Lange Zeit gehörten Offene Immobilienfonds zu den Lieblingen deutscher Anleger. Ihre hohe Solidität, akzeptable Renditen und die ständige Verfügbarkeit der investierten Mittel sorgten für große Beliebtheit bei privaten und institutionellen Investoren. Damit war es mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise Ende 2008 allerdings vorbei. Zu viele Anleger (insbesondere institutionelle) wollten ihre Anteile zurückgeben, sodass diverse Sondervermögen die Rücknahme aus Liquiditätsgründen zunächst aussetzen und zwei Jahre später endgültig einstellen mussten. Seither befinden sich die Produkte in der Zwangsabwicklung. Die Immobilien werden sukzessive verkauft und die daraus resultierenden Mittelzuflüsse in regelmäßigen Abständen an die Anteilseigner ausgeschüttet.

Sowohl in der Aussetzungsphase als auch im Rahmen der Abwicklung mussten die Net Asset Values (NAVs) der Fonds aufgrund von Abwertungs- und Verkaufsverlusten beim Immobilienvermögen zum Teil drastisch nach unten korrigiert werden. Dabei betrugen die Wertverluste seit Ende 2007 laut einer aktuellen Studie der Drescher & Cie Immo Consult AG in Einzelfällen über 60 Prozent (DEGI Global Business, TMW Weltfonds). Bei der Hälfte der Sondervermögen liegen die bewertungsbedingten Abschläge seither immerhin noch bei 28 bis 58 Prozent. Auch wenn es zuletzt bei einigen Fonds zu Immobilienverkäufen oberhalb des Bewertungsansatzes kam, ist davon auszugehen, dass sich die nicht ausschüttungsbedingten Abwertungen bis zum Ende des Abwicklungsprozesses per Saldo weiter fortsetzen werden, wenn auch mit deutlich reduzierter Dynamik.

Für klassische Immobilienfondskäufer, die die Anteile ursprünglich einmal über den Vertrieb der großen Banken erworben haben, insgesamt somit eine recht ernüchternde Erfahrung. Ganz anders sollte sich die Situation allerdings für solche Anleger darstellen, die erst jetzt in diese Assetklasse einsteigen. Schließlich liegt im Einkauf der Gewinn, wie eine alte Kaufmannsweisheit besagt, und der ist über die Börse derzeit zu Preisen von bis zu 25 Prozent unterhalb der NAVs möglich. Es bestehen somit hohe "Sicherheitsabschläge", durch die weitere Abwertungen sowie anfallende Gebühren, Steuern und nicht zuletzt unvorhergesehene Belastungen wie etwaige Garantieleistungen für verkaufte Immobilien abgefedert werden können. Gleichzeitig ist erhebliches Renditepotenzial für den zu erwartenden Fall gegeben, dass die noch folgenden Auszahlungen insgesamt (deutlich) oberhalb der aktuellen Börsenkurse liegen.

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Keep it simple

Da es Privatanlegern praktisch nicht möglich ist, die Qualität der verschiedenen Portfolios zu bewerten, bietet sich zur Fondsauswahl insbesondere der Rückgriff auf die prozentuale Differenz zwischen Börsenkurs und dem von der Depotbank veröffentlichten KAG-Preis (NAV) an. In ihr kommen wie bereits erwähnt der "Sicherheitsabschlag" respektive das "Gewinnpotenzial" zum Ausdruck.

Interessant ist zudem die Liquiditätsquote. Abzüglich einer gewissen Reserve, die unter anderem für den Betrieb der noch vorhandenen Objekte sowie die Abdeckung etwaiger Gewährleistungsansprüche aus bereits verkauften Immobilien vorgehalten werden muss, steht die vorhandene Bruttoliquidität für die nächste Ausschüttung zur Verfügung. So zumindest die Theorie. Praktisch ist zwar festzustellen, dass die zuständigen Verwalter dazu neigen, Liquidität möglichst lange einzubehalten - wohl auch, um darauf noch Managementgebühren erheben zu können. Grundsätzlich besteht aber schon ein Zusammenhang zwischen Liquiditätsquote und in näherer Zukunft zu erwartenden Ausschüttungen. Schnelle Rückflüsse sorgen aber für einen hohen internen Zinsfuß. Außerdem schlagen Immobilienabwertungen bei hoher Liquidität nicht so stark auf das Fondsvermögen durch.

Noch einen Schritt weiter gehen Anleger mit dem Kauf von Immobiliendachfonds. Nachdem die Anteile der Zielfonds von diesen nicht mehr zurückgenommen wurden, blieb letztendlich auch den auf dieses Segment spezialisierten Dachfonds nichts anderes übrig, als die Rücknahme von Anteilen einzustellen und sich ebenfalls in Abwicklung zu begeben. Ihre Ausschüttungen an die Fondsbesitzer werden dabei mit entsprechender Verzögerung maßgeblich von den Liquiditätszuflüssen bestimmt, die sie von den Zielfonds erhalten. Sachlogisch wird sich der Auflösungsprozess bei den Immobiliendachfonds damit noch länger hinziehen als bei den Sondervermögen, in die sie investiert haben. Aufgrund der zusätzlichen Verwaltungsebene fallen zudem weitere Kosten an. Andererseits ist das Risiko bei ihnen breiter gestreut, und ihre Börsenkurse weisen zum Teil noch größere Abschläge auf die KAG-Preise auf. Freie Liquidität wird bei ihnen in regelmäßigen Abständen (meist halbjährlich) fast vollständig an die einzelnen Anteilseigner ausgeschüttet.

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Interessantes Chance-Risiko-Profil

Aufgrund der hohen Kursabschläge zum NAV zeichnet sich die Assetklasse der Offenen Immobilienfonds in Zwangsabwicklung durch ein überaus interessantes Chance-Risiko-Profil aus. Renditen wie zuletzt am Aktienmarkt sind zwar nicht realisierbar, auf Jahressicht kann der interne Zinsfuß bei sehr überschaubarem Risiko aber durchaus zwischen acht und zwölf Prozent betragen. Da die Spreads zum Teil relativ breit ausfallen, kann es sich lohnen, etwas Geduld mitzubringen und etwaige Orders knapp oberhalb des jeweiligen Geldkurses zu platzieren. Umsatzstärkster Börsenplatz ist in der Regel Hamburg.

Bliebe abschließend noch der Hinweis darauf, dass nach verschiedenen Gesetzesänderungen inzwischen auch die klassischen Offenen Immobilienfonds ein Comeback zu erleben scheinen. Entsprechende Engagements haben mit der hier beschriebenen Spekulation allerdings nur wenig gemein.

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