Herr Schumacher, was hat Sie gereizt, das Steuer in einer mittelständisch geprägten Firma zu übernehmen?
Ulrich Schumacher: Die Gestaltungsmöglichkeiten in einer Industrie, die durch die LED-Technik den größten technologischen Wandel seit mehr als 100 Jahren durchläuft. Anders als etwa Halbleiter ist Licht mehr als eine technische Funktionalität. Licht weckt Emotionen und steht für Lifestyle. Das Familienunternehmen Zumtobel bringt hier den richtigen Mix aus hochmoderner Technik und Design mit und hat einen Aufsichtsrat, der diesen Veränderungsprozess sehr konstruktiv unterstützt.

Die ersten 15 Monate Ihrer Amtszeit waren aber vor allem durch Umstrukturierungen geprägt.
In einem verschärften internationalen Wettbewerb haben sich die Innovationszyklen von früher sieben bis zehn auf etwa eineinhalb Jahre verkürzt. Das hat Auswirkungen auf Produktion und Logistik. Um die Kapazitätsauslastung zu optimieren mussten wir europaweit drei Werke schließen. Mit dem Resultat, dass in allen verbleibenden Werken die Kapazitätsauslastung im Schnitt um rund zehn Prozent gestiegen ist. Zugleich haben wir die Produktionsabläufe effizienter aufgesetzt.

Was bedeutet das in der Praxis?
Leuchten unterscheiden sich durch Design, die eingesetzten Materialien, die Qualität der LEDs und ihre Optik. Alles andere, also Platinen und Metall, sind identisch. Deshalb haben wir jetzt eine Produktionsplattform als Basis, von der aus alle Bestandteile wie einzelne Lego-Bausteine je nach Produkt montiert werden.

Bei den Vertriebsstrukturen haben Sie ebenfalls den Schnitt angesetzt.
Unsere beiden Leuchtenmarken sowie die Systeme und Services werden inzwischen in allen Märkten von demselben Team verkauft. Das bedeutet auch, die Marken wieder klar nach Preissegmenten und Zielgruppen voneinander abzugrenzen.

Das müssen Sie genauer erklären.
Thorn steht wieder für das mittlere Preissegment und Zumtobel für Premiumprodukte. Bei den Zielmärkten war Zumtobel in der Vergangenheit zu stark auf das reine Projektgeschäft ausgerichtet. Wir haben den Markt mit Außenleuchten, der zuletzt stark durch Infrastrukturerneuerungen gewachsen ist, ganz außen vor gelassen. Dazu haben wir den gesamten Großhandel ignoriert. Das wird sich ändern.

Sind schon erste Fortschritte sichtbar?
In Großbritannien hat die Integration bereits voll eingeschlagen. Dort werden Premiumprodukte und kostengünstigere Leuchten bereits von denselben Spezialisten verkauft. Bei 25 Prozent aller Projekte dort erzielen wir gesteigerte Einnahmen aus einem kombinierten Produktangebot aus den beiden Marken Zumtobel und Thorn.

Und wie sieht es konzernweit aus?
Aktuell arbeiten gerade 20 Prozent der Vertriebsteams bereits so, wie wir uns das vorstellen. Der Veränderungsprozess wird noch etwa 12 Monate in Anspruch nehmen.

Um die für 2017 anvisierte operative Marge von acht bis zehn Prozent zu schaffen, muss Zumtobel das organische Gewinnwachstum beschleunigen.
Von unseren Märkten bietet sich für uns auf Sicht der nächsten drei Jahre das größte Potenzial in Europa. In Deutschland, wo wir bei den Leuchten drittgrößter Player sind, liegt unser Marktanteil zurzeit bei sechs Prozent. Den wollen wir kurzfristig auf zwölf Prozent verdoppeln. In Zahlen ausgedrückt würde das alleine etwa 100 Millionen Euro mehr Umsatz bedeuten. Auch in Osteuropa und im Nahen Osten, wo wir überdurchschnittlich wachsen, sehe ich noch reichlich Steigerungspotenzial.

Asien bleibt dagegen ein schwieriger Markt.
Für unsere künftige Strategie haben wir hier den Stein der Weisen noch nicht gefunden. Um die hochpreisige Marke Zumtobel zu positionieren ist der Kundenkreis noch zu limitiert. Unser Zugang ist hier bislang über internationale Projekte limitiert. Aufgrund der niedrigen Produktionskosten müssen wir vor Ort aber auch im mittleren Segment mit eigenen Produkten präsent sein. Und wir stellen uns dem Wettbewerb vor Ort ehe die Konkurrenten hier auf unseren Heimatmärkten aufschlagen.

Zumtobel will zum Google der Lichttechnik werden. Was steckt dahinter?
Die Kunden wollen Gesamtlösungen, mit denen sich Licht in die Haustechnik integrieren lässt. Deshalb wollen wir ein Licht-Dienstleister werden. Dazu gehört, dass wir etwa eigene Apps für die Lichtsteuerung oder den Energieverbrauch entwickeln. Über die Software machen wir Licht nach Emotionalität, Tageszeit und Energieverbrauch steuerbar.

Wie weit sind Sie?
Wir sind dabei, unser Hardwaregeschäft zu konsolidieren und eine eigene Softwareabteilung aufzubauen. Nur so werden wir von potenziellen Partnern wie Google oder Cisco wahrgenommen.

Weniger Leuchten und mehr Gesamtlösungen. Ist das Ihr Langfristziel?
Nur durch Knowhow wie bei der Software differenzieren wir uns vom Wettbewerb. Für die Zukunft heißt das mehr Software und Services und weniger eigene Hardwareproduktion. Anders ausgedrückt: Ich möchte, dass wir auf Sicht der nächsten zehn Jahre ohne Blech überleben können.