Welche Strategien sind aktuell zu empfehlen? Worauf ist zu achten? Unsere Leser im Gespräch mit Finanzprofis. Von P. Gewalt und F. Petruschke, Euro am Sonntag

Handelskonflikte, der Brexit und schlechte Konjunkturdaten verunsichern die Aktienmärkte und die Anleger: Droht am Ende gar eine Rezession? Was macht Gold? Wie soll man sich als Anleger verhalten? Wie baut man langfristig ein Vermögen auf? Zwei Anlageexperten vom Bundesverband deutscher Banken, Thomas Meßner und Martin Brettschneider, beantworteten dazu die Fragen unserer Leser.

Sparen:


Ich bekomme keine Zinsen mehr auf mein Festgeld. Wann wird sich das ändern? Und wie kann ich mehr Rendite erzielen?

Martin Brettschneider:

Meiner Meinung nach wird sich daran so schnell nichts ändern. Mit ein wenig Pech haben wir sogar bald negative Einlagezinsen. Es gibt aber die Möglichkeit, mit vergleichsweise geringen Risiken durch Investitionen in einen Offenen Immobilienfonds oder konservative Multi-Asset-Fonds ihr Geld zu vermehren (über einen langen Anlagehorizont von zehn Jahren). Um Rendite zu erzielen, wird man auf absehbare Zeit nicht mehr an Aktien vorbeikommen.

Nachhaltigkeit:


Muss ich bei nachhaltigen Investments auf Rendite verzichten oder werfen "grüne Anlagen" sogar mehr ab? Soll ich lieber in einzelne Unternehmen oder in Fonds investieren?

Thomas Messner:

Studien zeigen, dass sich die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten über alle Anlageklassen hinweg in der Vergangenheit sogar eher positiv auf das Rendite-Risiko-Profil auswirken konnte. Empfehlenswert sind Investments in aktiv gemanagte Nachhaltigkeitsfonds, die breit streuen. Anleger sollten sich auch informieren, welche Nachhaltigkeitskriterien der jeweilige Fonds konkret verfolgt. Hier gibt es gravierende Unterschiede.

Investments


Ich habe einige Tesla-Aktien gekauft. Können Sie mir sagen, wie sich die Aktie in nächster Zeit entwickeln wird ?

Brettschneider:

Grundsätzlich sollte man bei der Anlage in Aktien langfristig planen, damit meine ich einen Zeithorizont von mindestens zehn Jahren. Zudem ist es immer gefährlich, nur in eine einzelne Aktie zu investieren. Daher würde ich Ihnen dringend raten, Ihr Portfolio breiter aufzustellen und zum Beispiel noch in einen Indexfonds zu investieren. Grundsätzlich gilt, je länger Sie in qualitativ hochwertige Aktien anlegen, desto größer sind am Ende Ihre Chancen, Gewinne zu erzielen.

Es heißt immer, dass sich die großen Aktienindizes historisch betrachtet sehr gut entwickelt haben. Ein Gegenbeispiel ist jedoch der japanische Nikkei. In den 1980er-Jahren stand er bei fast 40.000 Punkten. Diesen Wert hat der Index nie wieder erreicht. Woran liegt das - und könnte es dem DAX genauso ergehen?

Brettschneider:

Der Nikkei ist tatsächlich ein Ausnahmefall. Ausgelöst wurde der Kursrutsch durch die Zinspolitik der japanischen Notenbank und in Folge das Platzen verschiedener Blasen. Trotz aller Programme der Regierung in Japan und einer weiterhin sehr lockeren Geldpolitik (Nullzinspolitik) hat sich der Index bis heute nicht von diesem Tiefschlag erholt. Angesichts der EZB-Politik in den vergangenen Jahren gehen viele Beobachter davon aus, dass es auch in der Eurozone schwierig wird, die Niedrigzinspolitik zu beenden.

Strategie:


Ich bin 66 Jahre alt und Rentner. Ich habe 100.000 Euro in Aktien investiert und will diese Summe gern als Sicherheit behalten. Welche Strategie empfehlen Sie? Soll ich an der Börse investieren? Wenn ja, wie soll ich vorgehen?

Meßner:

Das ist nicht so einfach zu beantworten, denn ich müsste wissen, wie die restliche Vermögensstruktur aufgebaut ist und was Sicherheit für Sie bedeutet. Klar ist, dass Ihr Aktienportfolio möglichst breit gestreut sein sollte und Ihr Geld nicht nur in wenigen Aktien investiert ist. Zweitens sind klassische, bonitätsstarke Anleihen in Euro derzeit aufgrund der sehr niedrigen Zinsen nicht interessant als Einzelinvestment. Was Sie sich auch noch überlegen können, sind strukturierte Lösungen, diese werden teilweise mit Kapitalschutz ausgestattet. Was genau für Sie passt, sollten Sie aber am besten in einem Gespräch mit einem Berater analysieren.

Ich bin 55 Jahre alt und habe etwas Geld geerbt. Soll ich das Geld lieber in Aktien oder besser in eine Immobilie zur Selbstnutzung investieren - da sind die Gewinne ja steuerfrei.

Brettschneider:

Es gibt kein Entweder-oder. Man muss den Einzelfall betrachten. Das hängt zum einen von Ihrer derzeitigen Wohnungssituation ab. Zum anderen gilt es zu beachten, dass man auch bei Immobilien die Wertentwicklung nicht voraussehen kann. Aktien haben grundsätzlich den Vorteil, dass sie stündlich neu bewertet werden. Bei einer Immobilie bekommen Sie deutlich unregelmäßiger Rückmeldung. Für beide Anlageklassen gilt, dass sie als langfristiges Investment geplant werden sollten, also mindestens über einen Anlagehorizont von zehn Jahren.

Ich bin 16 Jahre alt, Schüler, und beginne gerade mit einem 450-Euro-Job. Lohnt es sich für mich schon, in Aktien zu investieren?

Messner:

Grundsätzlich gilt, je früher und länger du investierst, umso größer sind die Chancen auf eine ansehnliche Rendite. Über einen langen Zeitraum kannst du dadurch sowohl vom Zinseszinseffekt als auch vom sogenannten Cost-Average-Effekt profitieren. Mit Letzterem ist gemeint, dass du in Schwächephasen an der Börse viele Aktien oder Fondsanteile günstig kaufen kannst, die später höher rentieren. Am besten schließt du einen Aktiensparplan mit einer monatlichen Einzahlung ab, dies ist meistens ab 25 Euro möglich. Du bist hier sehr flexibel, informiere dich doch über mögliche Lösungen und verschiedene Anbieter. Gerade für junge Kunden gibt es interessante Angebote.

ETFs und ETCs:


Sind ETFs wirklich immer die bessere Wahl als aktiv gemanagte Fonds?

Messner:

Ich würde hier nicht pauschalisieren, denn ETFs sind nicht grundsätzlich besser als aktiv gemanagte Fonds. Ein Vorteil sind oft geringere Kosten, auf der anderen Seite kommt es darauf an, was für eine Managerleistung Sie bekommen. Bei steigenden Märkten gibt es tatsächlich meistens keine großen Unterschiede bei der Performance. In einigen Marktsituationen kann das aktive Management einen deutlichen Vorteil verschaffen, indem es etwa gezielt auf Veränderung reagiert oder in gewisse Sektoren, Branchen oder Einzelwerte verstärkt investiert oder eben nicht investiert.

Wie gefährlich sind synthetische ETFs im Fall einer kommenden Finanzkrise? Es heißt häufig, dass synthetische ETFs ein großes finanzielles Risiko im Fall einer Krise bergen.

Brettschneider:

Das ist leider zum Teil richtig. In synthetischen ETFs stecken unbekannte Risiken. Das liegt daran, dass im Hintergrund ein Swap-basiertes Gegengeschäft abläuft, welches den Index lediglich nachzeichnet. Man weiß also beim Kauf nicht, auf welchem Swap der Index gerade basiert. Daher gilt: Vorsicht bei dem Kauf synthetischer ETFs! Einige Banken bieten diese inzwischen nicht mehr an.

Sollte man Gold-ETCs kaufen, die nicht mit Gold hinterlegt sind? Und wie viel Prozent seines Vermögens sollte man in Gold investieren?

Meßner:

Wenn ich die Wahl habe, würde ich immer einen mit Gold hinterlegten ETC wählen. Das bietet mehr Sicherheit, da es das Insolvenzrisiko des Emittenten reduzieren soll. Sie können natürlich auch Gold direkt kaufen und es in den Safe oder in eine Verwahrstelle legen. Wie viel Gold sinnvoll ist, hängt von vielen Umständen ab, in der Regel haben Sie eine Beimischung des Edelmetalls von circa fünf Prozent im Portfolio. Sollten die Unsicherheiten ansteigen oder die Realrenditen weiter fallen, dürfte das Edelmetall seinen Absicherungscharakter erneut entfalten können.