Der monumentale Bau am Isarhochufer ist wie geschaffen, um staatliche Macht zu demonstrieren. Seit 1949 residiert im Münchner Maximilianeum der Bayerische Landtag. Zwischen glänzendem Marmor und prunkvollen Gemälden gehen die Abgeordneten dort ihren Pflichten nach. Dabei treffen sie nicht selten auf ihre Hausherren: junge Studenten und Studentinnen. Klingt kurios? Keineswegs. Der Landtag ist nämlich nur Mieter in dem Gebäude, Eigentümer ist die Stiftung Maximilianeum.

Diese wurde 1852 von König Maximilian II. gegründet, um Abiturienten aus dem damaligen Bayern ein sorgenfreies Studium an der Münchner Universität zu ermöglichen. Physiknobelpreisträger Werner Heisenberg und Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Franz ­Josef Strauß zählen zu den berühmtesten "Maximilianeern". Heute erhalten 50 handverlesene Stipendiaten freie Kost und Logis sowie Zugang zu Büchern und Computern. Bezahlt wird alles vom Freistaat Bayern, der für die repräsentative Unterbringung seines Parlaments Miete und Pacht an die Stiftung entrichtet.

Strategie überdenken


Von einem derart verlässlichen Einnahmestrom können viele Stiftungen in Deutschland nur träumen. Denn die wenigsten besitzen eine Immobilie à la Maximilianeum, sondern "nur" ein mehr oder weniger großes Geldvermögen, das Erträge abwerfen muss. Das ist in den vergangenen Jahren aufgrund der Niedrigzinsen immer schwieriger geworden. Zahlreiche, vor allem kleinere Stiftungen müssen deshalb ihre konservative Anlagephilosophie überdenken.

Den gewandelten Anforderungen dieser Klientel kommt die Finanzindustrie mit speziellen Stiftungsfonds entgegen. Sie versuchen, den Spagat zwischen Kapitalerhalt und höheren Erträgen so gut es geht hinzubekommen. Auch für vorsichtige Privatanleger bieten diese Vehikel eine gute Anlagebasis.

Letztlich führt für die deutschen Stiftungen kein Weg an einer künftig höheren Aktienquote vorbei. Damit bewegen sie sich in Richtung amerikanischer Endowments. Große US-Stiftungen, die mit ihren Erträgen zum Beispiel Elite­universitäten wie Harvard oder Yale am Laufen halten, verfolgen traditionell eine offensivere Anlagepolitik. Damit gelingen ihnen regelmäßig Renditen, die in der Finanzwelt ihresgleichen suchen. Bis zu einem gewissen Grad können auch Privatanleger die Erfolgsstrategien der großen amerikanischen Stiftungsfonds umsetzen.

Vorsichtig und konservativ


Von spektakulären Renditen weit entfernt ist momentan manch deutsche Stiftung. Nach Zahlen des zuständigen Bundesverbands, in dem rund drei Viertel des Stiftungsvermögens hierzulande organisiert ist, haben es im vergangenen Jahr 28 Prozent der Stiftungen nicht geschafft, mit ihren Erträgen allein die Inflationsrate von 1,4 Prozent auszugleichen. Zu vorsichtig und zu konservativ ist vielerorts die Anlageaufstellung.

Das sei natürlich ein sehr verallgemeinernder Befund, sagt Felix Oldenburg, Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Stiftungen. "Die Stiftungslandschaft ist extrem vielfältig - auch in puncto Anlage." Es gebe die großen Player wie die VW-Stiftung, "deren Anlageperformance sich in manchen Jahren mit Yale und Co messen kann". Und dann seien da die vielen kleinen Stiftungen, deren investierbares Kapital sich nicht groß von dem eines vermögenden Privatanlegers unterscheide.

Fast 23.000 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts gibt es in Deutschland. Die größte Dichte findet sich im Süden der Republik. Kein Wunder, ist doch die Dichte an Vermögenden in dieser Region Deutschlands am höchsten. Die einen gründen Stiftungsfonds, um ihr Familienvermögen zu mehren, andere wiederum setzen ihr Kapital für wissenschaftliche oder soziale Zwecke ein. Beiden Gruppen ist gemein: Sie wollen stetige Kapitalerträge erzielen.

Speziell für die vielen kleineren Stiftungen, die mit ihrem Kapitalstock regelmäßig Erträge erwirtschaften müssen, ist es im Niedrigzinsumfeld schwer geworden. Einerseits wollen sie keine allzu großen Risiken eingehen, um das Stiftungs­kapital nicht zu gefährden. Andererseits brauchen sie ein Mindestmaß an Erträgen, wenn sie ihren Stiftungszweck erfüllen wollen. Das alles ist möglich, setzt aber voraus, dass Stiftungsvorstän­de sich mit dem Thema Kapitalanlage, mit ihren Anlagerichtlinien sowie Haftungsfragen auseinandersetzen.

Reformen auf dem Weg


"Bei vielen ist ein Transformationsprozess im Gange", berichtet Felix Oldenburg. Und der werde nun endlich auch von der Politik unterstützt. Im Frühjahr ist ein Referentenentwurf aus dem Justizministerium zur Stiftungsrechtsreform zu erwarten. Von dieser verspricht sich die Szene einen einheitlichen, modernen und transparenten Rechtsrahmen. Denn bisher ist das Stiftungsrecht wie auch die Stiftungsaufsicht regional zersplittert.

"Zudem gibt es aktuell keine eindeutigen Haftungsregeln", sagt Oldenburg. "Das lässt viele ehrenamtliche Stiftungsvorstände sehr vorsichtig agieren und vor riskanteren Anlageformen wie Aktien zurückschrecken." Doch die seien nötig, um auch künftig ausreichende Erträge zu erzielen.

In vielen Stiftungen ist diese Botschaft angekommen. "Unsere Kunden fragen verstärkt Aktienlösungen nach", berichtet Daniel Kerbach, Chefanlagestratege bei der Privatbank Merck Finck. Das Geldhaus mit Stammsitz in München bietet umfangreiche Dienstleistungen für Stiftungen, von der Beratung bis hin zur Kapitalverwaltung. Rund eine Milliarde Euro an Vermögen managen die Privatbanker in diesem Bereich.

Daneben betreiben die Münchner seit 2007 auch eine eigene Stiftung. In dieser werden mittlerweile 18 Millionen Euro verwaltet. Mit dem erwirtschafteten Überschuss sowie Spenden werden zahlreiche Projekte in Bildung und Erziehung sowie Jugend- und Altenhilfe gefördert.

Kunden, deren Mittel für ein individuelles Stiftungsmanagement nicht ausreichen, können bei Merck Finck auch auf eine standardisierte Lösung zugreifen: einen sogenannten Stiftungsfonds. Der ist seit fast 30 Jahren auf dem Markt und damit das älteste Portfolio mit dieser Ausrichtung (siehe Investor-Info unten). "Die grundsätzliche Anlageverteilung dort findet sich inzwischen auch in vielen unserer individuellen Kundenmandate wieder", sagt Kerbach.

Neben dem Produkt von Merck Finck gibt es mittlerweile an die 40 weitere Stiftungsfonds auf dem Markt. Bei den meisten handelt es sich um defensive Mischfonds, die auf Anleihen und zum kleineren Teil auf Aktien setzen. Eine verbindliche Definition des Begriffs "Stiftungsfonds" gibt es aber nicht, ebenso keine Vorgaben zum Anlagestil. Felix Oldenburg vom Bundesverband Deutscher Stiftungen spricht denn auch von einem Marketingbegriff bei diesen Portfolios. "Sie passen nicht unbedingt besser zu den Bedürfnissen einer Stiftung als andere Fonds."

Sie können aber passen - und das in vielen Fällen auch zu den Bedürfnissen konservativ ausgerichteter Privatanleger. Wer dem Kapitalerhalt und einer guten Ausschüttungsrendite Priorität einräumt, fährt mit Stiftungsfonds nicht schlecht. Oft kommen diese Produkte auch mit günstigeren Gebühren daher als "normale" Mischfonds.

Deutliche Unterschiede


Wenig gemein haben diese Portfolios allerdings mit dem, was jenseits des Atlantiks als Stiftungsfonds bekannt ist. Ins Auge fallen vor allem jene der großen nordamerikanischen Universitäten. Die unterscheiden sich deutlich von deutschen Stiftungsfonds - bei der Vermögensaufteilung, der Rendite und der Größe. Ein gutes Dutzend Universitäten verwaltet in ihrem Stiftungsfonds mehr als zehn Milliarden Euro. Allein die fünf größten vereinen auf sich ein Vermögen von 142 Milliarden Euro. An der Spitze steht die Harvard University, die 36 Milliarden Euro ihr Eigen nennt.

Die Stiftungsfonds der US-Eliteunis machen aber nicht nur mit ihrer schieren Größe, sondern auch mit ihrer Wert­entwicklung von sich reden. Die fällt für das Fiskaljahr 2019, das im vergangenen Juni endete, mit 5,3 Prozent zwar geringer aus als der bisherige Durchschnitt, doch der bemerkens­werten Langfristrendite tut das keinen Abbruch: In den vergangenen zehn Jahren erwirtschafteten die Fonds im Schnitt jährlich ein Plus von 8,4 Prozent.

Sortiert man sie nach ihrer Größe, fällt auf, dass die größten Stiftungsfonds die höchsten Zuwächse liefern. Portfolios mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Dollar erzielten zwischen Juli 2018 und Juni 2019 eine Rendite von 5,9 Prozent, auf zehn Jahre gar 9,0 Prozent per annum. Sie spielen ihre Größe gekonnt aus und wagen sich in Bereiche, die weniger vermögenden Anlegern verschlossen bleiben: 43 Prozent ihres Geldes stecken in alternativen Investments. Dazu zählen die Bereiche Private Equity und Venture Capital, bei denen sich Geldgeber an Unternehmen beteiligen, die noch nicht börsennotiert und teils noch sehr klein sind. Gerade dieser Bereich hat sich gut entwickelt.

Regelmäßig werden die US-Eliteunis dank ihrer starken Performance in Sachen Geldanlage als leuchtendes Beispiel herangezogen. Vermögensverwalter wie David Swensen, seit 1985 Chef der Yale-Stiftung, genießen Kultstatus in der Finanzwelt. Gerade der hohe Anteil an Beteiligungskapital zeigt aber, dass die Strategien der Stiftungen nicht ohne Weiteres kopiert werden können.

Private Anleger können sich ihnen jedoch nähern. Liquide Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen lassen sich problemlos über aktiv gemanagte Portfolios oder ETFs ins eigene Depot inte­grieren. Und auch Spezialstrategien sind über Fonds verfügbar.

Außerbörsliche Beteiligungen an kleineren Unternehmen, die in den vergangenen Jahren einen starken Beitrag zum Wertzuwachs der US-Stiftungsfonds geleistet haben, können mit dem Xtrackers LPX Private Equity ETF ins Depot geholt werden. Der passive Fonds folgt einem Börsenindex, der die Aktien der 25 größten Private-Equity-Gesellschaften weltweit enthält. Auf diesem Weg lässt sich am Erfolg der Beteiligungskapitalbranche mitverdienen.

Grundpfeiler des Vermögens


Aktien spielen in den Portfolios der US-Eliteunis die zweitgrößte Rolle. Knapp ein Drittel ihres Vermögens haben sie in diese Anlageklasse investiert. Die Stiftungsfonds setzen dabei auf eine Mischung aus US-Titeln und Aktien aus anderen Staaten, die durchaus noch den Status eines Schwellenlandes haben können.

Der iShares Core S & P 500 folgt dem US-Leitindex, der die 500 größten Unternehmen des Landes enthält. Mit dem Lyxor Core Stoxx Europe 600 lassen sich die 600 wichtigsten europäischen Konzerne ins Depot holen. Und in die Industrieländer der Region Asien/Pazifik, allen voran Japan, steigen Anleger mit dem ComStage MSCI Pacific ein.

Um auch das Renditepotenzial von China und Co zu nutzen, sollten An­leger zusätzlich in Schwellenländer investieren. Der Amundi MSCI Emerging Markets enthält Aktien aus aufstrebenden Nationen Asiens und Südamerikas sowie aus Südafrika und Russland. In Sachwerte kann man mit kleineren Beträgen nicht immer problemlos einsteigen. Die großen US-Stiftungen investieren in Immobilien, Acker- und Waldland, Infrastrukturprojekte und Rohstoffe. Letztere allerdings lassen sich ohne Weiteres mithilfe eines ETFs ins Depot integrieren. Der ComStage Bloomberg Equal Weight Commodity ex-Agriculture bildet die Wertentwicklung eines Rohstoffkorbs ab, in dem die Sparten Energie, Industrie- und Edelmetalle vertreten sind.

In die anderen drei Bereiche können Anleger indirekt einsteigen, indem sie Aktien der entsprechenden Unternehmen kaufen. Für den Immobiliensektor gelingt das mit dem Xtrackers FTSE ­Developed Europe Real Estate ETF, der börsennotierte Immobiliengesellschaften aus Europa enthält. Dem Thema Forstinvestments können sich Investoren mit dem iShares Global Timber & Forestry nähern, der weltweit auf Aktien aus der Holzindustrie setzt. Den Bereich Infrastruktur decken Anleger mit dem iShares Global Infrastructure ab. Er folgt dem Kurs der 100 wichtigsten Infra­strukturunternehmen weltweit.

Weil in einem breit aufgestellten Vermögen festverzinsliche Wertpapiere nicht fehlen dürfen, ist außerdem ein ETF empfehlenswert, der diese Anlageklasse abdeckt. Der Xtrackers II Global Government Bond setzt auf Anleihen verlässlicher Staaten weltweit.

Anleger, die mithilfe der genannten ETFs die Strategien der großen US-Stiftungsfonds nachempfinden wollen, müssen sich bewusst sein, dass sie sich damit stark am Aktienmarkt engagieren - hohe Schwankungen inklusive. Für weniger Wagemutige, die dem Vorbild von Stiftungen folgen wollen, empfehlen sich die auf den vorangegangenen Seiten vorgestellten Fonds.



Investor-Info

Deutsche Stiftungen
Die Kleinen dominieren


Große Stiftungen wie die von Volkswagen, Bertelsmann oder Robert Bosch lassen jährlich beachtliche Summen in wissenschaftliche oder kulturelle Zwecke fließen. Deshalb ­stehen sie im Rampenlicht. Doch den Löwen­anteil bei den deutschen Stiftungen machen die kleineren Einrichtungen aus: Rund zwei Drittel davon verfügen über ein Stiftungs­kapital von weniger als einer Million Euro.

Merck Finck Stiftungsfonds UI
Das Urgestein


Dieses Jahr wird der Merck Finck Stiftungsfonds 30 Jahre alt und ist damit der älteste Ver­treter seiner Art in Deutschland. Im Kern handelt es sich um einen konservativen auf Europa fokussierten Mischfonds mit maximal 30-prozentigem Aktienanteil. Investiert wird vor allem in Substanztitel, die regelmäßige ­attraktive Ausschüttungen bieten. Die an­gestrebte Dividendenrendite liegt zwischen zwei und drei Prozent. Die Unternehmen werden auch auf Nachhaltigkeit durchleuchtet.

Terrassisi Aktien
Rendite, ethisch gefiltert


Dieser Fonds trägt nicht den Bestandteil "Stiftung" im Namen. Er ist aber bestens für solche Einrichtungen geeignet, um den Bereich Aktien abzudecken. Das Portfolio investiert weltweit in Anteilscheine von Unternehmen, die stark auf Umwelt- und Sozialaspekte achten. Einen zusätzlichen ethischen Filter bilden die Grundsätze des Franziskaner­ordens. Der Fonds bietet eine gute Kombi­nation aus ethisch-ökologischen Kriterien und renditestarkem Investment.

Stiftungen Deutschland/USA
Der große Unterschied


Wie in Deutschland haben auch in den USA Stiftungen eine lange Tradition. Und hier wie dort ist ihre Zahl seit den 90er-Jahren stark gestiegen. Charakteristisch für das amerikanische Stiftungswesen ist das jährliche Ausschüttungsgebot in Höhe von fünf Prozent. Die straffen gesetzlichen Vorgaben ziehen bei den US-Stiftungen eine offensivere Anlagepolitik nach sich, was sich in höheren Aktienquoten widerspiegelt. Das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht kennt hingegen kein Ausschüttungsgebot. Aufgrund der niedrigen Aktienquoten gibt es hierzulande oft Pro­bleme beim realen Kapitalerhalt.

Acatis Fair Value Modulor
Nachhaltige Vielfalt


Gestartet ist der Acatis Fair Value Modulor 2007 (unter anderem Namen) mit der Absicht, die Strategie von US-Stiftungsfonds nachzuahmen. Dieses Ziel wurde 2012 aufgegeben, seither setzt der Fonds auf nachhaltige Geldanlage. Der Wertentwicklung hat das gutgetan. Auf Sicht von fünf Jahren zählt das Portfolio zum besten Viertel der flexiblen Mischfonds, auf Zwölfmonatssicht gar zum besten Zehntel. Fondsmanager Hendrik Leber achtet auf eine breite Streuung und investiert nicht nur in Aktien und Anleihen, sondern mischt auch ausgefallenere Vermögenswerte wie Rohstoffe oder Private Equity bei.