Ein neuer Erlass klärt Zweifelsfragen zur Abgeltungsteuer. Einige der neuen Regeln sind anlegerfreundlich, andere nicht. Was nun wichtig ist. Von Michael Schreiber

Die Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee berechnet ein Verwahrentgelt von 0,4 Prozent auf Guthaben von Giro- und Tagesgeldkonten ab einer Höhe von 100 000 Euro. Andere Banken wollen diesem Beispiel folgen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lehnt sich gelassen zurück. An der Zinsmisere für Kleinsparer wird er sich ohnehin nicht beteiligen. Sein Ministerium hat am 18. Januar einen neuen Erlass zu Zweifelsfragen rund um die Abgeltungsteuer herausgegeben (Aktenzeichen: IV C 1 - S 2252/08/10004:017). Danach stufen Schäubles Beamte die negativen Einlagezinsen nicht etwa als negative Zinseinnahmen ein, die dann steuerlich abzugsfähig wären. Sie halten die Strafzinsen für eine Art Verwahrgebühr für Bargeld. Gebühren werden steuerlich den Werbungskosten zugewiesen, die im Abgeltungsteuersystem durch den Sparerpauschbetrag von 801 Euro pro Steuerzahler abgegolten werden.

Xetra-Gold



In dem neuen Erlass stehen allerdings nicht nur schlechte Nachrichten. So akzeptiert der Fiskus jetzt endlich auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom Mai 2015 (Az. VIII R 19/14, 35/14 und 4/15), nach der Gewinne aus dem Verkauf von Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen, die einen Lieferanspruch auf physisches Gold verbriefen, nicht der Abgeltungsteuer unterliegen. Die Goldgeschäfte werden steuerfrei gestellt, wenn zwischen Anschaffung und Verkauf mehr als ein Jahr liegt. Damit bleiben künftig aber auch außerhalb der Jahresfrist realisierte Verluste mit den Goldbonds steuerlich unberücksichtigt. Das gilt allerdings noch nicht für Verluste, die Anleger im Jahr 2015 mit den Xetra-Papieren erlitten haben. Eine großzügige Übergangsregelung macht es möglich. Steuerzahler können ihre erlittenen Verluste mit anderen abgeltungsteuerpflichtigen Einnahmen Steuer sparend verrechnen. Haben sie im letzten Jahr mit den Goldbonds Gewinne erzielt, berufen sie sich auf die neue Rechtslage. Überzahlte Steuern holen sie beim Finanzamt über den Steuerbescheid zurück.

Wird das Wertpapier nicht durch Gold oder einen anderen Rohstoff in physischer Form abgesichert oder sehen die Emissionsbedingungen vor, dass der Kunde statt des Edelmetalls auch eine Geldzahlung verlangen kann, unterliegen die Erträge aus den Goldbonds weiterhin der Abgeltungsteuer.

Vorschusszinsen



Stellt die Bank bei der vorzeitigen Kündigung einer Spareinlage Vorschusszinsen in Rechnung, stufen die Finanzämter diese Aufwendungen als Kosten im Rahmen der Veräußerung der Kapitalanlage ein. Damit fließen sie in die Berechnung eines steuerpflichtigen Gewinns oder Verlusts mit ein. Übersteigen die Vorschusszinsen im Veräußerungsjahr die Habenzinsen, stellt die betroffene Bank den negativen Betrag in den Verlustverrechnungstopf ein und überträgt die Miesen in das nächste Kalenderjahr. Wer den Verlust zeitig nutzen möchte, beantragt bei seiner Bank bis zum 15. Dezember 2016 eine Verlustbescheinigung für das aktuelle Jahr.

Wertlose Aktien und Optionen



In einem Punkt ist der Ministererlass vom Januar 2016 schon wieder überholt. Darin hatten die Beamten noch die Auffassung vertreten, dass Verluste aus dem wertlosen Verfall von Aktien- und Indexoptionen steuerlich nicht berücksichtigt werden können. Dem hat der BFH gleich mit drei aktuellen Urteilen (Az. IX R 48/14, 49/14 und 50/14) Paroli geboten. Nach Meinung der Richter sind die Anschaffung der Option und der Ausgang des Optionsgeschäfts untrennbar als Einheit miteinander verbunden. Steuerzahler dürften daher erlittene Wertverluste auch steuerlich uneingeschränkt mit anderen Kapitalerträgen, etwa mit Anleihezinsen oder Aktiendividenden, verrechnen.

Vorsicht: Die Banken sind erst ab 1. Januar 2017 verpflichtet, die geänderte Rechtslage beim Einbehalt der Abgeltungsteuer zu berücksichtigen. Betroffene Anleger sollten genau aufpassen, dass 2016 erlittene Verluste aus dem Verfall von Optionen steuerlich nicht unter den Tisch fallen. Sind die Steuerbescheide alter Jahre noch nicht bestandskräftig, können Anleger bisher nicht berücksichtigte Verluste in der Steuererklärung nachschieben.

Rückwirkende Erstattung



Wer seiner Bank erst nach einem Steuerabzug einen neuen Freistellungsauftrag oder eine Nichtveranlagungsbescheinigung vorlegt, die rückwirkend zum Jahresanfang gültig ist, ist die Bank verpflichtet, bereits abgezogene Steuern wieder zu erstatten. Diese Neuregelung hat der Gesetzgeber im Sommer 2015 eingeführt.