René Benko, der Mann, der "Deutschlands Kaufhauskönig" genannt wurde, kam 1977 in Innsbruck zur Welt. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater arbeitete für die Gaswerke und versuchte, sein Gehalt mit Fahrradreparaturen aufzubessern. Seine Mutter war Kindergärtnerin.

Schon als Teenager wollte Benko schnell und steil nach oben: Mit 14 wurde er Jugendstaatsmeister im Hallenklettern. Er war bereits mit 18 Jahren von zu Hause aus- und bei seiner damaligen Freundin eingezogen, als er den Innsbrucker Baumeister Hans Zittera kennenlernte, der bei ihm das Interesse an Immobilien weckte. Aus nicht genutzten Dachböden in bester Stadtlage machten sie teure Luxus-Apartments, und Benko lernte, wie man Wohnungen plant, baut, vermietet und verkauft. Er besuchte zwar noch das Wirtschaftsgymnasium, hatte aber zu viele Fehlzeiten, um zur Matura zugelassen zu werden. Er schmiss die Schule, was zu Hause zu einer Familienkrise führte.

Schon früh interessierte sich Benko für Medizin- und Gesundheitszentren. Er war gerade mal 19, als er den legendären Tiroler Wellness-Tempel "Lanserhof" erwarb. Die Besitzer brauchten Geld und veräußerten eine Kaufoption - Benko erwarb diese günstig und fand kurze Zeit später auch einen Abnehmer: Christian Harsch, den heutigen Miteigentümer des "Lanserhofs" und Chef des Luxus-Hotels "Schwarzer Adler" in Kitzbühel. Mit einem Schlag war Benko wohlhabend - er hatte es zum Schilling-Millionär gebracht!

Im Jahr 2000 gründete Benko seine Firma Immofina, später in Signa Holding umbenannt. Es gelang ihm, Reiche und Prominente von seinen Geschäftsideen zu überzeugen. Benko kaufte zu und baute neu. Fast wie im Rausch. Zunächst Praxiszentren für Ärzte, und 2004 machte er mit einem Coup auf sich aufmerksam, als er das heruntergewirtschaftete Innsbrucker Traditionskaufhaus Tyrol übernahm. Das vom britischen Stararchitekten David Chipperfield entworfene Kaufhaus mit 49 Shops auf einer Verkaufsfläche von 33 000 Quadratmetern steht an einer Prachtstraße mitten in der City zwischen Barock- und Rokokobauten und ist heute ein Publikumsmagnet. Das war "mein Gesellenstück", wie Benko diesen Deal gern nennt.

Als seine Projekte immer größere Dimensionen annahmen, musste er einen neuen, zahlungskräftigen Miteigentümer finden. Benko hatte bei einer Veranstaltung der HSH Nordbank in Hamburg den 24 Jahre älteren griechischen Reeder George Economou, Besitzer einer der weltgrößten Tankerflotten, kennengelernt und als 50-Prozent-Investor für die Signa Holding gewonnen. Ein Geldgeber mit zweifelhaftem Leumund, wie später auch die in Geldwäsche verwickelte Schweizer Falcon Bank, eine Tochter des Staatsfonds von Abu Dhabi. Und nicht zu vergessen der israelische Diamantenhändler und Milliardär Beny Steinmetz, der Benkos Karstadt-Deal mitfinanzierte und 2021 wegen Korruption zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Seine zwielichtigen Partner ist Benko inzwischen losgeworden.

Was macht Benko so erfolgreich? "Wir sind schneller als börsennotierte Firmen und Fonds", so seine Erklärung. "Bis die entschieden haben, haben wir schon gekauft". Ein Beispiel dafür ist der Kauf des "Goldenen Quartiers" im Herzen der Wiener Innenstadt, ein Geschäftsviertel mit unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden. 2007, Benko war gerade 30, übernahm er das "Goldene Quartier" von zwei Banken, die angesichts der sich abzeichnenden Finanzkrise dringend Geld brauchten. Während die anderen Bieter die Banken als Mieter behalten wollten, erkannte Benko den wahren Deal: Er bot den Banken Geld, wenn sie ausziehen würden. "Für 270 Millionen Euro erhält er den Zuschlag, für 200 Millionen Euro lässt er die zwei Häuser renovieren", rechnete das Wirtschaftsmagazin "Capital" nach. Heute nähert sich der Wert der Immobilien der Milliardengrenze.

"Denke nicht groß, sondern größer"

Was ist Benkos Erfolgsgeheimnis? "Es ist nicht nur Talent, sondern auch die Konsequenz(!), hart zu arbeiten, nicht aufzugeben, den Weg nicht zu verlassen und mehr zu bewegen und zu leisten, als es andere tun wollen", sagt er. Sein Lebensmotto: "Don’t think big, think bigger." Aufgeben? Für Benko unmöglich. Der Tycoon, meist mit lässigem Dreitagebart und offenem Hemdkragen, wird von der österreichischen Presse "Goldjunge mit Pokerface" genannt. Er gilt als höflich und spitzbübisch charmant. Er schare gezielt Prominente um sich, sagen Wegbegleiter.

Benko habe ein Gespür für Opportunitäten, so Roland Berger, das Urgestein der deutschen Management-Berater, über den Selfmademan Benko. Und: "Wenn er an etwas glaubt, dann arbeitet er unglaublich hart daran. Er kennt jedes Projekt bis ins letzte Detail. Wenn Sie ihn fragen, wie viele Quadratmeter der Elbtower in der Hamburger Hafencity für die Büronutzung haben wird, dann weiß er das".

Benkos Fleiß ist legendär. Für die Droge Erfolg arbeite der Mann wie eine Maschine, erzählen Vertraute. Sieben Tage die Woche, oft 18 Stunden am Stück. Er steht nach eigenen Angaben um halb fünf auf und arbeitet bis kurz vor Mitternacht. Jeden Tag wird früh eine Stunde gelaufen, egal wie spät es am Abend war. Hobbys? Dicke Zigarren und guter Rotwein. Die Übernahme der kriselnden deutschen Warenhaus-Ikone Karstadt 2014 machte Benko weit über die Grenzen Österreichs hinaus berühmt. Es gelang ihm mithilfe des Ex-Rewe-Chefs Stephan Fanderl und mit einem harten Sparkurs, Karstadt nach drei Jahren zunächst wieder in die Gewinnzone zu führen.

Da arbeitete er schon an seinem nächsten Coup: Unter dem Projektnamen "K2" übernahm er die Warenhauskette Galeria Kaufhof und fusionierte sie mit Karstadt zum größten Warenhausbetreiber Europas. "Kaufhaus-König von Deutschland" wurde er genannt. "Die Namen Karstadt und Kaufhof sind in Deutschland starke Marken - mit hoher Emotionalität und noch immer lebendiger Nostalgie verbunden", erklärt Unternehmensberater Roland Berger.

2020 erweiterte Benko sein Warenhausportfolio. Zusammen mit der thailändischen Central Group übernahm er die Schweizer Warenhauskette Globus sowie acht Immobilien zu gleichen Teilen. Die beiden Partner bezahlten dafür knapp eine Milliarde Euro. Einige der Globus-Teile stieß er allerdings vier Monate später wieder ab.

Sein Privatleben schirmt der Vater von vier Kindern ab. Und auf dem Society-Parkett tanzt er selten. Mit seiner zweiten Frau, dem Ex-Model Nathalie Sterchele, wohnt er in Innsbruck und Wien, er besitzt eine Villa in Sirmione am Gardasee, schippert auf seiner 67-Meter-Yacht "Roma", besitzt einen Privatjet und hat eine Jagd im Karwendelgebiet gepachtet.

Roland Berger stellte schon mal die rhetorische Frage, ob Benko der Jeff Bezos Europas werden könne. Seine Antwort: "Zuzutrauen wäre es ihm."