Schon seit 2018 gelten neue Regeln für ETFs und gemanagte Fonds, doch dieUnsicherheit bleibt groß. Elf Besteuerungs-Grundsätze und wichtige Ausnahmen im Überblick. Von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

Alle Investmentfonds sind gleich. Zumindest in den ­Augen des Fiskus. Seitdem das Investmentsteuerreformgesetz am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, werden alle ETFs und gemanagten Fonds einheitlich besteuert. Die Neu­regelung soll Fondsinvestoren die Einkommensteuererklärung erleichtern, sorgt aber auch für neue Probleme. Folgende Details sind für Anleger wichtig.

Steuern auf Anlegerebene


Auf Kurs­gewinne und Ausschüttungen von Investmentfonds müssen An­leger grundsätzlich 25 Prozent Abgeltungsteuer zahlen. Darauf kommen noch 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer - je nach Bundesland sind das acht oder neun Prozent. Daraus errechnet sich für die Fondserträge von Anlegern eine ­Gesamtsteuerbelastung von maximal 27,99 Prozent. Depotbanken fungieren als Zahlstellen des Fiskus und führen alle Abgaben auf Kapitalerträge an die zuständigen Finanzämter ab. Fondsanleger müssen nicht selbst tätig werden.

Steuern auf Fondsebene


Bei Investmentfonds werden seit dem Veranlagungsjahr 2018 auf Fondsebene 15 Prozent Körperschaftsteuer abgezogen, wenn sie deutsche Dividenden ­kassieren. Bei Erträgen aus deutschen Immobilien sind es 15,875 Prozent.

Freistellungsaufträge


Bis zur Höhe des Sparerpauschbetrags (801 Euro Alleinstehende, 1.602 Euro zusammen veranlagte Partner) können Anleger ihre Fondserträge per Freistellungsauftrag von der Abgeltungsteuer befreien lassen. Er ist auf mehrere Institute aufteilbar, aber nur mit Steuer-Identifikationsnummer gültig.

Teilfreistellungen I


Um die Besteuerung auf Fondsebene auszugleichen, werden Ausschüttungen und Verkaufsgewinne auf Anlegerebene teilweise frei­gestellt. Bei reinen Aktienfonds sind es 30 Prozent. Anleger erhalten bei Mischfonds, die mindestens 51 Prozent in Aktien anlegen, ebenfalls 30 Prozent der Ausschüttungen steuerfrei. Bei Mischfonds mit wenigstens 25 Prozent Aktienanteil sind es 15 Prozent. Bei Immobilienfonds zahlen Anleger auf 60 Prozent der Erträge keine Abgeltungsteuer. Haben diese ­ihren Anlageschwerpunkt im Ausland, werden sogar 80 Prozent freigestellt.

Teilfreistellungen II


Der Vorteil der Teilfreistellung bei den realisierten Kursgewinnen wird zum Malus, wenn Investmentfonds mit einem Minus veräußert werden. Bei allen Fondsverlusten, die seit 2018 eingefahren werden, sind auch die steuerlich anrechenbaren Verlustbeträge für Anleger parallel um 30 Prozent reduziert.

Günstigerprüfung


Wer als Fondsanleger zweifelt, ob für ihn die 25-prozentige Pauschale oder der Grenzsteuersatz auf Basis des ­Gesamteinkommens vorteilhafter ist, kann eine "Günstigerprüfung" beantragen. Das Finanzamt muss dann die für Steuerzahler vorteilhaftere Konstellation berücksichtigen.

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Fünf weitere wichtige Aspekte


Altfondsanteile


Der rechtliche Bestandsschutz für alle vor 2009 gekauften Fonds ist seit dem vergangenen Jahr aufgehoben. Nur Gewinne aus Altfonds, die bis 31. Dezember 2017 realisiert wurden oder als Buchgewinne bis zu diesem Stichtag aufgelaufen sind, bleiben in jedem Fall steuerfrei. Zudem sind auch alle Verkaufsgewinne aus vor 2009 angeschafften Fondsanteilen, die ab Januar 2018 neu entstehen, bis zu einem Betrag von 100.000 Euro steuerfrei.

Auslandsfonds


Angenommen, Sie besitzen thesau­rie­ren­de Auslandsfonds, die Dividenden und Zinsen nicht ausschütten, sondern im Fondsvermögen anlegen, dann müssen Sie die Daten ab dem Steuerjahr 2018 nicht mehr händisch in die Steuererklärung (Anlage KAP) einfügen. Grund: Die deutsche Abgeltungsteuer wird nun auch auf Erträge thesaurierender Auslandsfonds abgeführt. Da Fonds und ETFs keinen Nachweis mehr über gezahlte ausländische Quellensteuer ­erbringen müssen, können sie Anleger auch nicht mehr zurückfordern.

Fondssparpläne I


Sie werden steuerlich nicht als ein einheitliches Geschäft behandelt, sondern jede investierte Sparrate als einzelner Kauf. Wer Fondsanteile, die bereits vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 erworben wurden, verkauft, streicht Kursgewinne, die bis 31.12.2017 aufgelaufen sind, noch steuerfrei ein. Für alle nach diesem Stichtag neu entstandenen und entstehende Kursgewinne dieser Anteile gilt ebenfalls der neue Steuerfreibetrag von 100 000 Euro. Die laufenden Erträge eines In­vestmentfonds, etwa Dividenden oder Zinsen, müssen Fondssparer dagegen jährlich versteuern, unabhängig davon, wann die Anteile erworben wurden.

Fondssparpläne II


Beim Verkauf von Fondsanteilen gilt die Fifo-Methode ("First in, first out"). Wird ein Teil des Sparplans aufgelöst, gelten zunächst die zu Beginn des Sparplans gekauften Anteile als verkauft. Dies ist seit Einführung der Abgeltungsteuer 2009 für viele Anleger nachteilig, da zunächst die dem alten Recht unterliegenden Anteile und erst danach die nach 2009 erworbenen Anteile veräußert werden, bei denen die Wertzuwächse stets steuerpflichtig sind. Getrennte Sparplan-Depots für Altfonds und für nach 2009 gekaufte Fondsanteile sind ein Ausweg, um steuerfreie Kursgewinne zu konservieren.

Vorabpauschale


Zu Beginn 2019 wurden Anleger von thesaurierenden Investmentfonds, die 2018 keine oder kaum Erträge ausgeschüttet haben, erstmals besteuert. Die sogenannte Vorabpauschale ist ein fiktiver Mindestbetrag, der von der Finanzverwaltung anhand des geltenden Zinsniveaus (0,87 Prozent pro Jahr) jährlich neu festgelegt wird. Die Höhe der Vorabpauschale errechnet sich aus dem Wert des Fondsanteils zu Jahresbeginn 2018, multipliziert mit 70 Prozent des Basiszinses. Sie beträgt also 0,609 (0,87 x 0,7) Prozent des Fonds­rück­nah­me­preises zu Beginn des Jahres 2018 (Vermeidungsstrategien siehe Kasten). Die Abgabe fällt nur an, wenn der Fonds eine positive Wertentwicklung aufweist. Bei einem späteren Verkauf der Fondsanteile verrechnet die Depotbank Vorabpauschalen automatisch mit dem echten Veräußerungsgewinn.

Vorabpauschale:
Steuerabzug vermeiden


○ Fondserträge freistellen. Eine Möglichkeit für Fondsanleger, den Steuerabzug zu verhindern, ist ein Freistellungsauftrag in ausreichender Höhe. Solange der Sparerpauschbetrag (801 Euro Alleinstehende, 1.602 Euro Zusammenveranlagte) nicht ausgeschöpft ist, führen Depotban­ken Vorabpauschalen nicht ab. Wer noch keinen Freistellungsauftrag erteilt hat, kann zu viel gezahlte Steuern über die Steuererklärung 2019 zurückholen.

○ NV-Bescheinigung beantragen. Durch eine Nichtveranlagungs- Bescheinigung ("NV") kann der Abzug der Vorabpauschale vermieden werden. Sie ist beim Finanzamt zu beantragen und gilt für maximal drei Jahre, wenn Kapitalerträge den Sparerpauschbetrag übersteigen und die steuer­pflichtigen Einkünfte so gering sind, dass der Grundfreibetrag (9.168 Euro Alleinstehende,18.336 Euro Zusammenveranlagte) nicht überschritten wird.

○ Anteilsverkäufe ausgleichen. Die Vorabpauschale dürfen depotführende Stellen direkt vom Verrechnungskonto des Kunden abbuchen. Besteht das Depot bei einer Fondsgesellschaft, ist zum Abführen der Steuern auch ein Anteilsverkauf möglich. Das ist ­ärgerlich, wenn die Fonds zuvor mit Ausgabeaufschlag gekauft wurden. Die abgezogenen Beträge können bei einigen Gesellschaften, etwa Union Investment, kostenlos wieder angelegt werden.