Sei es die Spielkonsole von Atari, das Plüschäffchen Monchhichi oder der Außerirdische E. T.: Aus den 80er-Jahren ist eine Vielzahl von Kultobjekten geblieben. Ohne Zweifel lässt sich die Aufzählung um die Swatch-Uhr erweitern. 1983 brachte Nicolas G. Hayek den Zeitmesser im Plastikgehäuse auf den Markt. Anstatt der damals üblichen 91 oder mehr Teile bestand er aus lediglich 51 Komponenten. Der 2010 verstorbene Vollblutunternehmer Hayek landete einen Volltreffer und legte damit den Grundstein für den Aufstieg seines Unternehmens zum größten Uhrenhersteller der Welt.

35 Jahre später deckt die Swatch Group das gesamte Spektrum ab. Die Produktpalette reicht von Luxusuhren wie Breguet oder Glashütte Original über die mittelpreisigen Tissot und Hamilton bis hin zur im Basissegment platzierten Swatch.

Pünktlich zum Jubiläum der Kultmarke lässt das Unternehmen auch an der Börse aufhorchen. Gegen den schwachen Markttrend legte die Swatch-Aktie im bisherigen Jahresverlauf um nahezu ein Zehntel zu.



Damit steht der Platzhirsch symptomatisch für die gesamte Schweizer Uhrenindustrie. Nach zwei Jahren im Rückwärtsgang kehrte der Sektor 2017 in die Wachstumsspur zurück (siehe "Auf einen Blick"). Bei der Lektüre des Swatch-Geschäftsberichts werden die entscheidenden Faktoren für die Trendwende deutlich. Während der Konzern als Ganzes 2017 ein Umsatzwachstum von 5,3 Prozent verbuchte, zog das Geschäft in Asien um 7,1 Prozent an. Im Großraum China - die Region steht für mehr als ein Drittel der Gesamtumsätze - verzeichnete Swatch zweistellige Wachstumsraten. Neben der wieder erstarkten Kauflust der Konsumenten im Nahen und Fernen Osten spielt den eidgenössischen Uhrenbauern die Entwicklung an der Währungsfront in die Hände: Der lange Zeit als Bremsklotz für die Exporteure geltende Schweizer Franken hat - vor allem in Relation zum Euro - klar abgewertet.

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Optimismus auf der Branchenmesse



Nicht zuletzt deswegen gibt sich Swatch-Chef Nick Hayek zuversichtlich: "Ich sehe keinen Grund, warum die positiven Verkaufstrends im laufenden Jahr nicht weitergehen sollten." Mit dieser Einschätzung ist der Sohn des Unternehmensgründers nicht allein. Mehrere Uhrenhersteller gaben im Rahmen der "Baselworld" einen positiven Ausblick. Jon Cox, Analyst bei Kepler Cheuvreux, reagierte prompt auf die Branchenmesse und erhöhte die Marktprognose. Er traut dem Schweizer Uhrensektor 2018 nun ein Wachstum von acht Prozent nach bisher sechs Prozent zu. In Bezug auf Swatch vollzog der Experte eine Kehrtwende: "Wir setzen unser Rating von ‚Reduzieren‘ auf ‚Kaufen‘ herauf und erhöhen die Schätzungen." Gegenüber dem Niveau des vergangenen Jahres traut Kepler Cheuvreux dem Unternehmen bis 2020 ein Gewinnwachstum von mehr als 80 Prozent zu.

Mehrheitlich positiv äußern sich die Analysten momentan auch zu Richemont. Der gemeinsam mit Swatch im Schweizer Leitindex SMI vertretene Luxusgüterkonzern erzielt gut 40 Prozent seiner Umsätze mit Uhren. Der Rest entfällt auf Schmuck, Mode, Lederwaren und Schreibgeräte. Zum Portfolio zählen unter anderem die sächsische Manufaktur A. Lange & Söhne sowie die Edelmarken IWC Schaffhausen und Piaget. Am 18. Mai veröffentlicht Richemont die Zahlen für das Geschäftsjahr 2017/18 (per 31. März). Dann dürfte das Unternehmen seinen jüngsten Wachstumskurs unterstreichen. In den ersten drei Quartalen lagen die Umsätze - währungsbereinigt - um ein Zehntel über dem Vorjahresniveau. Neben dem operativen Momentum spricht die laufende Übernahme des italienischen Onlinehändlers Yoox Net-A-Porter für den Schweizer Large Cap. Sie hilft dem am Genfer See beheimateten Konzern, den Absatzkanal Internet auszubauen.

Als Wachstumstreiber gilt die Digitalisierung auch bei LVMH. 2017 steigerte der französische Konzern die Online-Umsätze um 30 Prozent. Insgesamt verbuchte der Luxusgüterriese ein Wachstum von 13 Prozent auf 42,6 Milliarden Euro. Mit Ausnahme des Wein- und Spirituosensegments legten alle Geschäftsfelder prozentual zweistellig zu. Knapp neun Prozent der Umsätze entfallen auf Uhren und Schmuck. LVMH drängt unter anderem mit Zeitmessern von Bulgari, Hublot und Tag Heuer an das Handgelenk der vermögenden Kundschaft und bringt dabei Tradition und Hightech zusammen: Mit dem Chiphersteller Intel und dem Internetgiganten Alphabet hat Tag Heuer zuletzt eine Luxus-Smartwatch entwickelt. Mit diesem Modell tritt der Schweizer Uhrenbauer gegen die Apple Watch an. Bei Anlegern konnte LVMH mit starken Zahlen für das erste Quartal punkten - der Luxusgigant notiert auf einem Allzeithoch.



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Mit Wearables aus der Krise



Im Vergleich zu den soliden Branchenriesen ist Fossil eine heiße Turnaroundwette. Beim US-Modeunternehmen, dessen Geschäft zu mehr als drei Vierteln auf Uhren basiert, türmte sich im vergangenen Jahr unterm Strich ein Verlust von nahezu einer halben Milliarde Dollar auf. Unternehmenschef Kosta Kartsotis stemmt sich mit Kosteneinsparungen und neuen Modellen gegen die Krise. Dabei zeigen sich erste Erfolge: Beispielsweise hat sich der Absatz der Smartwatch-Modelle 2017 verdoppelt. Fossil vertreibt die sogenannten Wearables nicht nur unter der eigenen Marke, sondern hält Lizenzen für namhafte Modelabels wie Armani oder Michael Kors.

"Wir erwarten, dass wir im kommenden Jahr ein kleineres, aber profitableres Unternehmen sein werden, das sich auf einem soliden Weg für die Zukunft befindet", sagt der Konzernlenker mit Blick auf 2018. Behält er Recht, könnte die hoch spekulative Fossil-Aktie ihren jüngsten Erholungskurs fortsetzen.

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Auf einen Blick: Uhrenindustrie