Der Ausverkauf bei Staatsanleihen hatte sich in den vergangenen Wochen intensiviert, was die Zinsen fast überall auf der Welt in die Höhe trieb. Seit Anfang Dezember stieg die Rendite an den Bondmärkten der Euro-Zone um rund 30 Basispunkte. Denn Anleger setzen darauf, dass die US-Notenbank die Zinsen angesichts der gallopierenden Inflation bereits im März erhöhen könnte und damit früher als ursprünglich an den Finanzmärkten erwartet. Die Rendite der zehnjährigen US-Treasuries zog entsprechend auf plus 1,892 Prozent an. "Es wird auch gemunkelt, dass die erste Zinserhöhung nicht nur im März erfolgen könnte, sondern dass es sich dabei um 50 Basispunkte und damit um die größte Erhöhung seit mehr als 20 Jahren handeln wird", sagte Craig Erlam, Marktanalyst des Brokerhauses Oanda.

SPEKULATIONEN AUF KRÄFTIGE ZINSERHÖHUNG IN DEN USA


Auch in Großbritannien werden weitere Zinserhöhungen angesichts einer stärker als erwartet ausgefallenen Teuerungsrate im Dezember wahrscheinlicher. Damit werde es auch für die Europäische Zentralbank (EZB) schwieriger, an ihrer Nullzinspolitik festzuhalten, warnte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Dennoch zeige sich die EZB im Vergleich zu der US-Notenbank erheblich defensiver hinsichtlich einer Leitzinswende, sagte LBBW-Ökonom Elmar Völker. "Solange die Euro-Währungshüter an dieser Grundhaltung festhalten, dürften die Bundrenditen ihren US-Pendants nur mit gebremstem Schaum folgen."

Die Bundrendite sollte deswegen nicht allzu tief in das positive Terrain vordringen. Begrenzt werde der Anstieg auch durch ein knappes Angebot. "Die Wirtschaft erholt sich vom Corona-Schock, die Bundesregierung muss also weniger Schulden machen", sagte Portfoliomanager Christian Kopf von Union Investment. Je höher die Bond-Renditen, desto teurer wird die Finanzierung von Haushaltsdefiziten. "Der zusätzliche Puffer im Haushalt, den es in den letzten Jahren immer gegeben hat, fällt jetzt aber weg", warnte der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke.

Die Zinsen hatten in den vergangenen Jahren eine Berg- und Talfahrt hingelegt. Die Rendite der wichtigsten deutschen Staatsanleihen war erstmals im Juni 2016 ins Minus gerutscht. Grund hierfür waren unter anderem die Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) im Nachgang der europäischen Schuldenkrise.

STEIGENDE ZINSEN WERDEN TENDENZIELL ZUR BELASTUNG


An den Rohstoffmärkten schob die Furcht vor einem weiteren Preisauftrieb die Ölpreise an, die auf den höchsten Stand seit 2014 kletterten. An den Aktienmärkten blieben die Kurse indes am Vormittag stabil. Der Dax notierte 0,2 Prozent höher bei 15.803 Punkten. Der EuroStoxx50 lag ein halbes Prozent im Plus bei 4279 Zählern. Grundsätzlich führt der Zinsanstieg aber bei den Unternehmen zu steigenden Kapitalkosten bei gleichzeitig sinken Margen und Gewinne, warnen Strategen.

Unterstützung lieferten den Aktienkursen in Europa ermutigende Firmenbilanzen. Im Luxusgütersektor hellte Burberry die Stimmung mit einem beschleunigten Umsatzwachstum die Stimmung auf. Die Papiere legten in London knapp sechs Prozent zu. Cartier-Eigentümer Richemont glänzte mit einer robusten Nachfrage nach Schmuck und Uhren in Amerika und Europa. Die Papiere legten in Zürich rund neun Prozent zu. Der europäische Branchensektor für den Einzelhandel gewann insgesamt mehr als zwei Prozent. Anleger warteten auch gespannt auf die Bilanzen der US-Geldhäuser Bank of America und Morgan Stanley.

rtr