Wenn Deutschlands größte Fondsgesellschaft ein Portfolio nach seinem Manager benennt, ist das schon eine besondere Auszeichnung. Klaus Kaldemorgen wird diese Ehre zuteil. Nach fast 30 Jahren bei der DWS trat er 2011 mit einem Multi-Asset-Fonds an, der seinen Namen trägt. Der DWS Concept Kaldemorgen will ordentliche Erträge erzielen und Verluste im Zaum halten. Der Ausnahmemanager sprach mit €uro am Sonntag über seine Erwartungen an dieses Jahr, alternativlose Aktien und Pragma­tismus in der Klimadebatte.

€uro am Sonntag: Wird 2020 ein gutes Börsenjahr oder müssen sich Anleger nach dem herausragenden Vorjahr in Acht nehmen?
Klaus Kaldemorgen: Es spricht nichts gegen einen hohen einstelligen Zuwachs an den Aktienmärkten in diesem Jahr. Dass 2019 so stark war, muss die Anleger für 2020 nicht verunsichern. Historisch betrachtet gab es in den vergangenen 40 Jahren nach derart starken Börsenaufschwüngen wie 2019 nie ein Minusjahr. Meist stiegen die Kurse in den zwölf Monaten danach um sieben bis acht Prozent. Damit dürfen Anleger auch 2020 rechnen.

Sie haben vor gut einem Jahr auf verschiedene Unwägbarkeiten für 2019 hingewiesen und dazu eine Abkürzung kreiert: BRIFT. Die setzt sich zusammen aus Brexit, ­Rezession, Italien, Frankreich und Trump. Inwieweit haben sich diese Problemfelder realisiert?
Die starke Kursentwicklung zeigt es schon: Alles hat sich etwas entspannt. Mit dem Brexit scheinen sich die europäischen Staaten abgefunden zu haben und können damit leben. Zu einer Rezession ist es nicht gekommen, und die Stabilität in der Eurozone ist erhalten geblieben. Auch beim Handelskonflikt zwischen den USA und China gab es Zeichen der Annäherungen.

Vor wenigen Tagen haben die USA und China eine erste Handelsvereinbarung unterzeichnet. Ist der Streit zwischen den beiden Ländern damit entschärft und wird bald erledigt sein?
Nein, ich denke nicht, dass es im Lauf des Jahres eine endgültige Lösung geben wird. Die Chinesen glauben, dass sie mit einem anderen US-Präsidenten besser verhandeln könnten, und werden deshalb die US-Wahl im November abwarten. Auf der anderen Seite will Trump Punkte im Wahlkampf sammeln, indem er den Konflikt am Köcheln hält. Beide Parteien haben also kein Interesse an einer zeitnahen abschließenden Einigung.

Haben Sie für 2020 eigentlich ein neues Akronym?
Ja, für dieses Jahr gilt TINA. Diese Abkürzung stammt zwar nicht von mir, macht aber deutlich, wohin die Reise geht: "There is no alternative." Das heißt, zu Aktien gibt es langfristig keine Alternative. Die Geldpolitik wird locker bleiben, und die Zen­tralbanken weltweit halten die Märkte bei Stimmung. Das wird auch 2020 der entscheidende Börsentreiber sein. Außerdem erwarten wir keine Rezession. Aktien werden deshalb von Umschichtungen der Anleger profitieren.

Sind die Börsen nicht schon sehr hoch bewertet?
Von einer Überbewertung am Aktienmarkt kann man weiß Gott nicht sprechen. Die Bewertung ist im Durchschnitt in den vergangenen zehn Jahren unverändert geblieben. Aber die einzelnen Bereiche haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Unternehmen, die Wachstum zeigen, sind mittlerweile ziemlich teuer. Firmen mit Problemen, zum Beispiel infolge der Klimadebatte, sind dagegen niedrig bewertet. Etwa die Automobilbranche oder die Ölindustrie. Aber auch Banken, denen die negativen Zinsen und die Digitalisierung Probleme bereiten.

Machen die niedrigen Bewertungen diese Branchen nicht attraktiv?
Eigentlich sollte man die Finger davon lassen, wenn einem der Wind ins Gesicht weht. Aber alles hat seinen Preis. Man bekommt bei derartigen Unternehmen höhere Risikoprämien durch die höheren Dividenden und die niedrige Bewertung. Das kann diese Titel interessant machen.

Sie haben das Thema Klimawandel angesprochen, das auch die Debatten in der Wirtschaft maßgeblich beeinflusst. Inwiefern spielt das bei Ihren Anlageentscheidungen eine Rolle?
Das Klimathema hat eine derartige gesellschaftspolitische Relevanz bekommen, dass es sträflich wäre, wenn wir es nicht beachten würden. Es hat dazu geführt, dass Aktien aus einigen Bereichen sehr hoch bewertet sind, die als Gewinner der Klimabemühungen angesehen werden - etwa aus dem Segment Erneuerbare Energien. Ich finde aber, man sollte die Sache pragmatisch und nicht dogmatisch angehen.

Wie meinen Sie das?
Bei der Diskussion über den Klimawandel konzentrieren wir uns zu stark auf das Thema Kohlendioxid und beurteilen den CO2-Ausstoß nach absoluten Zahlen. Das ist nicht zielführend. Wir sollten unterscheiden zwischen gutem CO2-Ausstoß und schlechtem. Das bedeutet, selbst wenn zwei Firmen den gleichen Ausstoß haben, ist beispielsweise der Kohlendioxid-Ausstoß eines Halb­leiterunternehmens eher verkraft-­bar als der ­eines Transportunter­nehmens, das Äpfel aus Neuseeland nach Deutschland importiert. Wir müssen bei ­unseren Anlageentscheidungen zukunftsorientiert denken und uns fragen, welche Unternehmen tragbare und glaubwürdige ­Konzepte haben, um ihre CO2-Emissionen deutlich zu verringern beziehungsweise CO2-­neutral produzieren zu können.

Für Ihren Fonds, den DWS Concept Kaldemorgen, war 2019 ein sehr gutes Jahr. Der Wertzuwachs stimmte, und keinem anderen Fonds aus ­Ihrem Haus floss mehr Geld zu. Wie wollen Sie das Portfolio 2020 ausrichten - auch wenn Sie für Aktien kaum Alternativen sehen?
Mein Ziel ist es, ansehnliche Erträge zu erwirtschaften und gleichzeitig das Verlustrisiko gering zu halten. Das gelingt uns nur, wenn wir Anlageklassen mischen. Trotz des niedrigen Zinsniveaus gibt es noch Anleihen, die ein Portfolio stabilisieren können. Das sind vor allem lang laufende Staatsanleihen aus den USA. Sie liefern noch immer eine positive Rendite. Zudem ist es dort durchaus denkbar, dass die Zinsen sinken und der Kurs der Anleihen zulegt.

In den vergangenen zwölf Monaten hat auch Ihr Goldinvestment einen ordentlichen Beitrag zur guten Wert­entwicklung geliefert. Halten Sie dem Edelmetall die Treue?
Gold ist weiterhin ein guter Stabilitätsanker. Doch ich glaube nicht an einen neuen Kurssprung bei Gold. Falls ich attraktivere Möglichkeiten sehe, kann der Goldanteil in meinem Portfolio auch abnehmen.

Kurzvita

Galionsfigur


Klaus Kaldemorgen startete 1982 bei der DWS und bleibt der Gesellschaft bis heute treu. Bekannt wird er Ende der 90er-Jahre mit dem erfolgreichen Management des DWS Vermögensbildungsfonds I, der weltweit in Aktien investiert. Von 2003 bis Ende 2010 gehörte der Volkswirt der Geschäftsführung der DWS an, gab diese Position aber wieder auf, um sich ganz auf das Portfolio­management zu konzentrieren. Seit 2011 lenkt er den Abso­lute-Return-Fonds DWS Concept Kaldemorgen.

Der Fonds

Ruhiger schlafen


Der DWS Concept Kaldemorgen (ISIN: LU 059 994 689 3) verfolgt einen Absolute-Return-Ansatz. Gemischte Anlageklassen und Absicherungsstrategien helfen, Schwankungen und Verluste zu begrenzen. Zurzeit setzt Klaus Kaldemorgen vor allem auf Aktien. US-Staatsanleihen und Gold sorgen für Stabilität.