Die Insolvenz der Berliner Fluggesellschaft Germania beschleunigt den Konsolidierungsprozess unter den europäischen Airlines. Am Donnerstag stellte der britische Reisekonzern Thomas Cook sein Airlinegeschäft zum Verkauf, zu dem auch die deutsche Condor gehört. Während Reiseveranstalter wie Thomas Cook oder TUI mit Gewinnerosion kämpfen, leiden Airlines unter Überkapazitäten, niedrigen Ticketpreisen und hohen Kosten. Erst am Montag hatte der europäische Billigmarktführer Ryanair tiefrote Zahlen veröffentlicht.

Billigflieger-Preiskampf



In den vergangenen eineinhalb Jahren hatte eine ganze Reihe mittlerer und kleinerer Fluggesellschaften die Flügel gestreckt - neben den deutschen Carriern Air Berlin und Small Planet etwa die britischen Airlines Monarch und Cello, Cobalt aus Zypern und der dänische Betreiber Primera Air. Germania hatte zu Wochenbeginn Insolvenz angemeldet.

Auch den Großen wie Ryanair macht der harte Preiskampf im Billigflugmarkt zu schaffen. Vorstandschef Michael O’Leary rechnet damit, dass es zu weiteren Marktbereinigungen unter den europäischen Airlines kommt. Ryanair wolle dabei selbst eine aktive Rolle übernehmen, kündigte O’Leary an - auch wenn die Iren derzeit nur kleinere Deals im Auge haben.

Als Dauerübernahmekandidat gilt die trudelnde norwegische Airline Norwegian, die gerade per Kapitalerhöhung 300 Millionen Euro einsammelt. Norwegian ist einer der am aggressivsten wachsenden Billigflieger und Pionier auf der Langstrecke, fuhr aber gerade einen Jahresverlust von 390 Millionen Euro ein. Im April vergangenen Jahres hatte der britische Luftfahrtkonzern IAG (British Airways, Iberia, Vueling, Aer Lingus) bereits einen Übernahmeversuch gestartet.

IAG hat allerdings die Offerte inzwischen wieder abgeblasen, nachdem Norwegian-Gründer, Großaktionär und Chef Björn Kjos sich quergestellt hatte. Doch nun sitzen Kjos die Großinvestoren im Nacken, die die Kapitalerhöhung mittragen.

In Branchenkreisen gelten derzeit Ryanair und Lufthansa als potenzielle Käufer. Die Kranichlinie hatte bereits im vergangenen Jahr Interesse an Norwegian bekundet, fokussiert sich derzeit aber auf die insolvente italienische Fluggesellschaft Alitalia.

Dennoch wäre Norwegian für Lufthansa eine willkommene Ergänzung zu ihrer Billiglinie -Eurowings. Ryanair wiederum könnte mit Norwegian nicht nur Marktanteile ausbauen, sondern auch zu mehr Kosteneffizienz kommen.

Airline-Experten wie Daniel Röska von Bernstein Research sehen die Luftfahrt generell am Ende eines längerfristigen Booms, der 2009 begonnen hat. Der Angebotsüberhang und die Überkapazitäten würden bis auf Weiteres bleiben, da der Konsolidierungsprozess eher langsam voranschreitet. Weiter steigende Kosten und begrenzte Infrastruktur im Luftverkehr (Fluglotsen, Bodenpersonal) erhöhen zusätzlich den Druck. In diesem Szenario sieht Röska etablierte, breiter aufgestellte Airlines wie Lufthansa in einem Vorteil vor reinen Billiganbietern, denen - wie Ryanair - vor allem ein starker Lohnkostenanstieg bevorsteht.

Ryanair-Chef O’Leary wiederum rechnet nicht mit einer Erholung an der Preisfront. "Im Gegensatz zu einigen Wettbewerbern glauben wir nicht daran, dass die Ticketpreise im Sommer 2019 wieder steigen werden", sagt O’Leary.