Die Branche der Offenen Immobilienfonds scheint seit geraumer Zeit nur Extreme zu kennen. Es ist erst ein paar Jahre her, da bangte sie um ihre Existenz: Zwischen 2008 und 2010 wollten derart viele Anleger die Fonds verlassen, dass mehrere Anbieter ihre Produkte schließen mussten, weil sie kein Geld auszahlen konnten. Mittlerweile ist es umgekehrt. Auch heute machen einige Fonds dicht, aber nicht, weil zu viele Anleger aussteigen, sondern weil zu viele einsteigen wollen. Allein im Januar und Februar - neuere Daten liegen nicht vor - flossen der Produktgattung unter dem Strich 1,7 Milliarden Euro zu. Das ist der erfolgreichste Jahresauftakt für die Branche seit sechs Jahren. Der aktuelle Ansturm auf Offene Immobilienfonds hat einen simplen Grund: Anleger, die ein defensives Investment suchen, finden so gut wie keine Alternative mehr. Tages- und Festgeld bringen nur noch minimale Zinsen, und auch die Rendite von Anleihen ist zusammengeschrumpft. In ihrer Not suchen die Anleger ihr Heil in Offenen Immobilienfonds.

Anbieter unter Druck



Die starken Mittelzuflüsse setzen die Anbieter unter Druck. Denn sie finden kaum noch Möglichkeiten, das Geld der Anleger sinnvoll anzulegen. Im Regelfall kaufen die Fonds hochwertige Bürogebäude, Einkaufscenter oder Hotels, die in Metropolen in guter Lage stehen - sogenannte Core-Immobilien. Doch die jahrelange Niedrigzinsphase hat die Nachfrage nach Immobilien und deren Preise in die Höhe getrieben, insbesondere bei den Topobjekten. Deshalb schrecken viele Fonds davor zurück, weitere Core-Immobilien zu überhöhten Preisen einzukaufen. Doch genauso sinnlos ist es für die Anbieter, das Kapital der Anleger auf dem Sparkonto zu bunkern. Denn dort gibt es keine oder sogar negative Zinsen, seit die Europäische Zentralbank eine Einlagegebühr von 0,4 Prozent verlangt. Liquidität bremst also die Rendite, die ein Offener Immobilienfonds erzielen kann.

Die Fondsgesellschaften haben unterschiedlich auf den Druck reagiert. Union Investment, Fondstochter der Volks- und Raiffeisenbanken, schließt ihre Offenen Immobilienfonds, sobald zu viel Geld zugeflossen ist, das nicht in Immobilien investiert werden kann. Zurzeit hat der Anbieter die Ausgabe neuer Anteile für seine drei Fonds gestoppt. Nur über die Börse kommen interessierte Anleger an die Produkte heran. Deka, die Fondsgesellschaft der Sparkassen, arbeitet mit jährlichen Zuflusskontingenten. Sind diese erschöpft, wird der Fonds dichtgemacht. Noch sind alle drei Deka-Produkte offen, doch es man kann mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass die Anteilsausgabe im Lauf des Jahres eingestellt wird. Schotten dicht heißt es auch beim Grundbesitz Fokus Deutschland der Deutschen Bank. Der relativ junge Fonds hat viel Geld eingesammelt, das nun erst einmal investiert werden muss.

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Nur kurzzeitig offen



Andere Produkte arbeiten mit einem Cash-Call-Verfahren. Sie sind quasi dauerhaft geschlossen und öffnen nur dann, wenn sie interessante Objekte in Aussicht haben, die sie mit frischem Geld erwerben wollen. Der auf deutsche Wohnimmobilien spezialisierte Wertgrund WohnSelect D nutzt dieses Verfahren genauso wie die relativ jungen Fonds Leading Cities Invest und Fokus Wohnen Deutschland. Bei den beiden Letztgenannten läuft zurzeit ein Cash-Call: Anleger können Anteile zeichnen. Der Wertgrund WohnSelect D hingegen sammelte zuletzt Mitte März für wenige Tage Geld ein, mittlerweile ist er wieder dicht. Auch hier bleibt nur der Weg über die Börse.

Wer unmittelbar an Mieteinnahmen und Wertsteigerungen von Gebäuden teilhaben möchte und den Kauf einer eigenen Immobilie scheut, kommt an Offenen Immobilienfonds nicht vorbei. Schnell reich wird man mit den Produkten allerdings nicht: Die besten Fonds erzielen Renditen von zwei bis drei Prozent, nur in Ausnahmefällen gibt es mehr. Dafür sind jedoch die Schwankungen extrem gering, weshalb Offene Immobilienfonds als defensiver Baustein für die meisten Depots geeignet sind. Hundertprozentigen Schutz vor Kursverlusten bieten die Produkte indes nicht. Der Wert der Gebäude eines Fonds kann sinken, was sich in fallenden Anteilspreisen äußert. Auch das Risiko, dass es irgendwann wieder zu einem Ansturm von Ausstiegswilligen kommt, bleibt bestehen. Dieses ist allerdings seit Mitte 2013 infolge verschärfter Regelungen deutlich reduziert: Wer heutzutage einen Offenen Immobilienfonds kauft, muss seine Anteile mindestens zwei Jahre lang halten, außerdem gilt eine einjährige Kündigungsfrist. Das verhindert, dass die Gesellschaften überraschend viel Geld an die Anleger auszahlen müssen.