Scholz kündigte an, dass die SPD ein "Zukunftsprogramm" für die 2020er Jahre vorlegen werde. Nach Angaben Eskens ist die Entscheidung für eine Kanzlerkandidatur von Scholz bereits vor einem Monat gefallen. Die SPD-Gremien stimmten dem Vorschlag der beiden Parteichefs am Montag einstimmig zu. Scholz betonte, dass die SPD nur mit Geschlossenheit einen Wahlsieg erringen könne. "Nur wenn alle hinter dem Spitzenkandidaten stehen, kann man auch erfolgreich sein", mahnte er mit Blick auf parteiinternen Streit in den Wahlkämpfen 2013 und 2017. Die SPD sei jetzt aber geschlossen, das Programm werde weder dem Kandidaten übergestülpt noch diktiere dieser das Programm, sagte Walter-Borjans. Die SPD-Chefs begründeten die Nominierung von Scholz vor allem mit dessen Erfahrenheit und Solidität. "Olaf hat den Kanzler-Wumms", äußerte Esken in einer Twitter-Mitteilung.

Während die SPD Zustimmung von Grünen und Linken für ihre Nominierung bekam, äußerte sich CSU-Chef Markus Söder sehr kritisch. "Über ein Jahr Dauerwahlkampf würde die Zusammenarbeit in der Groko deutlich erschweren", twitterte er. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak warf der SPD in einem internen Schreiben ebenfalls vor, zu früh mit dem Wahlkampf beginnen zu wollen. Zudem sei Scholz ein Gegner eines rot-rot-grünen Bündnisses. "Die SPD bleibt ihrem intensiven und schwankenden Selbstfindungskurs also treu", schrieb Ziemiak.

"Viel Spaß, Olaf Scholz, bei dieser Reise", sagte Grünen-Chef Robert Habeck, betonte aber ebenfalls, dass es für Wahlkampf zu früh sei. Linken-Fraktionschef Dietmar Barsch pochte auf einen politischen Kurswechsel für den Fall eines Bündnisses mit der SPD. "Große Steuerreform, nachhaltige Rentenreform, entschlossener Kampf gegen Kinderarmut wird nur mit einer starken Linkspartei, gern auch mit Olaf Scholz, funktionieren", erklärte er auf Twitter. FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich dagegen verwundert, dass die SPD-Spitze eine Regierung mit den Linken nicht ausgeschlossen habe. Aus der SPD gab es Zustimmung zur Nominierung von Scholz, etwa von Fraktionschef Rolf Mützenich und Altkanzler Gerhard Schröder.

SPD-SPITZE WILL KEINE KOALITIONSDEBATTE FÜHREN


Esken, Scholz und Walter-Borjans wiesen den Vorwurf eines frühen Wahlkampfbeginns zurück. Die SPD habe ihre Entscheidung im Gegenteil deshalb so früh getroffen, damit man nun nicht monatelang mit parteiinternen Debatten beschäftigt sei, sagten die SPD-Politiker übereinstimmend. Man könne sich nun wieder der Sach- und Regierungsarbeit widmen, während andere Parteien noch ihr künftiges Führungspersonal bestimmen müssten, sagte Scholz in Anspielung auf das offene Rennen um den CDU-Vorsitz und die Unions-Kanzlerkandidatur.

In Umfragen ist die SPD derzeit drittstärkste Kraft hinter Union und Grünen. Die Union hatte in der sogenannten Sonntagsfrage im ARD-Deutschlandtrend zuletzt 38 Prozent erreicht. Die Grünen kommen demnach auf 18 und die SPD auf 15 Prozent. Eine Mehrheit hätten deshalb derzeit nur eine erneute CDU/CSU-SPD-Koalition oder ein schwarz-grünes Bündnis. Ein am Wochenende diskutierte rot-rot-grüne Koalition hätte dagegen keine Mehrheit.

Das SPD-Führungstrio vermied am Montag eine Festlegung auf eine mögliche Konstellation. Allerdings schlossen sowohl Scholz als auch Walter-Borjans eine weitere Juniorpartnerschaft unter einem Unions-Kanzler aus. Die Möglichkeit einer rot-rot-grünen Koalition sei dagegen bereits seit 2013 Beschlusslage der SPD. Scholz betonte, man werde dafür kämpfen, so stark zu werden, dass andere Parteien auf die SPD zukommen müssten. Es liege an anderen, sich dann zu verändern, sagte er in Anspielung etwa auf die außen- und europapolitischen Positionen der Linkspartei.

Für sein Programm als Kanzlerkandidat nannte Scholz drei zentrale Punkte. Zum einen gehe es um Respekt, um gerechte Löhne und sichere Arbeitsplätze. Zudem sei es zentral, die Zukunft mit Blick etwa auf die Digitalisierung zu entwickeln und den Industriestandort Deutschland zu erhalten. Dritter Aspekt sei die Europapolitik. Er sei sehr froh, dass sich die EU-Mitgliedstaaten in der Corona-Krise solidarisch gezeigt hätten. Dies werde keine Einmal-Aktion bleiben. Deutschland trage hier eine besondere Verantwortung.

rtr