Leidensfähig müssen Zinssparer in dieser Zeit der Nullzinsen sein. Besser noch, sie denken um: Das empfiehlt übrigens ausgerechnet auch Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank. In der "Bild" gab der Vielgescholtene Anlagetipps für entnervte deutsche Anleger: "Die Sparer haben es mit ihren Anlage-entscheidungen auch selbst in der Hand, wie hoch ihre Erträge ausfallen, auch in Zeiten niedriger Zinsen."

Zumindest in diesem Punkt hat der Top-Banker der EU eindeutig recht. An ertragsstarken Aktien führt kein Weg mehr vorbei, Dividenden sind die neuen Zinsen. Und da heißt es, auch ausländische Dividendenperlen zu berücksichtigen, die bis zu acht Prozent in Aussicht stellen. Damit die versprochene Rendite aber wirklich auf dem Konto landet, muss man sich mit den steuerlichen Spielregeln beschäftigen. Zunächst gelten die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten: Anleger mit Wohnsitz in Deutschland sind mit allen weltweit erzielten Kursgewinnen und Dividendenerträgen hierzulande steuerpflichtig. Hält man die Titel in einem Depot bei einer deutschen Bank, kümmert diese sich um den fälligen Abzug der Abgeltungsteuer; bei Auslandsdepots muss man dagegen die Erträge eigenständig in der jährlichen Steuererklärung nachmelden.

Steuerfrei bleiben Kapitalerträge und Kursgewinne in Höhe eines Sparer-pauschbetrags von 801 Euro für Ledige und 1602 Euro für Verheiratete. Hat man seiner inländischen Bank einen Freistellungs-auftrag erteilt, behält die Bank bis zur Höhe des Sparerpauschbetrags keine deutschen Steuern ein. Bei darüber hinausgehenden Erträgen werden 25 Prozent Abgeltungsteuer plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer fällig.

Wer in Auslandsaktien investiert, sollte die Besonderheiten des jeweiligen Landes kennen. Denn der Fiskus des ausschüttenden Unternehmens behält oft direkt eine Quellensteuer vom ausländischen Dividendenempfänger ein, ihm werden nur die verbleibenden Nettoerträge gutgeschrieben. Wehren kann man sich dagegen zunächst nicht - ein deutscher Freistellungsauftrag greift hier nicht.

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Besondere Auslandsspielregeln



Die Depotbank erteilt über die Steuerabzüge eine Steuerbescheinigung. Diese Abrechnung ist bares Geld wert. Denn in der Regel werden ausländische Quellensteuern bis zur Höhe von 15 Prozent automatisch auf die in Deutschland fällige Abgeltungsteuer angerechnet. Hierzulande werden dann nur noch die fehlenden zehn Prozent einbehalten - man zahlt also insgesamt nur die 25 Prozent, die auch bei einer inländischen Geldanlage fällig werden. In diesem Fall muss der Anleger nichts weiter unternehmen. Seine Steuerpflichten hat er damit erfüllt.

Selbst tätig werden muss er nur, wenn ihm mehr als 15 Prozent ausländische Quellensteuer abgezogen wurde. Dieses Geld kann er bei den ausländischen Steuer-behörden ganz oder teilweise zurückfordern. Wie hoch in den einzelnen Staaten der Quellensteuerabzug auf Dividenden ausfällt und wie viel man per Erstattungsantrag zurückerhalten kann, zeigt unsere nebenstehende Tabelle. Die Informationen dazu gibt es beim Bundeszentralamt für Steuern BZSt (www.bzst.de). Dort finden sich unter dem Link "Ausländische Antragsformulare" auch die Erstattungsformulare, oder es wird zumindest auf die Websites der ausländischen Behörden verwiesen.

Gut zu wissen: Zu viel Zeit sollte man sich mit der Quellensteuerrückforderung nicht lassen. Es gelten je nach Land unterschiedliche Verjährungsfristen von zwei bis vier Jahren ab Dividendenzahltag. Je nach Staat klappt das Ermäßigungsverfahren unterschiedlich gut. So läuft das Quellensteuerspiel in fünf wichtigen Ländern:

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USA



Der US-Fiskus verlangt auf die Dividenden von Coca-Cola und Co eine Quellensteuer von 30 Prozent. Davon wird die Hälfte (15 Prozent) deutschen Anlegern auf die heimische Steuerschuld angerechnet. Die in den USA abgezogenen 15 Prozent sind durch Abgabe einer Steuererklärung bei den US-Behörden zurückzufordern. Die Formulare hält die US-Steuerbehörde IRS unter www.irs.gov bereit. Zum Ausfüllen sind gute Englischkenntnisse erforderlich. Oder man delegiert das Ganze an seinen Steuerberater. Das lohnt sich aber nur bei größeren Summen.

Wer in den USA investieren will, kann mit einem einfachen Trick unnötige Scherereien und Steuerabzüge vermeiden: Indem für die eigenen Investments eine Depotbank ausgewählt wird, die sich bei den US-Behörden als "Qualified Intermediary" (QI) hat registrieren lassen. Fragen Sie vor einem Kauf von US-Aktien bei Ihrer Bank nach. Erfüllt diese die Bedingung, werden von US-Dividenden nämlich nur noch 15 Prozent Quellensteuer einbehalten, die der deutsche Fiskus dann in voller Höhe auf die deutsche Steuerschuld anrechnet. QI-Status haben die großen deutschen Direktbanken wie Comdirect, Consorsbank, DAB Bank, DKB, ING-DiBa, , Onvista Bank, S Broker, die BIW Bank (Depotbank von Flatex), aber üblicherweise auch die großen Geschäftsbanken. Gut zu wissen: Bei ausländischen Brokern ist zumeist das "W8-Formular" der IRS auszufüllen, um den Abzug zu verhindern.

Fazit: Bei US-Dividenden lässt sich eine Doppelbelastung mit Quellensteuern komplett vermeiden, wenn die richtige Depotbank ausgewählt wird.

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Schweiz



Schweizer Dividenden wachsen zwar nicht in den Himmel - dafür fließen sie pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk. Der Fiskus der Eidgenossen behält 35 Prozent Verrechnungssteuer von jeder Dividendengutschrift ein. Deutschen Anlegern werden 15 Prozent angerechnet, die restlichen 20 Prozent müssen sie sich von der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern erstatten lassen. Das Formular dazu lässt sich beim BZSt online ausfüllen. Dazu braucht man ein kleines Zusatzprogramm, den Snapform Viewer, den die Schweizer Behörden kostenlos zum Download anbieten. Auch Steuerlaien kommen damit klar.

Das ausgedruckte Formular schickt der Anleger zunächst an sein deutsches Wohnsitzfinanzamt, das bestätigen muss, dass er in Deutschland als Steuerzahler registriert ist. Erst dann schickt er es zusammen mit dem Dividendenbeleg und einem sogenannten Tax Voucher, den die Depotbank mit dem Dividendenbeleg liefern muss, an die Schweizer Steuerbehörden.

Genau an dieser Stelle geht die Gebührenschneiderei mancher deutscher Bank los. Während zum Beispiel die ING-DiBa den Tax Voucher automatisch und kostenfrei mitliefert, verlangt die Targobank zehn Euro je Ertragszahlung extra. Das eigentliche Erstattungsverfahren der Schweizer ist kostenfrei und dauert, je nach Antragsflut, bis zu sechs Monate. Da die Erstattung jedoch in Schweizer Franken erfolgt, verlangen manche Banken für den Währungstausch in Euro eine zusätzliche Gebühr.

Fazit: Die Quellensteuerrückforderung kann man selbst in die Hand nehmen - das spart Gebühren. Nur für den notwendigen Tax Voucher kassieren manche Banken. Wen das ärgert: Bank wechseln.

Frankreich



Schwierig wird es für Anleger in Frankreich. Dort ist das Verfahren zur Steuerrückforderung kompliziert, zumal der französische Fiskus erst mal 30 Prozent auf Dividenden kassiert. Die Hälfte erhalten deutsche Aktionäre auf die hiesige Steuerschuld gutgeschrieben. Die andere Hälfte müssen sie sich in Frankreich zurückholen. Die Krux: Für das Erstattungsverfahren brauchen Aktionäre ihre Depotbank und den Datendienstleister Clearstream. Und die kassieren beide saftig ab.

Doch der Reihe nach: Das Erstattungsformular gibt es beim BZSt als online ausfüllbare Variante mehrsprachig und gut verständlich. Danach braucht man vom Finanzamt wiederum eine Wohnsitzbestätigung. Nun wird es kompliziert: Denn das Formular lässt nicht einfach abschicken. Erstattungsanträge bearbeitet die französische Steuerbehörde nur, wenn sie über die Depotbank eingereicht werden und wenn die deutsche Lagerstelle (in diesem Fall die deutsche Clearstream in Frankfurt am Main) bestätigt, dass die Aktien in einem deutschen Depot liegen. Das wird schnell teuer - die Spannen sind groß: Die ING-DiBa fordert für jeden Antrag 50 Euro, die Targobank 45,70 Euro, S Broker will satte 92,20 Euro, die Comdirect 20 Euro, Maxblue bearbeitet Erstattungsanträge kostenlos, Flatex dagegen überhaupt nicht. Wohlgemerkt: Es gut nur darum, ein vom Kunden ausgefülltes Formular weiterzuleiten. Dazu kommen die Gebühren von Clearstream - üblicherweise 71,40 Euro pro Dividendengutschrift, manche Bank berechnet etwas weniger.

Fazit: Die optisch hohen Dividenden französischer Aktien sind leider eine Fata Morgana. Besser ist es, die Hälfte der französischen Quellensteuer renditemindernd einzukalkulieren.

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Spanien



Seit Anfang 2015 sind spanische AGs für deutsche Investoren wieder attraktiver geworden. Nach einer Steuerrechtsänderung behält der dortige Fiskus 20 Prozent Quellensteuer auf Dividenden ein, 15 Prozent werden angerechnet, nur fünf Prozent müssen bei der zentralen Erstattungsbehörde in Madrid zurückgefordert werden. Über die Website des BZSt kann man das notwendige Erstattungsformular "Modelo 210" abrufen und online ausfüllen. Hier sind allerdings gute Englischkenntnisse erforderlich, denn auf Deutsch gibt es das Formular nicht. Gleiches gilt für die aktuell vom BZSt bereitgestellte Ausfüllhilfe. Tipp: Wer im Internet die Suchanfrage "Spanische Botschaft und Modelo 210" eingibt, erhält eine ältere deutschsprachige Version einer Ausfüllhilfe der spanischen Botschaft in Berlin. Damit kommt man gut allein klar. Die Spanier überweisen den Betrag in der Regel binnen sechs bis acht Monaten kostenfrei auf das Konto des Anlegers zurück.

Fazit: Die rückforderbare Quellensteuer beträgt nur fünf Prozent. Selbst wenn man sie abschreibt, stimmt die Rendite immer noch. Wer sich durch den Erstattungsantrag kämpft, erlebt verlässliche spanische Steuerbehörden.

Norwegen



Die Norweger verlangen 25 Prozent Quellensteuer - allerdings darf die deutsche Depotbank diese zunächst nicht auf die fällige Abgeltungsteuer des Anlegers anrechnen. Grund ist eine Besonderheit im norwegischen Steuersystem: Ausländische Investoren können in Norwegen zwischen zwei Erstattungsvarianten wählen. Bei Variante 1, der "Shielding Deduction", erhalten Aktionäre aus dem EU-Ausland die Quellensteuer insgesamt zurück. Bei Variante 2 können Anleger nachträglich eine Reduzierung der Quellensteuer von 25 auf 15 Prozent beantragen. Dann erhalten sie die überzahlten zehn Prozentpunkte aus Norwegen zurück. Die restlichen 15 Prozent können sie über die Steuererklärung als anrechenbare Quellensteuer nachträglich wiederbekommen.

Das Erstattungsverfahren ist unkompliziert und kostenfrei. Ein Formular gibt es nicht. Nur dreierlei ist nötig: Eine Ansässigkeitsbescheinigung des deutschen Fiskus (über das BZSt), den Dividendenbeleg, aus dem der Quellensteuerabzug hervorgeht, und ein formloses Anschreiben an die norwegische Erstattungsbehörde - am besten gleich die Kontoverbindung mit IBAN und BIC-Code angeben. Gut zu wissen: Da viele norwegische Unternehmen ihre Dividenden quartalsweise auszahlen, lohnt es sich, erst für das Gesamtjahr einen Sammelantrag zu stellen. Die Rückerstattung erfolgt in Norwegischen Kronen. Die heimische Bank wird also beim Rücktausch in Euro eine Wechselgebühr abzwacken.

Fazit: Dividendentitel aus Norwegen machen richtig Laune, und die Rückforderung von Quellensteuern kann man selbst bewerkstelligen. Überhöhte Gebühren lassen sich damit sparen.

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