Sie wollen Ihrem Bankberater am Telefon von Ihrer neuesten Anlageidee erzählen. Doch der stoppt Sie mit dem Hinweis, er werde das Gespräch nun mitschneiden. Klingt komisch? Ab dem 3. Januar 2018 wird das Realität. Dann greift die jahrelang verhandelte EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive II) - die Wertpapiergeschäfte in der EU neu regelt.

MiFID bringt etliche neue Spiel-regeln mit sich und soll den Anlegerschutz verbessern. Zu den Neuerungen zählt, dass jedes Kundentelefonat mit einem Berater, das zu einer Wertpapierorder führen könnte, aufzuzeichnen ist. Dadurch soll vor Gericht leichter nachweisbar sein, dass in dem Beratungsgespräch auch ausreichend über die Risiken der empfohlenen Geldanlage gesprochen wurde. Möchte ein Kunde das nicht, muss er sich in der Filiale beraten lassen. Der Mitschnitt ist mehrere Jahre aufzu-bewahren - "unglaublich aufwendig", sagt Arne Hertel, Leiter des Kapitalmarktrechts beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV).

Eine Menge Papierkram



In dicken Briefen werden die Banken und Sparkassen vor dem Jahreswechsel ihre Kunden über die Details informieren. Eine weitere zentrale Neuerung ist die neue Geeignetheitserklärung. Sie löst das bereits 2010 in Deutschland eingeführte Beratungsprotokoll ab und wird den Kunden nach jedem Beratungsgespräch ausgehändigt. "Eine Beratung wird nicht durch eine Protokollierung gut", gibt Christian Ahlers, Finanzmarktexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), zu bedenken. "Der Kunde bekommt mehr Papier als früher, doch der Nutzen ist zweifelhaft. Besser wäre es gewesen, den gordischen Knoten der Provisionsberatung zu zerschlagen und ein echtes Provisionsverbot einzuführen."

Zwar glauben Experten wie Hertel, dass "die Kunden einen großen Wiedererkennungseffekt haben, wenn sie die alten Beratungsprotokolle mit der neuen Geeignetheitserklärung vergleichen". Aber es gibt wichtige Unterschiede: Die neue Erklärung "stellt stärker auf das Ergebnis des Beratungsprozesses ab als das bisherige Beratungsprotokoll", erklärt Verbraucherschützer Ahlers.



In dem Schriftstück haben die Institute ihren Kunden auszuführen, weshalb ein in der Beratung empfohlenes Wertpapier für den jeweiligen Kunden besonders geeignet ist, um seine Anlagewünsche und -ziele zu erfüllen. Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass das empfohlene Produkt zur Risikotoleranz und Verlusttragfähigkeit des Kunden und zu seinen Wertpapierkenntnissen und -erfahrungen passen muss. Andere Geldanlagen wie etwa Tages- oder Festgeld unterliegen weiterhin nicht der Protokollierungspflicht.

Es gilt aber: Auch wenn man häufig beraten wird, darf man nicht einfach auf die Geeignetheitserklärung verzichten. Hertel beobachtet daher, dass viele "wertpapieraffine Kunden die Protokollierungspflicht als Bevormundung empfinden". Verbraucherschützer haben ein anderes Problem: "Unserer Erfahrung nach haben die Banken die Protokolle genutzt, um sich elegant aus der Affäre zu ziehen. Vielfach wurde mit Textbausteinen gearbeitet, die im Zweifelsfalle jede Haftung ausschlossen. Diese Gefahr besteht bei der Geeignetheitserklärung fort", erklärt Ahlers.

Mehr Infos zu den Kosten



Ab 2018 bekommen Kunden ferner mehr Transparenz zu den Kosten der empfohlenen Wertpapiere. In einer genauen Kostenaufstellung wird ihnen vorgerechnet, wie viel sie das Finanzprodukt in Euro und Cent kostet - und zwar nicht nur beim Kauf, sondern auch was man bei einem späteren Verkauf an Gebühren zahlt. Daneben wird aufgeführt, mit welchen laufenden Kosten während der Haltedauer des Papiers zu rechnen ist und was die Bank - etwa bei Fonds - jährlich an Bestandsprovisionen einstreicht. Gewinnmargen, die Banken bei Festpreisgeschäften kassieren, gehören indes nicht dazu. "Es gibt diverse Umgehungsmöglichkeiten, um die Offenlegung von Provisionen zu verhindern", sagt vzbv-Mann Ahlers.

Laut MiFID II sind Provisionen aber nur dann erlaubt, wenn sie dem Kunden gegenüber offengelegt werden und sie dazu dienen, die Qualität der Dienstleistung für Kunden zu verbessern. Wann das der Fall ist, darüber lässt sich streiten. Schon ein weitverzweigtes Filialnetz mit Beratern vor Ort soll als Qualitätsverbesserung gelten - das klingt wie maßgeschneidert für deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken. "Provisionen verhindern eine gute Beratung. Denn der vermeintliche Berater bleibt immer ein Stück weit ein Verkäufer, solange er sich über Provisionen finanziert", meint Ahlers.