Die jeweils am Monatsanfang veröffentlichten US-Arbeitsmarktdaten werden rund um den Globus mit Spannung erwartet. In diesem Jahr geben sie nicht nur Aufschluss über die konjunkturelle Lage. Von den Entwicklungen am Jobmarkt hängen zudem die Chancen Donald Trumps auf weitere vier Jahre im Weißen Haus ab. Vorgänger im Amt wie Jimmy Carter im Jahr 1980 oder George Bush im Jahr 1992 wurden nicht wiedergewählt, weil in den Monaten vor der Abstimmung die Arbeitslosenrate anstieg.

Am 3. November 2020 entscheiden die Bürger, wer das von Corona und Demonstrationen gegen strukturellen Rassismus erschütterte Land aus der Krise führen soll. In den Umfragen führt derzeit der frühere Vizepräsident Joe Biden. Doch in den kommenden knapp vier Monaten kann noch viel passieren. Es kommt auf die Bundesstaaten an, in denen es keine traditionelle Mehrheit für die Demokraten oder die Republikaner gibt.

Der jüngste Bericht des US Bureau of Labour Statistics lässt Trump hoffen. Die Arbeitslosenrate sank von 13,3 auf 11,1 Prozent. Nachdem im April noch 20 Millionen Arbeitsplätze im Zuge der Pandemie verloren gingen, wurden im Mai 2,7 Millionen und im Juni 4,9 Millionen Stellen außerhalb der Landwirtschaft geschaffen. "Das ist der größte monatliche Zugewinn an Jobs in der Geschichte des Landes. Unsere Wirtschaft meldet sich lautstark zurück", kommentierte Trump. Den Erfolg führte der US-Präsident nicht zuletzt auf seine Handelspolitik zurück. "Wir bringen die Produktion zurück in unser Land."

Klare Anzeichen auf eine schnelle Erholung der US-Wirtschaft leitet Trump auch am ISM PMI Manufacturing Index ab. Der Stimmungsindikator aus 20 verschiedenen Industrien kletterte innerhalb eines Monates um 9,5 Prozentpunkte auf 52,6. Ein Wert über 50 Prozent signalisiert Expansion. Vor allem aber fassen die rund 60 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beitragenden Verbraucher wieder Mut. Das Konsumentenvertrauen verbesserte sich seit April um zwölf Prozentpunkte auf 98,1 Prozent.

Bestes Quartal seit 20 Jahren

Trotz eines massiven Wachstumseinbruchs im zweiten Quartal: Angesichts der jüngsten Zahlen erscheint die an den US-Börsen vorherrschende Erwartung einer schnellen wirtschaftlichen Erholung bis Ende des Jahres nicht völlig unberechtigt. Der Dow Jones lndex legte im zweiten Quartal um 17,6 Prozent zu. Der S & P 500 verbesserte sich um 19,9 Prozent und bestritt damit sein bestes Quartal seit 20 Jahren.

Zum Kauf motivierte insbesondere die US-Notenbank. Sie senkte den Leitzins auf null, legte zahlreiche Kreditprogramme für Gemeinden und Unternehmen auf und erwarb Unternehmensanleihen. Laut Goldman Sachs hat sie die Bilanzsumme in nur drei Monaten um drei Billionen Dollar ausgeweitet. Sollte dies nicht reichen, werde die Fed "die ganze Bandbreite ihre Möglichkeiten nutzen, um die Wirtschaft zu stabilisieren", versicherte US-Notenbankchef Jerome Powell.

Auch die US-Regierung hat viel Geld in die Hand genommen. Im März schnürte sie ein Stimulierungspaket in Höhe von drei Billionen Dollar. Nicht nur Unternehmen wurden unterstützt. Bürger mit Einkommen bis 75.000 Dollar pro Jahr erhielten Direktzahlungen in Höhe von 1.200 Dollar und zusätzlich pro Kind 500 Dollar. Ohne diese Schecks wäre nach Analyse des Centers on Poverty and Social Policy der Columbia University die Arbeitslosenrate auf fast 17 Prozent geklettert. Auch die wöchentlichen Zuweisungen an Arbeitslose wurden erhöht.

Ob die positive Entwicklung am Jobmarkt anhält, ist allerdings fraglich. Die USA sind das von Corona am härtesten getroffene Land. In einer Reihe von Bundesstaaten - darunter die Swing States Arizona, Texas, Florida und Michigan - müssen erste Lockerungsmaßnahmen zurückgenommen werden. Die Fallzahlen steigen wieder deutlich. North Carolina und Pennsylvania wollen bestehende Restriktionen verschärfen.

Die Regierung erwägt daher -trotz immer enger werdender fiskalischer Spielräume angesichts der Gesamtverschuldung von mittlerweile 26 Billionen Dollar - ein zweites Konjunkturpaket aufzulegen. Eine Entscheidung des Kongresses soll noch im Juli getroffen werden. Und Trump ließ die Bürger wissen, er setze sich im Gegensatz zu den Demokraten dafür ein, dass die kommenden Schecks noch höher ausfielen als in der ersten Runde.

Ist Trump, der zu Beginn seiner Amtszeit die Steuern deutlich senkte, daher immer noch der Kandidat der Anleger? Die Meinungen sind geteilt. Felix Herrmann von Blackrock beurteilt nicht nur Trumps Wirtschafts-, sondern auch seine Innenpolitik. "Investoren dürften die Gefahr sehen, dass der aktuelle Präsident - sollte er wieder gewählt werden - die Spaltung in der Gesellschaft weiter vorantreibt", meint der Kapitalmarktstratege. Dies könne sich langfristig negativ auf die Aktienmärkte auswirken.


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Wachsende Ungleichheit

Trumps Rede am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, scheint Herrmanns Besorgnis zu bestätigen. Anstatt versöhnende Sätze zu finden, attackierte Trump die immer mehr Zulauf findende Anti-Rassismus-Bewegung Black Lives Matter. Auch die "radikale Linke" -damit meint er die Demokraten - kritisierte der Präsident heftig.

Die mit der Pandemie deutlich sichtbar gewordenen strukturellen Schwächen der USA etwa im Gesundheitssystem erwähnte er dagegen nicht. Kein Wort auch zur wachsenden sozialen Ungleichheit, obwohl untere Einkommensgruppen und Minderheiten von Corona am härtesten betroffen sind.

Biden dagegen warb für sich als Versöhner. Die Vereinigten Staaten hätten unter seiner Führung die Chance, die Wurzeln des systematischen Rassismus "aus diesem Land herauszureißen". Ist Joe Biden daher besser für die Börse?

BCA Research meint nein. Das Analysehaus weist darauf hin, dass Biden beziehungsweise die Demokraten, die nach der Wahl über eine Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses verfügen können, die Unternehmenssteuern erhöhen wollen und eine weit weniger marktorientierte Politik betreiben würden als Trump.

Unternehmerfreundliche Politik, aber zunehmende Polarisierung einerseits. Reglementierung, aber auch die Aussicht auf sozialen Frieden andererseits. Noch suchen die Anleger ihren Favoriten. Trotz Unsicherheit und wachsender politischer Risiken: Von den USA müssen sich Anleger nicht verabschieden. Sie können in Aktien investieren, deren Kurse in erster Linie vom "entrepreneurial spirit" ihrer Chefs getragen werden. Dieser Unternehmergeist hat die USA zur größten Volkswirtschaft der Welt gemacht. Und er ist weiterhin präsent.
 


INVESTOR-INFO

Alger Small Cap Focus

Großes Potenzial

"Eine Investition heute in außergewöhnlich kleine Unternehmen ist eine Investition in außergewöhnlich große Unternehmen morgen", sagt Amy Zhang. Die Fondsmanagerin des Alger Small Cap Focus investiert in Firmen mit geringer Marktkapitalisierung, die ihrer intensiven Analyse zufolge großes Wachstumspotenzial aufweisen. Zhang findet diese Werte derzeit vor allem im Bereich digitale Gesundheit. In den vergangenen drei Jahren legte der Fonds rund 92 Prozent zu.

Morgan Stanley US Advantage

Fokus auf Qualität

Die langjährige Investmenterfahrung des Anlageteams zahlt sich aus. Der zehn Milliarden Dollar schwere Fonds erzielte in den vergangenen drei Jahren etwa 100 Prozent Rendite. Allein seit Jahresanfang beläuft sich das Plus auf 37 Prozent. Die Fondslenker suchen nach etablierten Qualitätsunternehmen, die klare Wettbewerbsvorteile aufweisen. Shopify, Spotify und Veeva Systems erfüllen derzeit unter anderem die Anlagekriterien.

ishares MSCI USA ETF

Stark aufgeholt

In den vergangenen drei Monaten haben sich US-Aktien nach dem Corona-bedingten Absturz schon wieder gut entwickelt. Seit Jahresanfang weist der Exchange Traded Fund daher nur noch ein kleines Minus auf. Zum Einstieg ist es aber noch nicht zu spät. Eine Reihe von Titeln notiert noch unter ihrem Höchststand. Der ETF bildet die Wertentwicklung von über 620 Aktien ab. Hoch gewichtet sind Apple, Microsoft und Amazon.