Im Blickpunkt dürfte Experten zufolge das billionenschwere Anleihen-Kaufprogramm PEPP stehen - für viele die wichtigste Waffe der EZB im Kampf gegen die Pandemiefolgen. Viele erwarten, dass die Notenbank zwar noch nicht kommende Woche, dann aber im Dezember das Programm kräftig aufstocken wird.

Ihr PEPP-Programm hatte sie zuletzt im Juni um 600 Milliarden Euro auf ein Volumen von 1,35 Billionen Euro aufgestockt und die Käufe bis Ende Juni 2021 verlängert. Anatoli Annenkov, EZB-Experte der französischen Bank Societe Generale, geht davon aus, dass die Notenbank im Dezember das Volumen nochmal um 500 Milliarden Euro erhöhen und die Käufe dann bis Jahresende 2021 verlängern wird. Am Leitzins, der bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegt, wird die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag voraussichtlich nicht rütteln.

"Die Kontroversen im EZB-Rat darüber, was als nächstes zu tun ist, sind noch ziemlich stark," sagt ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Die jüngste Wirtschaftsentwicklung stärke aber die Position derjenigen, die für eine lockere Geldpolitik eintreten. "Mit einer schlimmmer als erwartet laufenden zweiten Covid-Welle, die auf ein schwaches Wachstum im vierten Quartal hindeutet, sehen wir sogar ein stärkeres Argument für erneute Maßnahmen", schreiben auch die Experten der US-Bank Morgan Stanley. Sie erwartet im Dezember eine Aufstockung des PEPP-Programms um 400 Milliarden Euro. Zuletzt ist das Risiko wieder gestiegen, dass die Euro-Zone in eine Rezession abrutscht. So sank der Einkaufsmanagerindex des Instituts IHS Markit, der die Geschäfte von Industrie und Dienstleistern bündelt, im Oktober auf 49,4 Punkte und damit wieder unter die Wachstumsschwelle von 50 Zählern. Zudem ging die Inflationsrate im Euro-Raum zuletzt weiter auf Talfahrt und lag im September bei minus 0,3 Prozent nach minus 0,2 Prozent im August. Damit entfernt sich die Teuerung weiter von der EZB-Zielmarke von knapp unter zwei Prozent, die sie Idealwert für die Wirtschaft anstrebt aber schon seit Jahren verfehlt.

WARTEN AUF NEUE HAUSEIGENE PROGNOSEN


Dennoch rechnet Jan von Gerich, Chefanalyst der Bank Nordea, damit, dass die EZB am Donnerstag die Füße stillhält. "Selbst wenn die EZB allmählich die Notwendigkeit sieht, mehr zu tun, braucht sie mehr Informationen, am wahrscheinlichsten in Form überarbeiteter Prognosen der Stäbe, um das notwendige Ausmaß einer neuen Lockerung zu kalibrieren", meint der Experte. Neue überarbeitete Wirtschaftsprognosen der hauseigenen Volkswirte liegen aber erst zur Zinssitzung am 10. Dezember vor. Sollte die EZB überraschend schon am Donnerstag ein Stützungspaket beschließen, würden die Renditeaufschläge der Staatsanleihen von Euro-Ländern sinken und der Kurs des Euro zum Dollar nachgeben, glaubt von Gerich.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer weist noch auf einen weiteren Grund hin, der für ein Abwarten spricht: "Nachdem die Anleiherenditen der hoch verschuldeten südlichen Länder nicht zuletzt wegen der gemeinsamen Schuldenaufnahme im Rahmen des Corona-Wiederaufbaufonds gefallen sind, hat die EZB ihre Anleihenkäufe deutlich reduziert." Die verbleibenden Mittel ihrer Kaufprogramme reichten daher aus, dass die EZB bis zum bisher angepeilten Ende ihres großen Pandemie-Programms PEPP Mitte nächsten Jahres pro Monat ähnlich viele Anleihen kaufen kann wie zuletzt. "Die EZB steht also noch nicht unter Druck, das Volumen des PEPP-Kaufprogramms ein zweites Mal zu erhöhen," glaubt Krämer. Dennoch rechnet auch Krämer damit, dass die EZB ihr PEPP-Programm noch einmal aufstocken wird.

rtr