Kapitulation an der Zinsfront! Nachdem US-Notenbankchef Jerome Powell vorgeprescht war, gab nun auch Mario Draghi, der Präsident der Europäischem Zentralbank EZB, den Plan auf, an der Zinsschraube zu drehen. Passiert nichts Außergewöhnliches, ist die Zinswende damit bis auf Weiteres abgesagt. Passend dazu ist laut Bank of America Merrill Lynch die Summe der negativ verzinsten Anleihen zwischen Oktober 2018 und Februar 2019 weltweit um 2500 Milliarden auf 8300 Milliarden Dollar gestiegen. Zinssparer schauen somit weiter in die Röhre.

Doch zum Glück finden sich an den Börsen attraktive Alternativen. So lassen sich etwa regelmäßige Einkünfte mit Real Estate Investment Trusts (REIT) generieren. Dabei handelt es sich um börsennotierte Unternehmen, die ihre Erlöse überwiegend aus der Bewirtschaftung von Immobilien erzielen und für die spezielle strukturelle und steuerliche Bedingungen gelten.

So versteuern die REITs ihre erwirtschafteten Gewinne nicht selbst. Stattdessen zahlen ihre Aktionäre Steuern auf die Dividenden, die sie kassiert haben. Im Normalfall sind das bei deutschen Unternehmen nach Ausschöpfung des Freibetrags 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls Kirchensteuer. Bei Auslands-REITs sind steuerliche Sonderbehandlungen nicht ausgeschlossen, etwa wegen unterschiedlicher Quellensteuersätze. Deshalb ist es ratsam, vor einem Einstieg einen erfahrenen Steuerberater zurate zu ziehen, um Überraschungen zu vermeiden.

Für REITs in Deutschland gilt die gesetzliche Vorgabe, mindestens 90 Prozent der Gewinne an die Anleger auszuschütten. Außerdem müssen sich mindestens 25 Prozent der Aktien eines REITs im Streubesitz befinden. Darüber hinaus müssen sie zum Jahresende eine Eigenkapitalquote von 45 Prozent des Immobilienvermögens aufweisen können.

Dieses Anlagevehikel gibt es in den USA schon seit den 60er-Jahren, in Deutschland aber erst seit 2007. Global gesehen existieren derartige Firmenstrukturen in 38 Ländern. Für Anleger sieht der Vermögensverwalter Lazard Asset Management vier Faktoren als potenzielle Pluspunkte von REITs. Erstens versprechen sie aufgrund der zugrunde liegenden Immobilienleasingverträge und der Verpflichtung, mindestens 90 Prozent des zu versteuernden Gewinns abzuführen, attraktive und konstante Erträge. Zweitens wiesen Immobilien in der Vergangenheit eine geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen auf, was zu einer verbesserten Diversifikation führt.

Drittens sind die REIT-Dividenden in der Vergangenheit - zumindest in den USA - schneller gestiegen als die Inflation, da ein stärkeres Wirtschaftswachstum die Nachfrage nach Immobilien erhöht. Folglich taugen REITs zur Inflationsabsicherung. Viertens erzielten REITs seit ihrer Einführung über längere Zeiträume hinweg eine bessere Performance als Aktien und Anleihen. Sie lieferten folglich attraktive Gesamtrenditen ab. Letzteres bestätigen Daten des US-Branchenverbands National Association of Real Estate Investment Trusts (Nareit). Demnach kam der Index FTSE Nareit All Equity REITs von 1972 bis Ende Januar 2019 auf ein Plus von 11,73 Prozent per annum. Die Marktkapitalisierung der im Index darin enthaltenen Werte belief sich am 31. Januar auf 1,087 Billionen Dollar.

Investments in REITs gelten besonders in Zeiten niedriger Zinsen als attraktiv. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht auch in Phasen mit steigenden Zinsen gut abschneiden können. Laut Untersuchungen von Nareit schlugen sich Aktien-REITs oft sogar besser als der S & P-500-Index.

Die Experten erklären das damit, dass die Zinsen oft dann steigen, wenn das Wirtschaftswachstum anzieht. Letzteres ist ein guter Nährboden für steigende Gewinne bei den REITs und damit für die Dividendenzahlungen. Vermutlich wäre die starke Langfrist-Performance sonst auch nicht zu erzielen gewesen.

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Stabile Erträge dank Dividende


Zum aktuellen Marktumfeld passen REITs dank ihrer im Schnitt überdurchschnittlichen Dividendenrenditen gut. Die Wertentwicklung in diesem Jahr überzeugt, das Segment erfährt verstärktes Anlegerinteresse. So baut etwa die Schweizer Bank Julius Bär langsam Kernpositionen in dieser Anlageklasse auf. Das Ziel ist, verlässliche Erträge zu erwirtschaften und so die Portfoliorendite in den nächsten Jahren zu erhöhen.

Sicherlich spielen Dividendenüberlegungen dabei eine Rolle. Denn laut Nareit warf der FTSE Nareit All REITs Index Ende Januar eine Dividendenrendite von 4,3 Prozent ab, der FTSE Nareit All Equity REITs kam auf eine Dividendenrendite von 3,91 Prozent. Der S & P 500 Index brachte es nur auf 2,08 Prozent. Der US-Kurszettel bietet die größte Auswahl an Kaufkandidaten.

Leider sind die Bewertungen dort oft nicht gerade günstig. Bei Prologis etwa bewegt sich der Kurs über dem Nettoinventarwert je Aktie, der für 2019 auf knapp 64 Dollar geschätzt wird. Der in 19 Ländern aktive Betreiber von Logistikimmobilien hat dank Fokussierung auf Barriere- und Wachstumsmärkte aber bis zu einem gewissen Grad auch eine Prämie verdient. Zumindest so lange, wie der zunehmende Onlinehandel für eine steigende Nachfrage nach Lagerflächen sorgt. Der Chart gibt mit neuen Kursrekorden grünes Licht bei dem S & P-500-Index-Mitglied.

Eine besondere Stellung im REIT-Segment hat American Tower. Das Unternehmen betreibt in 17 Ländern Anlagen für die Drahtloskommunikation, wie etwa Sendemasten, und profitiert dadurch von der global steigenden Nachfrage nach mobilen Daten. Analysten sehen den Gewinn je Aktie in den nächsten fünf Jahren im Schnitt um fast 20 Prozent per annum steigen. Das Geschäftsmodell stützt sich auch auf die erreichten Größenvorteile sowie auf die hohen Wechselkosten auf Kundenebene. Der Aktienkurs entwickelt sich bei dem im S & P 500 Index enthaltenen Konzern seit dem vierten Quartal traumhaft. Analysten prognostizieren, dass die Dividende von 2018 bis 2023 von 3,15 auf 6,76 Dollar steigen wird.

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Dividendenrendite fast auf KGV-Niveau


Bei REITs mit Deutschland-Bezug sticht Deutsche Konsum REIT (DKR) heraus. Die Potsdamer investieren hierzulande in Einzelhandelsimmobilien, etwa Getränke- oder Supermärkte, und zwar in Einkaufszentren abseits der großen Metropolen. Für das erste Quartal im Geschäftsjahr 2018/19 meldete man jüngst eine Verbesserung beim operativen Gewinn von 3,4 Millionen auf 6,3 Millionen Euro. Auffallend ist hier eine Anomalie: Analysten erwarten von 2018 bis 2021 einen Gewinnanstieg von 1,15 auf 2,43 Euro je Aktie. Daraus ergibt sich für 2021 ein KGV von 5,14. Die Dividendenschätzung geht im genannten Zeitraum von einer Anhebung der Ausschüttung von 0,20 auf 0,60 Euro je Anteilschein aus. Daraus errechnet sich mit 4,8 Prozent für 2021 eine Dividendenrendite, die nur leicht unter dem KGV liegt.

Eine vergleichbare Bewertungsanomalie ist bei Dream Global REIT zu beobachten. Das kanadische Unternehmen investiert in Büroimmobilien in Deutschland, Österreich, Belgien und den Niederlanden. Die Analystenprognosen gehen davon aus, dass die Dividende von 2018 bis 2022 von 0,80 auf 0,96 Kanada-Dollar zulegen wird. Basierend auf der letztgenannten Schätzung ergibt sich eine Rendite von 7,0 Prozent. Bei einem für 2022 erwarteten Ergebnis je Aktie von 1,65 Kanada-Dollar steht dem ein nur etwas höheres KGV von 8,3 gegenüber. Der Betreiber von Büroimmobilien hat seine Wurzeln zwar in Kanada, die Aktie ist aber nicht nur in Toronto an der Börse notiert, sondern auch in Frankfurt. Der sogenannte EPRA NNNAV, der den Nettovermögenswert unter Berücksichtigung aktueller Marktwerte für Vermögen und Schulden darstellt, lag bei Dream Global REIT Ende 2018 bei 9,34 Euro je Aktie und damit leicht über dem aktuellen Kurs.

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Auf einen Blick: REITs


In Deutschland ist das Angebot an REITs überschaubar. In den USA gibt es die Vehikel dagegen schon seit fast 60 Jahren. Entsprechend existiert für US-REITs auch reichlich Zahlenmaterial zu Wert- und Renditeentwicklung.