Seit zehn Jahren wird Uruguay von der Frente Amplio, der "breiten Front", regiert. Der wirtschaftsliberale Kurs und die Sozialreformen des linken Parteibündnisses sorgten bislang für jährliche Wachstumsraten von sechs Prozent. Der Aufschwung kam bei der Bevölkerung an. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 16 435 Dollar ist Uruguay das wohlhabendste Land Südamerikas, 60 Prozent der Bevölkerung gehören der Mittelschicht an. In Brasilien und Argentinien sind die Einkommen wesentlich ungleicher verteilt. Auch im internationalen Vergleich schneidet die "Schweiz Südamerikas" gut ab. Auf der Liste des World-Prosperity-Index, der Länder weltweit nach Kriterien wie Gesundheit, Erziehung, unternehmerische Freiheit und Sicherheit misst, belegt Uruguay Platz 30.

Erfolge erzielte die Frente Amplio auch beim Abbau der Staatsverschuldung. Diese sank nach Angaben von German Trade & Invest von 100 auf aktuell 23 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Als Belohnung für den stabilitätsorientierten Kurs hob Moody’s 2012 die Bonität des Landes in den Investment-Grade-Bereich an. 2014 verbesserte die Ratingagentur die Kreditnote noch einmal um eine Stufe auf "Baa2".

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Stark aufgewertete Währung

Die gute Bilanz der Linkskoalition ermöglichte den klaren Sieg ihres Präsidentschaftskandidaten bei den Wahlen Ende November. Aufgabe von Tabaré Vázquez, der das Amt bereits von 2005 bis 2010 innehatte, ist es nun, den Aufschwung langfristig zu sichern. Die Herausforderungen sind groß: Die wirtschaftlichen Erfolge führten zu einer starken Aufwertung des Uruguay-Peso, was sich negativ auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit auszuwirken droht. Zugleich sind die Preise landwirtschaftlicher Güter, die 75 Prozent zum Gesamtexport Uruguays beitragen, seit 2012 um 30 bis 40 Prozent gefallen. Die Außenhandelsbilanz weist ein Minus von sechs Prozent des BIP auf. Vázquez muss die Wirtschaft dringend diversifizieren. Mit Sorge betrachten Investoren auch die steigende Inflation. Sie liegt mit 8,8 Prozent deutlich über dem Zielwert von fünf Prozent. Nicht auszuschließen, dass Uruguays Notenbank die Zinsen erhöht, worunter dann aber die Bondkurse leiden dürften.

Auch eine Sanierung der Infrastruktur ist nötig, damit die Wirtschaftsdynamik nicht nachlässt. Die dafür notwendigen Mittel dürfen den Haushalt aber nicht zu sehr belasten, liegt die jährliche Neuverschuldung doch schon bei 3,5 Prozent. Vázquez wird wohl nicht umhinkommen, im Sozialbereich zu sparen. Allzu tief müssen die Schnitte aber nicht ausfallen: Durch die Legalisierung von Cannabis erschließt sich dem Staat eine neue Einnahmequelle. Kanada, China und Israel wollen die Einfuhr von Marihuana aus Uruguay zu medizinischen Zwecken erlauben.

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