Wenn es nach deutschen Anlegern geht, wird sich im Bereich der Mobilität als Alternative zum Verbrennungsmotor die Wasserstofftechnologie gegenüber der Elektrobatterie durchsetzen. Das geht aus einer Umfrage unter rund 1.000 Börsianern hervor, die wir von Investing.com in der vergangenen Woche durchgeführt haben. Mit 78 Prozent glauben knapp vier Fünftel der Befragten (siehe Grafik unten), dass im Wettrennen um die Antriebstechnologie der Zukunft die Lösungen, die auf Wasserstoff basieren, die Nase vorn haben werden. Sie halten diese unter anderem in punkto Effizienz und Umwelt für die bessere Technologie. Die Deutlichkeit dieser Einschätzung darf man als überraschend bezeichnen. Dass im "Auto-Bundesland" Baden-Württemberg sogar rund 88 Prozent der Befragten Wasserstoff gegenüber der E-Batterie vorne sehen, ist dabei zumindest eine interessante Randnotiz.

Umfrage: Welcher der beiden alternativen Mobilitäts-Technologien sprechen Sie mehr Potenzial auf Sicht der nächsten zehn Jahre zu?

Ballard Power und Nel ASA prominente Vertreter


Dass sich die Marktteilnehmer mit beiden Bereichen und deren Entwicklung an der Börse auskennen und auseinandersetzen, wird allein schon am Umstand deutlich, dass sie aus beiden Sektoren mehrere börsennotierte Anbieter nennen können. Auf die Frage nach bekannten Branchenvertretern und Favoriten fallen dabei am häufigsten die Namen Nel ASA und Ballard Power - beides Unternehmen aus dem Wasserstoff-Lager, das eine aus Norwegen, das andere aus Kanada. Dass mit Tesla der prominenteste E-Autohersteller ebenfalls sehr häufig erwähnt wird, ist wenig verwunderlich - vor allem nicht seitdem die Aktie der Kalifornier in den vergangenen Wochen von einem Hoch zum nächsten gesprungen ist. Und vor allem weil CEO Elon Musk für mehr Schlagzeilen sorgt als jeder andere Firmenlenker aus der Branche.

Nur ein deutscher Wert unter den Favoriten


Etwas ernüchternd sind die Resultate der Befragung vor allem für deutsche Unternehmen: Unter den acht meistgenannten Aktien ist mit Linde nur ein einziger Wert aus deutschen Landen. Der Rückstand der großen Autonation gegenüber der internationalen Spitze lässt sich darüber hinaus auch an der Antwort der Teilnehmer zur Wettbewerbsfähigkeit deutscher Anbieter in diesem Sektor ablesen: Ein Großteil der Befragten traut ihnen in beiden Bereichen jeweils nur durchschnittliches Potenzial zu: Jeweils um die 40 Prozent (bei Wasserstoff 38,7, bei E-Batterie sogar 43 Prozent) der Umfrageteilnehmer sehen Deutschland im internationalen Vergleich eher im Mittelfeld.

Ergebnis stellt Tesla-Rally infrage


Es mag sich zwar nur um eine Momentaufnahme handeln. Und deutsche Anleger machen mit Sicherheit nicht allein den Markt. Doch immerhin liegen der Umfrage Angaben von Teilnehmern aus allen deutschen Bundesländern und aus nahezu allen Altersgruppen zugrunde. Jeweils rund ein Drittel der Befragten sind zwischen 31 und 45 Jahre beziehungsweise zwischen 46 und 60 Jahren alt; die meisten stammen aus den drei bevölkerungsreichsten Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg - insofern hat die Umfrage auch unter repräsentativen Aspekten durchaus eine Aussagekraft.

Angesichts der überraschend großen Zustimmung der Anleger hierzulande zu Wasserstoff und die damit verbundene Skepsis gegenüber E-Batterie stellt sich daher die Frage, wie nachhaltig die bemerkenswerte Kursrally der Tesla-Aktie sein kann, die vor wenigen Tagen mit einem weiteren Rekordhoch für Schlagzeilen sorgte:

Begrenztes Budget für alternative Mobilität


In diesem Zusammenhang ist eine weitere Erkenntnis aus der Investing.com-Umfrage sehr interessant: Nur gut 34 Prozent der Befragten wären bereit, mehr als 30.000 Euro für ein mit dem neuen Energieträger ausgestatteten Auto auszugeben (siehe Grafik unten). Vor dem Hintergrund, dass selbst das günstigste Modell von Tesla immerhin 45.000 Euro kostet, darf zumindest zum jetzigen Zeitpunkt angezweifelt werde, ob ein Tesla massentauglich wäre. Und vor diesem Hintergrund müssen auch die Marktkapitalisierung von mehr als 300 Milliarden US-Dollar und die damit verbundene aktuelle Position als wertvollster Autobauer der Welt zumindest kritisch hinterfragt werden.

Umfrage: Wie viel Geld wären Sie bereit für ein Auto auszugeben, das mit dem neuen Energieträger ausgestattet ist?

Eines dürfte feststehen: Diese Investing.com-Umfrage wird die Argumente der Tesla-Anhänger unter den Börsianern aller Voraussicht nach nicht ändern. Viele gehen ohnehin zumeist offensiv damit um, dass ihre Einschätzung weniger auf Fundamentalem als vielmehr der Spekulation basiert, dass Tesla den technischen Vorsprung seiner E-Autos gegenüber den Verbrennern halten und zudem seine Vorreiterrolle beim autonomen Fahren behaupten könne. Und Kursfantasie hat an der Börse natürlich auch eine Daseinsberechtigung - das gilt selbstverständlich auch für die Anbieter der unter den Umfrageteilnehmern bevorzugten Wasserstofftechnologie.

Über Robert Zach


Robert Zach ist Marktanalyst bei Investing.com und seit 2009 an den Finanzmärkten aktiv. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft und der Ausbildung bei einer Bank war Robert Zach für eine renommierte Prop-Trading-Firma in Hongkong und Bangkok tätig, bevor er 2017 zu Investing.com kam.

Über Investing.com


Investing.com ist eine Finanzmarktplattform, die an 250 Börsen weltweit Echtzeitdaten, Kurse, Charts, Finanzinstrumente und vieles mehr bereitstellt. 2007 gegründet, ist Investing.com mittlerweile mit mehr als 21 Millionen monatlichen Nutzern und über 180 Millionen Sitzungen eine der drei weltweit führenden Finanzwebsites.

Investing.com bietet unbegrenzten Zugang zu Finanzmarktinstrumenten wie etwa kundenspezifischen Portfolios, persönlichen Benachrichtigungen, Kalendern, Taschenrechnern und Einblicken in die Finanzwelt - und zwar völlig kostenlos.