Sei es der russische Dopingskandal, die Mängel im Athletendorf oder die schlechte Wasserqualität in der Guanabara-Bucht, dem Ort der Segelwettbewerbe: Vor ihrem Beginn lieferten die Olympischen Sommerspiele von Rio de Janeiro viele Negativschlagzeilen. Doch das soll sich ändern, wenn am 5. August im legendären Maracanã-Stadion die Eröffnungsfeier über die Bühne geht. Ihr Highlight erleben die Spiele neun Tage später. Am 14. August bestreiten die Sprinter das 100-Meter-Finale. 60 000 Besucher im Olympiastadion von Rio sowie weltweit Hunderte Millionen an den Fernsehschirmen könnten dann erleben, wie ein Jamaikaner Geschichte schreibt. Geht Usain Bolt als Erster durchs Ziel, würde er sich nach Peking 2008 und London 2012 das dritte Mal in Folge die Goldmedaille in der Königsdisziplin der Leichtathletik sichern.

Zu den ersten Gratulanten dürfte dann Björn Gulden zählen. Bolt ist die zentrale Werbefigur von Puma, weshalb der Chef des Sportartikelkonzerns beim Rennen vor Ort mitfiebern wird. Schafft der knapp 30-Jährige das Triple, soll der historische Triumph möglichst stark auf die Herzogenauracher abstrahlen und die Umsätze anschieben. Puma selbst hat in den vergangenen Jahren Sprinterqualitäten verloren. Steigende Kosten und eine schwindende Begeisterung für das Raubkatzenlogo bremsten das Unternehmen aus. Allmählich macht sich aber der von Gulden - der Norweger sitzt seit gut drei Jahren auf dem Chefsessel - angestoßene Strategieschwenk bezahlt. Das zeigen die Zahlen für das zweite Quartal.

Währungsbereinigt verbuchte Puma ein Umsatzwachstum von 12,8 Prozent auf 826,5 Millionen Euro. Während unterm Strich im Vorjahreszeitraum noch ein Minus von mehr als drei Millionen Euro stand, verdiente Puma nun 1,6 Millionen Euro. Sowohl beim Umsatz als auch beim Profit lagen die Mittelfranken damit über den Analystenschätzungen. "Wir sind mit der Entwicklung im zweiten Quartal 2016 sehr zufrieden", kommentierte Björn Gulden das Zahlenwerk. Mit Blick auf das Gesamtjahr hält er an der Prognose fest. Unter anderem sollen die Umsätze im hohen einstelligen Prozentbereich vorankommen und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) zwischen 115 und 125 Millionen Euro landen. Erreicht Puma den oberen Rand dieser Spanne, würde das ein Wachstum von 30 Prozent bedeuten.



Rückenwind kommt nicht nur durch die Olympischen Spiele. Schon die Fußball-Europameisterschaft spielte Puma in die Hände. Beim Turnier in Frankreich liefen fünf Mannschaften, darunter der deutsche Viertelfinalgegner Italien, in Puma-Trikots auf. Gulden verlässt sich aber nicht allein auf die globalen Sportereignisse, sondern setzt darüber hinaus auf die Sogwirkung von Rihanna. Mit eigenen Schuhkollektionen des Popstars aus Barbados buhlt Puma weltweit um mode- und fitnessbewusste Frauen. "Die Kooperation mit Rihanna erhöht die Medienberichterstattung und die Wahrnehmung", sagt Jürgen Kolb, Analyst bei KeplerCheuvreux. Seiner Ansicht nach kommen die neuen Puma-Produkte generell bei der Kundschaft gut an. Daher hält der Experte Guldens Plan zur Wiederbelebung der Marke für intakt.

Natürlich müssen sich die kostspieligen Kooperationen mit den Großen der Sport- und Show-Welt möglichst bald in Form steigender Gewinne bezahlt machen. Hier hinkt Puma der Konkurrenz hinterher. Das gilt auch und gerade im Vergleich zu Adidas. Der Herzogenauracher Puma-Nachbar präsentiert sich in Topform. Nachdem sich der Überschuss im zweiten Quartal verdoppelt hatte, erhöhte Vorstandschef Herbert Hainer zum vierten Mal die Prognose. Er traut Adidas 2016 beim Gewinn nun das Erreichen der Milliardenschwelle zu. Nach seiner mehr als 15-jährigen Amtszeit übergibt Hainer das Zepter Ende September an den bisherigen Henkel-Chef Kasper Rorsted. Der Niederbayer strotzt vor Optimismus: "Wir sind äußerst zuversichtlich, dass die starke Dynamik unserer Marken rund um den Globus in der zweiten Jahreshälfte 2016 und auch darüber hinaus anhalten wird." Die Börse ist begeistert, seit Monaten läuft die Adidas-Aktie im Sprintmodus.

Strauchelnder Branchenprimus



Nike konnte dieses Tempo zuletzt nicht mehr mitgehen. Der weltgrößte Sportartikelhersteller vergraulte die Anleger mit enttäuschenden Quartalszahlen. Neben Adidas setzt die aufstrebende Firma Under Armour dem Branchenprimus auf dem heimischen US-Markt zu. Gerade im Vergleich zu den Platzhirschen Nike und Adidas ist Puma eine klassische Turnaround-Wette. Bleibt Gulden seiner Linie treu, dürfte der Konzern nach und nach sein Renditeniveau nach oben schrauben. Anleger sollten allerdings nicht auf den schnellen Kurssprint setzen, sondern die nötige Ausdauer mitbringen. Der Anfang ist gemacht: Gerade ist die Puma-Aktie aus dem seit 2012 anhaltenden Abwärtstrend ausgebrochen. Nicht nur das operative und kurstechnische Momentum spricht für das SDAX-Mitglied. Hinzu kommt eine latente Übernahmefantasie. Bereits seit 2007 gehört das Unternehmen mehrheitlich zum Luxusgüterkonzern -Kering. Gerüchte, wonach sich die Franzosen von ihrer Puma-Beteiligung trennen könnten, tauchen an den Märkten immer wieder auf.

Zunächst gilt die gesamte Aufmerksamkeit jedoch den Olympioniken um Superstar Usain Bolt. Selbst wenn der Jamaikaner seine Laufschuhe nach den Spielen an den Nagel hängt, möchte Björn Gulden weiterhin mit ihm zusammenarbeiten. "Usain ist Teil der Puma-Familie", betont der Vorstandschef. Für den Fall des Karriereendes hätte Bolt mehr Zeit für die Produktentwicklung und könnte sogar eine geschäftliche Rolle bei dem Konzern übernehmen. Kurzum: Puma kann wohl über die Wettkämpfe von Rio hinaus auf den Glanz dieses Weltstars zählen.