Der Energiebedarf eines Dorfs war früher leicht zu ermitteln: Landwirtschaftliche Geräte wie Melkanlagen und Haushalte nutzten das Netz, sonst passierte nicht viel. Weshalb viele kleine Orte lediglich mit einer Stichleitung ans Stromnetz angeschlossen waren. Die alte Welt war einfach. In der neuen Welt, in der sich Deutschland an der Umstellung von konventioneller auf erneuerbare Energie versucht, produzieren Landwirte auch Strom. Sie speisen Solar- und Wind­energie ins Netz, manche betreiben eine Biomasse­anlage.

Weil die Einspeisung je nach Wetter schwankt, sind die Netzbetreiber gefordert. Eine einfache Stichleitung reicht nicht mehr aus, es müssen neue, aufwendigere Leitungen her.

Oft genüge es allerdings auch, das bestehende Netz intelligent zu managen, erklärt Karsten Pierschke, bei PSI Software zuständig für Investoren, auf dem Equity Forum in Frankfurt gegenüber €uro am Sonntag. Mit einer Software des Berliner Unternehmens können die Versorger die Anpassung an die neue Welt kostengünstiger gestalten.

Das gilt für ländliche, aber auch für städtische Netze. Wenn dort am Abend der Strombedarf von vier Eigenheimen in einen Tesla geladen wird, fordert das die Stadtwerke heraus. PSI Software prognostiziert Energiebedarf sowie Menge der Einspeisung und regelt die Überlast.

Wandel fast abgeschlossen


Damit besetzt PSI eine Nische. In Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg hat die Firma rund 90 Prozent Marktanteil. Der Industriekonzern Siemens scheiterte Ende 2018 mit einem Konkurrenzprodukt. Zu teuer und komplex war das Unterfangen für den Technik­riesen Siemens.

Den technologischen Vorsprung hat der Winzling (Jahres­umsatz knapp 200 Millionen Euro) ­einer rund zehn Jahre ­zurückliegenden Entscheidung zu verdanken: PSI-Chef Harald Schrimpf setzte die Umstellung von einem reinen Projekthaus auf Eigenentwicklungen durch. Dafür nahm er auch eine mehrjährige Wachstumsdelle in Kauf. Basis für den Wandel ist eine Java-­Plattform, auf die die Produkte bis 2022 sukzessive umgezogen werden. Das entlastet intern und schafft neue Kapazitäten - gut für die Profitabilität von PSI.

Doch die Rechnung geht bereits heute auf: Im zweiten PSI-Segment, das Steuerungssyste­me für Logistik sowie Industrieanlagen vor allem für die Stahl- und Automobilbranche entwickelt, ist die Marge dank Plattform deutlich gestiegen. Von der Krise in beiden Branchen spürt PSI bislang wenig. Der Auftragseingang stieg im ersten Halbjahr um fünf Prozent auf den neuen Rekordwert von 142 Millionen Euro. Der Bestand lag damit nach den ersten sechs Monaten bei 171 Millionen Euro.

Am Jahresende drückt zudem ein zu Jahresbeginn getätigter Zukauf im Energiesegment nicht mehr auf die Bilanz. Im dritten Quartal sollen die Inte­grationskosten nach 1,8 Millionen Euro im ersten Halbjahr auf etwa 300.000 Euro schrumpfen und dann bei null liegen.

Das gibt Kraft für die Expansion. PSI will in Südostasien, in Russland, dem Oman und in den USA Fuß fassen. Zwei Energie­systeme sind bereits an Kommunen in Texas verkauft.

Investor-Info

PSI Software
Energie in der Bilanz


Im laufenden Jahr will PSI den Umsatz und den operativen Gewinn um je zehn Prozent steigern. Das würde 220 Millionen Euro an ­Erträgen und ein Ergebnis von 17 Millionen Euro bedeuten. Nach überdurchschnittlichem Wachstum im ersten Halbjahr ist es gut ­möglich, dass das Berliner Unternehmen die ­eigene Prognose übertrifft. Anleger wappnen sich mit dem eher defensiven Titel zudem ­gegen konjunkturelle Eintrübungen. Auch die Bewertung lässt Luft nach oben. Attraktiv.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 20,00 Euro
Stoppkurs: 14,60 Euro