Wie von den meisten Experten erwartet, hat EZB-Chef Mario Draghi angekündigt, sein Anleihe-Kaufprogramm langsam zurückzufahren. "Die Ankündigung entsprach so sehr unseren Erwartungen, dass sie fast enttäuschte. Anleihen könnten profitieren und der Euro leicht abschwächen. Da es aber nichts Überraschendes gab, gehen wir auf absehbare Zeit von einer restriktiven Grundhaltung innerhalb einer engen Spanne aus", sagt etwa Paul Hatfield, Global Chief Investment Officer bei Alcentra.

Draghi ließ sich jedoch die Hintertür offen, die Druckmaschine wieder in Schwung zu bringen, falls es für die Eurozone makroökonomisch abwärts ginge, sodass zumindest für weitere zwölf Monate keine Zinserhöhungen zu erwarten seien. Die EZB betonte, dass die wirtschaftliche Erholung im Euroraum zwar ausreiche, um die langfristige Normalisierung ihrer Geldpolitik in die Wege zu leiten, zur Unterstützung der weiteren wirtschaftlichen Erholung und zum Aufbau des gewünschten Inflationsdrucks jedoch weiterhin ein deutliches Maß an expansiver Geldpolitik notwendig sei.

Von Januar bis September, bei Bedarf auch länger, werden daher Anleihen in Höhe von 30 Milliarden pro Monat gekauft. Zudem will die EZB die Tilgungszahlungen aus fälligen Anleihen reinvestieren. "Die Ankündigung könnte als leicht zurückhaltend angesehen werden, da dem Anleihekaufprogramm kein festes Ende gesetzt wurde und sich der EZB-Rat bemüht hat, die Zinsanstiegserwartungen in Schach zu halten: Er gab bekannt, dass mit Zinserhöhungen erst weit nach Abschluss der Anleihekäufe zu rechnen sei", sagt Brendan Lardner von State Street.

Christian Lips von der NordLB kommentiert die EZB-Sitzung wie folgt: "Wir erwarten weiterhin, dass die EZB die Nettoankäufe Ende des kommenden Jahres vollständig beenden wird. Das Knappheitsargument wollte Mario Draghi zwar nicht gelten lassen, schließlich hatte die EZB auch in der Vergangenheit bei Bedarf mehrfach die Ankaufregeln angepasst. Dennoch scheint mit zusätzlich rund 300 Milliarden Euro der Spielraum allmählich ausgereizt. Eine Zinserhöhung ist weiterhin erst Mitte 2019 realistisch, sofern die EZB nicht gegen ihre Forward Guidance verstoßen möchte."

Frank Engels, Union Investment erwartet ebenfalls, dass mit dem Ende der Amtszeit von Mario Draghi im Januar 2019 wahrscheinlich auch die Anleihekäufe eingestellt werden. Deshalb sollten sich Anleger auf den geldpolitischen Gezeitenwechsel einstellen. Er erwartet, dass die Renditen sicherer Staatsanleihen moderat, aber graduell ansteigen werden. Daher werde der geldpolitische Rückenwind in Zukunft nicht mehr blasen. "Die Performancetreiber an den Aktienmärkten müssen in Zukunft von fundamentaler Seite, also von steigenden Gewinnen, kommen", sagt Engels. Er rät zudem dazu, vermehrt auch marktneutrale Strategien wie Relative-Value-Ansätze zu nutzen.