Auf Bratwurst müssen Fans des britischen Viertligisten Forest Green Rovers verzichten. Denn im Stadion The New Lawn gibt es nur veganes Essen - auch für Spieler und Mitarbeiter. Der Rasen wird ohne Pestizide gepflegt, das Flutlicht mit Ökostrom betrieben. Sein Engagement für Nachhaltigkeit verschaffte dem Club jetzt einen Sponsorenvertrag mit der Fondsgesellschaft Candriam.

Das Interesse des Vermögensverwalters kommt nicht von ungefähr. Das Thema Nachhaltigkeit boomt in der Finanzbranche. Allein im ersten Quartal wurden für deutsche Anleger 30 neue auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Fonds und ETFs lanciert, ermittelte die Rating­agentur Scope. Ende April waren damit insgesamt knapp 790 nachhaltige Fonds­produkte auf dem Markt, sie verwalten 200 Milliarden Euro. Auslöser dieser Produktlawine ist vor allem der EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzwesen.

Er soll institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds dazu verpflichten, die Faktoren Umwelt (Environment), Soziales und Unternehmensführung (Governance), kurz ESG, bei ihren Anlageentscheidungen zu berücksichtigen. "Wir sollten unser Geld in Projekte investieren, die mit unseren Dekarbonisierungszielen und der Bekämpfung des Klimawandels vereinbar sind", sagt Valdis Dombrovskis, EU-Vizepräsident für Finanzdienstleistungen. "Dies ist nicht nur für die Umwelt und die Wirtschaft wichtig, sondern auch für die Finanzstabilität."

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Unübersichtliches Angebot


Viele Privatanleger sind der gleichen Meinung. Die Vielzahl an Produkten und Ansätzen macht die Auswahl nachhaltiger Investments jedoch schwer. Anleger müssen noch stärker als sonst hinterfragen, welche Strategie am besten zu ihren (Wert-)Vorstellungen passt. Denn wie der folgende Überblick zeigt, hat jede Strategie Vor- und Nachteile, und manchmal verbirgt sich etwas ganz anderes hinter einem Produkt, als der Name suggeriert.

Nachhaltig investieren bedeutet statistisch betrachtet häufig eine höhere Rendite. Die Universität Oxford und die Vermögensverwaltung Arabesque Partners haben dazu vor vier Jahren rund 200 Studien zusammengefasst. In 80 Prozent davon hatten Nachhaltigkeitskriterien einen positiven Einfluss auf die Performance. Eine bis 1970 zurückreichende Analyse von DWS und der Universität Hamburg fand in 2250 Quellen überwiegend positive (62,5 Prozent) oder neutrale (27,5 Prozent) Einflüsse. "Vor allem für den Aspekt Unternehmensführung, darunter fällt zum Beispiel Transparenz, ist der Zusammenhang mit der Outperformance eines Unternehmens gut belegt", sagt Faryda Lindeman, Nachhaltigkeitsexpertin bei NN Investment Partners. "Für ein positives Momentum bei Umwelt- und sozialen Faktoren gibt es starke Hinweise."

Nachhaltige Anlagestrategien lassen sich grob in drei Gruppen unterteilen (siehe Grafik oben): Portfolios, die nachhaltig, sustainable oder SRI im Titel tragen, schließen bestimmte Unternehmen und Sektoren grundsätzlich aus, etwa Waffenhersteller oder Kohleförderer. Viele Fonds beschränken sich zusätzlich auf Firmen, die in Nachhaltigkeitsrankings am besten abschneiden. Dabei wird immer branchenweit verglichen ("Best-in-class"). Deshalb kann etwa der Ölkonzern Total im Portfolio landen, weil er als umweltfreundlicher eingeschätzt wird als Exxon oder Shell. Je nach Strenge der Filter schrumpft die Zahl der investierbaren Firmen stark. Das geht zulasten der Diversifikation.

Der neuere Ansatz der ESG-Integration berücksichtigt ESG-Faktoren von vornherein bei der Aktienanalyse, genauso wie etwa Wachstum, Verschuldung und Gewinn. Dahinter steckt die These, dass sich Firmen, die nach diesen Kriterien gut abschneiden, auch besser entwickeln als Konkurrenten mit ESG-Defiziten. Die ESG-Integration ist ein Ziel des EU-Aktionsplans.

Die jüngste Strategie geht noch weiter: Beim Impact Investing, dem wirkungs­orientierten Investieren, geht es darum, welchen Beitrag ein Konzern zur Lösung von sozialen oder Umweltproblemen leistet. Dafür gibt es noch keine standardisierten Methoden. Fondsmanager orientieren sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDG) der Vereinten Nationen wie "saubere Energie" oder "Gesundheit und Wohlergehen". Das birgt die Gefahr, dass Impact-Portfolios sich nur auf wenige Themen konzentrieren. Eventuell entsteht so ein Klumpenrisiko.

Neben den Strategievarianten stehen Anleger vor der Alternative ETF oder aktiv gemanagter Fonds. Für viele gängige Indizes sind nachhaltige Versionen auf dem Markt: nur mit Ausschlussfilter (zum Beispiel die irreführend benannten MSCI ESG screened-ETFs) oder mit Ausschlussfilter plus Best-in-class-Auswahl (zum Beispiel MSCI SRI- oder Dow Jones Sustainability-ETFs). Die Methodologie ist - so man sie einmal verstanden hat - transparent, und die Produkte glänzen mit niedrigen Gebühren.

Best-in-class-Rankings bewerten den Ist-Zustand, manchmal nur anhand von Firmenangaben. Für Anleger häufig attraktiver sind jedoch Unternehmen, die sich absehbar in ESG- und Impact-Faktoren verbessern werden. Und eine möglichst rigorose Überprüfung der Daten minimiert das Risiko. Diese Leistungen erbringen aktive Fonds. Außerdem sehen viele Fondsmanager heute die persönliche Interaktion mit den Firmen als wichtigste Komponente bei nachhaltigen Investments. Dabei können sie Verbesserungen bei den ESG-Standards einfordern. Abhängig vom verwalteten Kapital hat ihr Wort durchaus Gewicht. Diese Arbeit bezahlen Anleger mit höheren Gebühren als bei ETFs.

Der Markt ist in Bewegung, manche Produkte werden wieder verschwinden, neue hinzukommen. Wer sich im aktuellen Angebot nicht wiederfindet, kann getrost abwarten. Einstweilen lässt sich der Nachhaltigkeitsgedanke zum Beispiel beim Konsum ausleben. Vegane Pizza und veganes Bier schmecken sogar britischen Fußballfans.

Investor-Info

Nachhaltige ETFs
Passiv, aber selektiv


Die Mehrheit der nachhaltigen ETFs bedient sich entweder der Indexfamilie MSCI SRI oder MSCI ESG screened. SRI-ETFs schließen Titel aus den Bereichen Alkohol, Tabak, Glücksspiel, Rüstung, Pornografie, Kernenergie und Gentechnik aus und wählen die nach ESG- Standards besten Unternehmen aus. ESG-screened-ETFs schließen die Bereiche Kohle, Tabak und Waffen aus sowie Firmen, die nicht das UN-Global-Compact-Abkommen unterzeichnet haben. Dabei geht es zum Beispiel um die Einhaltung der Menschenrechte und die Abschaffung von Kinderarbeit. ESG-screened-ETFs nehmen kein ESG-Ranking vor. In der Tabelle finden Sie jeweils preisgünstige ETFs auf Welt- und Europa-Indizes in der SRI- und der ESG-screened-Variante. Eine Besonderheit ist der UBS ACWI SRI: Als einziges Produkt bildet er den All-Country- World-Index ab, der neben Industrie- auch Schwellenländer enthält. Außerdem begrenzt er einzelne Titel auf fünf Prozent Portfolioanteil und ist währungsgesichert. Dow-Jones- Sustainability-ETFs, denen ein Nachhaltigkeitsranking von RobecoSAM zugrunde liegt, wurden aufgrund der höheren Gebühren nicht berücksichtigt. Impact-ETFs sind auf dem deutschen Markt noch nicht erhältlich.

NN Gl. Eq. Impact Opportunities
Aktiv und engagiert


Seit Oktober 2016 verfolgen die beiden Manager Huub van der Riet und Willem Schramade einen wirkungsorientierten Investmentansatz. Nicht nur die ökonomischen Kennzahlen müssen stimmen, sondern auch der Beitrag zu den UN-Nachhaltigkeitszielen, damit sie eine Firma ins Portfolio nehmen. Dabei greifen sie auf unabhängige Datenlieferanten zurück und pflegen einen sehr aktiven Dialog mit Unternehmen. Zu den größten Positionen zählen Visa und Novozymes. Der Fonds hat sich etwas besser entwickelt als der MSCI ACWI.