Wie Profi-Investoren mit hohem Einsatz erfolgreich pokern, hat der Londoner Hedgefonds Petrus Advisers soeben bei der Commerzbank-Tochter Comdirect mustergültig vorexerziert. Die Commerzbank hatte im September 2019 die Integration ihrer Direktbanktochter angekündigt und den freien Aktionären ein Übernahmeangebot von 11,44 Euro gemacht. Petrus sperrte sich monatelang dagegen - und wurde jetzt von der Commerzbank mit 15,15 Euro je Aktie abgefunden.

Die Bank begründet den hohen Aufschlag mit ihrem strategischen Interesse. Nur mit dem Petrus-Paket erreichte sie die 90-Prozent-Schwelle, die es ihr ermöglicht, die restlichen Aktionäre zwangsweise abzufinden (Squeeze-out). "Solche Paketzuschläge sind legitim", sagt Jürgen Kurz von der Aktionärsvereinigung DSW. Dagegen seien die Chancen für die verbliebenen Comdirect-Privataktionäre gering, noch einen Aufschlag auf das ursprüngliche Gebot zu bekommen.

Mit Comdirect, Axel Springer und Osram haben für das Jahr 2020 bereits drei Unternehmen ihren Rückzug von der Börse angekündigt. Bei Axel Springer ist der New Yorker Finanzinvestor KKR eingestiegen, der gerade ebenfalls ein Springer-Delisting angekündigt hat und den verbliebenen freien Aktionären 63 Euro je Aktie als Abfindung anbietet. Bei Osram hat der österreichische Sensorspezialist AMS 41 Euro je Aktie geboten, hält aber erst 60 Prozent der Osram-Anteile. AMS strebt 75 Prozent für einen Gewinnabführungsvertrag an.

Drei Möglichkeiten


Minderheitsaktionäre können gegen ein Delisting nichts tun. Ein Hauptversammlungsbeschluss ist dafür nicht nötig, weil sich nach gängiger Auffassung an der Rechtsposition der Aktionäre wenig ändert. Zumindest aber haben die Anteilseigner seit 2015 einen Anspruch auf eine Abfindung auf Basis des Durchschnittskurses der vergangenen sechs Monate.

Liegt das Angebot vor, bleiben Aktionären im Prinzip drei Möglichkeiten: Sie können die Offerte annehmen, können ihre Aktien an der Börse verkaufen, wenn der Kurs passt, oder sie bleiben Aktionär, können ihre Papiere aber nicht mehr an der Börse handeln.

Aktionäre könnten zudem darauf spekulieren, bei einem späteren Squeeze-out eine höhere Abfindung zu erhalten. Bei Osram wiederum gehen Spekulationen dahin, dass AMS noch eine Schippe drauflegt, um auf 75 Prozent zu kommen.

Wer dagegen über ein Spruchstellenverfahren eine höhere Abfindung vor Gericht einklagen will, muss Geduld mitbringen. Diese Verfahren können sich über fünf bis zehn Jahre hinziehen, wenn sie überhaupt zu einem Erfolg führen. Eher unwahrscheinlich ist schließlich der Fall, dass die delistete Firma eines Tages doch wieder an die Börse zurückkehrt.