenzial von Nutriens Cory-Mine wird auf bis zu 6.200 Tonnen Kaliumcarbonat geschätzt.

Nutrien entstand 2018 aus der Fusion der kanadischen PotashCorp of Saskachewan mit dem deutlich kleineren Konkurrenten Agrium. Mit weltweit mehr als 20.000 Mitarbeitern vereinigt Nutrien nach eigenen Angaben mehr als 60 Prozent der nordamerikanischen Produktionskapazität für Kali-Salz und betreibt mit seinem amerikanischen Mitbewerber Mosaic in einem gleichberechtigten Joint Venture die Vertriebsgesellschaft Canadian Potash Exporters (Canpotex).

Mayo Schmidt, seit April an der Spitzer von Nutrien, will die Kali-Förderung nur bei weiter steigenden Preisen erhöhen. "Wir achten sehr auf die Rendite", sagt er. Canpotex-Partner Mosaic, der auch von den Synergien des gemeinsamen Auslandsvertriebs profitiert, sieht das ähnlich. Währenddessen versucht K + S, in Kanada mit Canpotex mitzuhalten - das ist sicher nicht einfach.
 


INVESTOR-INFO

Nutrien

Effizient und groß

Wegen der hohen Nachfrage sind Nutriens Kapazitäten bei Kaliumcarbonat, die bis Ende September gefördert werden, jetzt ausverkauft. Der weltweit größte Düngerkonzern will nun 2021 eine halbe Tonne mehr fördern. Das machen die Kanadier günstiger als westliche Konkurrenten. Für 2021 werden bisher 13,6 Prozent mehr Umsatz erwartet: 22,8 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn soll um knapp 79 Prozent auf gut 1,8 Milliarden Dollar zulegen. Solide Dividendenrendite.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 65,00 Euro
Stoppkurs: 38,00 Euro

K + S

Auf dem richtigen Weg

K + S ist gut gestartet und hat mit Blick auf die höheren Kali-Preise die Prognose für den operativen Gewinn 2021 auf 500 bis 600 von zuvor 440 bis 540 Millionen Euro erhöht. Der Umsatz soll um knapp 13 Prozent auf gut 2,7 Milliarden Euro zulegen. Der Verkauf von Morton Salt senkt die Verschuldung auf das avisierte Niveau. Die im Vergleich zur Konkurrenz hohen Förderkosten schmälern aber die Mittelzuflüsse aus dem Geschäft. Fortschritte bei der Rendite bringen Kursfantasie.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 16,00 Euro
Stoppkurs: 8,20 Euro

Mosaic

Kleiner Dämpfer im Boom

Wegen verstärkter Ausflüsse salzhaltiger Rückstände wurden zwei Schächte in der wichtigsten Kali-Mine von Mosaic neun Monate früher als geplant geschlossen. Das dämpft die Kursfantasie. Im Markt profitiert die Konkurrenz. Dank der starken Nachfrage und hoher Preise für Dünger werden für 2021 rund 2,7 Milliarden Dollar operativer Gewinn erwartet, plus 72 Prozent. Der US-Konzern kann sich die mit 1,1 Milliarden Dollar hohen Investitionen für 2021 leisten. Haltenswert.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 33,00 Euro
Stoppkurs: 19,00 Euro