Mitgefangen, mitgehangen. Wenn die Zinsen an den Weltmärkten fallen, leiden die meisten Besitzer von ­Lebensversicherungen. Denn die Invest­ments der Assekuranzen stecken zum größten Teil in festverzinslichen Anlagen, sodass die Policen immer weniger Rendite abwerfen. Entsprechend gab es seit 2008 Jahr für Jahr einen mehr oder weniger deutlichen Rückgang. Doch 2019 ist es anders, wie die Rating­agentur Assekurata errechnet hat. Die Überschussbeteiligung, die sich aus den Erträgen des jeweils vorherigen ­Jahres speist, blieb für Neuverträge fast konstant (2,46 nach 2,47 Prozent).

War dies schon das endgültige Ende des Absturzes? Das ist noch offen. Denn zwei Kräfte ringen miteinander. Für Entlastung sorgt weiterhin die veränderte Berechnung eines Kapitalpuffers. Seit diesem Jahr ist den Unternehmen gestattet, ihn langsamer als geplant aufzubauen, wodurch mehr an die Kunden ausgeschüttet werden kann. Der Puffer soll die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit während der Zinsflaute absichern. Andererseits sinken die Markt­zinsen immer weiter.

Wohin sich die Überschussbeteiligungen 2020 bewegen werden, ist also unsicher. Doch eines scheint klar: Ein steiler Anstieg ist nicht zu erwarten. Somit werden auch Rentenversicherungen mit gesetzlichem Garantiezins, die traditionellen Bestseller der Branche, wohl keinen neuen Boom erleben. Ihr Anteil am gesamten Neugeschäft mit Lebensversi­cherungen hat sich seit 2013 von 72 auf 33 Prozent verringert.

Das liegt nicht nur am Rückgang der Überschussbeteiligung. Auch der Garantiezins wurde von Staats wegen immer weiter herabgesetzt und beträgt derzeit nur noch 0,9 Prozent. Noch schlimmer: Der Garantiezins bezieht sich nicht auf die gesamten Prämien, sondern nur auf den sogenannten Sparbeitrag, also auf Einzahlungen minus Kosten. Und diese Kosten sind hoch, so hoch, dass sie möglicherweise den kompletten Garantiezins auffressen.

Das zeigen Zahlen von Partner in Life. Das Unternehmen kauft Lebens­policen auf und hat für €uro einen Musterkontrakt kalkuliert. Ergebnis: Bei 30 Jahren Laufzeit und einer Einzahlung von 1000 Euro pro Jahr entsteht ein jährliches Minus von 0,07 Prozent, wenn man allein den Garantiezins ansetzt.

Weil zudem angesichts der schlechten Aussichten die Nachfrage schrumpft, sind viele Anbieter aus dem Geschäft mit klassischen Policen ausgestiegen (beispielsweise Ergo, HDI, Zurich Deutscher Herold, Gothaer) beziehungsweise übertragen ihre Vertragsbestände komplett an andere Firmen. Die Käufer führen die Kontrakte weiter. Zuletzt machte Generali Leben mit einem solchen Deal Schlagzeilen. Wieder andere verkaufen solche Produkte nur noch auf ausdrücklichen Wunsch der Kunden (beispielsweise die Allianz und die Versicherungskammer Bayern).

Die Misere bei klassischen Policen ist also augenfällig. Doch muss man nicht auf eine Versicherung als Teil der privaten Altersvorsorge verzichten. Denn es gibt Alternativen, die weniger bis gar nicht auf Anleihen setzen und deshalb höhere Renditen versprechen.

Moderne Klassik. Es existiert ein Sammelsurium neuartiger Konstruktionen, von denen die meisten nah an klassischen Policen sind. So ist der Anlagemix bei der Modernen und der Alten Klassik oft der gleiche, denn das Investment ­erfolgt in beiden Fällen im sogenannten ­Sicherungsvermögen - also in Eigen­regie - des Anbieters. Eine höhere Rendite soll dadurch erzielt werden, dass der Versicherer durch die gekürzten Garantien weniger Kapital beiseitelegen muss. Entsprechend wird eine höhere Überschussbeteiligung in Aussicht gestellt. All diesen Angeboten ist gemeinsam, dass es keine Orientierung an einem ­Index gibt.

Manchmal gilt der Garantiezins nicht über die gesamte Laufzeit des Vertrags. So sagt Markt­führer Allianz bei der 2013 ein­geführten Produktlinie "Perspektive" lediglich zu, dass zu Rentenbeginn das eingezahlte Kapital vorhanden ist. Erst in der Rentenphase greift der dann gültige Garantiezins. Für Verträge, die 2019 geschlossen werden, sind für dieses Jahr 0,1 Prozentpunkte mehr als bei klassischen Verträgen fest zugesagt, außerdem weitere 0,2 Prozentpunkte, die aber jederzeit widerrufbar sind. Ähnliche Produkte haben etwa R + V ("Performancerente") und Debeka ("Chance Garant").

Etwas bessere Renditeaussichten als bei klassischen Policen, Verluste sind ausgeschlossen. Exakte Konditionen der Verrentung werden erst bei Auszahlungsbeginn festgelegt. Geringere rechtliche Sicherheit bei der Überschussbeteiligung.

Indexpolicen. Hier haben Kunden in jedem Jahr der Laufzeit ihrer Police vorab die Wahl: Wollen sie eine feste Verzin­s­ung haben? Oder möchten sie mit der Überschussbeteiligung teilweise oder komplett an der Entwicklung eines oder mehrerer Indizes partizipieren? Dabei werden bei den meisten Anbietern am Jahresende die monatlichen Wertentwicklungen addiert - jeweils bis zu einem prozentualen Höchstwert (dem sogenannten Cap) oder mit einer prozen­tualen Beteiligung an den Gewinnen (der Partizipationsquote). Bei allen Angeboten ist Folgendes gleich: Es ist ausgeschlossen, dass der Versicherte draufzahlt, denn Verluste auf Jahressicht werden nicht mitberechnet.

Über eine Option, bei der eine Bank das Gegenüber ist, wird in jedem Jahr so getan, als ob das gesamte vorhandene Vermögen in einem beziehungsweise mehreren Indizes angelegt wird. Weil es sich um keine tatsächliche Investition des gesamten Vermögens handelt, ist bei Ausfall des Gegenübers maximal die Überschussbeteiligung eines Jahres verloren. Alternativ zur Indexbeteiligung können sich Kunden zu Beginn ­jedes Jahres dafür entscheiden, sich die aktuelle Überschussbeteiligung zu sichern. Mittlerweile offerieren knapp 20 Versicherer solche Indexpolicen.

Der Kunde hat eine echte Wahl ohne Verlustgefahr. Wenn er sich am Index ­beteiligt, fällt die Rendite in der Rückrechnung meist höher aus als bei klas­sischen Policen.Die Renditechancen sind durch Cap und Quote limitiert. Zudem schrumpft bei sinkenden Zinsen die Überschussbeteiligung, die für die Indexpartizipation zur Verfügung steht. Auch arbeiten einige Anbieter mit selbst gebauten, intransparenten Indizes statt mit bekannten und objektiv nachvollziehbaren Börsenbarometern wie DAX und Euro Stoxx 50.

Britische Variante. Bei With-Profit-Policen (auf Deutsch: mit Überschussbeteiligung) werden Prämien minus Kosten nicht kundenbezogen, sondern pauschal für die gesamte Versichertengemeinschaft investiert. So kann der Versicherer den Aktienanteil bei der Anlage der Prämien deutlich erhöhen. Damit Kursschwankungen nicht voll durchschlagen, werden sie durch ein Glättungs­verfahren, das sogenannte Smoothing, abgemildert. Am Ende der vereinbarten Laufzeit erhöht eventuell ein Schluss­bonus die garantierten Leistungen.

Aktuell werden solche Policen etwa vom kanadischen Versicherer Canada ­Life angeboten. Die europäische Tochtergesellschaft sitzt in Irland, weshalb sie nach eigenen Angaben nicht vom Brexit betroffen ist. Die britische Standard Life ist 2015 aus dem Geschäft ausgestiegen. Sie hat die Tochter, die für außerbritische EU-Kunden zuständig ist, mittlerweile von Großbritannien nach Irland übertragen - mit schlechterem Insolvenzschutz als bislang. Dasselbe gilt für Kunden von Clerical Medical. Der Anbieter macht kein Neugeschäft mehr, die Muttergesellschaft Scottish Widows hat die laufenden Verträge aus Großbritannien nach Luxemburg übertragen - mit ebenfalls schlechterem Insolvenzschutz. Das Glättungsverfahren sorgt in schlechten Börsenzeiten dafür, dass Kunden ohne große Verluste kündigen können.

Die Garantie ist nicht so sicher wie bei klassischen Policen. Ohne Schlussbonus ist die Rendite gering. Das Smoothing (siehe oben) ist intransparent.

Fondspolicen. Auch hier sind Garan­tien das Thema. Es gibt die verschiedensten Spielarten - von null Garantie bis ­nahezu Vollkaskoschutz (zu den Kosten siehe nebenstehender Kasten). Folgende Policen lassen sich unterscheiden:

Bei Verträgen ohne Garantien werden Beiträge (minus Kosten) komplett in ausgewählten Invest­mentfonds angelegt - in Aktien, Anleihen oder Immobilien, teilweise auch in kostengünstigen Indexfonds, also ETFs.

Hohe Renditechancen und oft eine große Auswahl von Fonds. Enorme Verlustrisiken und teilweise undurchsichtige Fondskosten.

Bei sogenannten Zwei-Topf-Hybriden fließen die Prämien abzüglich Kosten in das Sicherungsvermögen und in Fonds. In der statischen Variante ist die Aufteilung der Zuflüsse fix. Bei der dynamischen Variante wechselt die Verteilung und hängt wesentlich von der Lage am Kapitalmarkt und vom Alter des Versicherten ab (je näher an der Auszahlphase, desto weniger Aktien). Solch eine dynamische Variante hat beispielsweise die Allianz bei ihrem 2018 gestarteten Produkt "Fourmore" gewählt, das mit ­einigem Werbeaufwand via Internet ­vertrieben wird.

Relativ hohe Sicherheit, geringe Verlustrisiken.Niedrigere Gewinnchancen durch eine grundsätzlich geringe Aktienquote. Sie bleibt insbesondere nach Kurseinbrüchen häufig lange Zeit auf einem sehr niedrigen Niveau.

Drei Töpfe. Bei Drei-Topf-Hybriden werden Prämien minus Kosten gleich auf drei Anlagevehikel verteilt: das Sicherungsvermögen, einen Garantiefonds und weitere Fonds. Der Garantiefonds sorgt zum Ende der Vertragslaufzeit dafür, dass der eingezahlte Anlagebetrag mindestens zu einem bestimmten Prozentsatz an den Kunden zurückfließt. Manchmal sind auch zwischenzeitliche Höchststände gesichert. Bei günstigem Börsenverlauf ist eine hohe Aktienquote mit entsprechenden Gewinnchancen möglich. Die Garantie hängt zum großen Teil nicht vom Versicherer, sondern von der Fondsgesellschaft ab, die hinter dem ­Garantiefonds steht. Viele Garantiefonds sind renditeschwach, worunter der Gesamtertrag leidet.

Was zu tun ist. Welcher Kunde sollte nun zu welcher Police greifen? "Selten kann man ein Produkt als absolut gut oder schlecht einstufen", sagt Alexander Kling vom Institut für Finanz- und Ak­tuarwissenschaften in Ulm. Vielmehr seien die Chance-Risiko-Profile unterschiedlich. "Die große Kunst liegt darin, dieses Profil mit der Risikoneigung des Kunden in Einklang zu bringen." Der ­unabhängige Versicherungsmakler Thomas Adolph aus Frankfurt stößt ins gleiche Horn: "Bestimmte Angebotsklassen per se abzulehnen, finde ich nicht gut. Man sollte jede einzelne Variante ein­gehend prüfen."

Steuervorteil für Fondspolicen. Von Ulrich Lorer

Seit Anfang 2018 gilt das neue Investmentsteuergesetz. Demnach müssen die Fondsgesellschaften auf Erträge 15 Prozent Körperschaftsteuer direkt an den Fiskus abführen. Weil davon auch Dividenden, Mieterträge und Gewinne deutscher Fonds betroffen sind, die bisher auf dieser Ebene steuerfrei ­waren, erhalten Fondsanleger über Teilfreistellungen - für Aktienfonds 30 Prozent - einen gewissen Ausgleich. Auch die Fonds der Fondspolicen müssen 15 Prozent Körperschaftsteuer ­abführen. Allerdings wird dieser Effekt durch eine pauschale Teilfreistellung von 15 Prozent der Erträge für die ­Policeninhaber wieder aufgehoben. Fondspolicen sind daher de facto ­während der Ansparphase (abgeltungs-) steuerfrei.

Grundsätzlich genießen Policen als Altersvorsorgepro­dukte daher weiterhin Steuervorteile. So sind die Erträge einer vor 2005 abgeschlossenen Fondspolice bei Kapitalauszahlung komplett steuerfrei. Bei später abgeschlossenen Policen unterliegt bei Kapitalauszahlung ab dem 60. beziehungsweise ab dem 62. Lebensjahr (Abschluss nach 2012) nur die Hälfte der Erträge dem persönlichen Einkommensteuersatz (Halbeinkünfteverfahren). Ein größerer Steuervorteil ergibt sich, wenn bei einer Fondsrente statt der Kapitalauszahlung eine lebenslange Rente gewählt wird: Dann unterliegt nur der sogenannte Ertragsanteil der Rente (bei Rentenbeginn mit 65: 18 Prozent) dem persönlichen Einkommensteuersatz.

Nach einer Auswertung der Vergleichssoftware "Fondsanlagen-Optimierer" des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung profitieren Fondsrenten vom Steuervorteil im Vergleich zum Fondssparplan aber wegen höherer Kosten der Police oft nur, wenn daher statt ­einer einmaligen Kapitalauszahlung die Rentenzahlung gewählt wird und wenn die abgeltungsteuerfreie Zeit in der Ansparphase möglichst lange ­genutzt werden kann.

Auf Transparenz und Kosten achten.

Anbieter fondsgebundener Renten- und Kapitallebensversicherungen versprechen Transparenz in der Anlage. Denn im Gegensatz zu konventionellen Lebensversicherungen können Sparer mit der Wahl der Fonds ihre Anlage selbst bestimmen. Wie das bei den Kunden ankommt, lässt sich lediglich für einen kurzen Zeitraum sagen, weil es nur für 2017 und 2018 belastbare Zahlen gibt. Hintergrund: Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hatte 2017 seine Statistik umgestellt, ­eine Rückrechnung ist nicht möglich. Zuvor waren beispielsweise Fonds­policen und Indexpolicen in einen Topf geworfen worden. Nach der neuen Berechnung verharrte der Marktanteil von Fondspolicen im Bestand bei 4,9 Prozent und sank beim Neuabsatz ein wenig von 4,5 auf 4,4 Prozent. Der leichte Rückgang mag auch an der Konkurrenz zu Fondssparplänen liegen, mit denen fondsgebundene Policen ­ohne Garantien (siehe Tabelle) eher vergleichbar sind als mit konventionellen Policen. Allerdings sind bei der Fondspolice im Vergleich zum Fondssparplan in der Regel die Kosten höher, da neben den Fondsverwaltungsgebühren zusätzliche Kosten für den Versicherungsmantel bestehen. Bei der Fondspolice stellen viele Anbieter das Umschichten von einem Fonds zu einem anderen allerdings kostenfrei.

Fondssparplan als Konkurrenz

Die Fondsrente kann sich trotz höherer Kosten als ein Fondssparplan besser rechnen, wenn die Steuervorteile einer Rentenauszahlung und einer langen Anlagedauer in der Ansparphase zum Tragen kommen. Wer auf die Steuervorteile setzt, sollte deshalb aber nicht die Kosten außer Acht lassen. So fallen auf Fondsebene mit breit diversifizierten Aktien-ETFs - etwa auf den MSCI World - oft nur ein Fünftel oder weniger der laufenden Kosten eines teuren Dachfonds oder gemanagten Fondsportfolios an. Auch bei den Kosten des Versicherungs­mantels gibt es große Unterschiede.

Sie sind etwa bei der Fondsrente des ­Direktversicherers Hannoversche ­Leben sehr niedrig. Allerdings ist das Fondsangebot der Hannoverschen beispielsweise im Vergleich zum Netto­tarif von MyLife sehr überschaubar.

Für Anleger, die ihre Fonds öfter wechseln wollen, kann daher das Fondsspektrum ein wichtiges Auswahlkriterium sein. Allerdings zeigt eine Auswertung des Analysehauses f-fex, dass die Qua­lität der angebotenen Fonds oft gering ist. Bei den großen Anbietern schneiden laut f-fex Zurich und R + V am besten ab, Generali, Gothaer und Nürnberger haben den größten Nachholbedarf.

Beim Neugeschäft attestiert f-fex im Durchschnitt bei R + V, Cosmos und AXA sowie Targo, Hannoversche und MyLife eine bessere Fondsqualität als im Bestand. Häufig wechseln die Poli­cen­inhaber ihre einmal gewählten Fonds auch nicht mehr aus, und die Ergebnisse ehemals guter Fonds bleiben oft auf Dauer nicht überdurchschnittlich gut. Die günstigen Umschichtungskosten - der Vorteil vieler Fondspolicen - bleiben oft ungenutzt.

Trend zu ETFs

Viele Vermittler empfehlen ihren Kunden daher gemanagte Portfolios. Tatsächlich fallen deren Ergebnisse keinesfalls besser aus, sind aber im Vergleich zu einer passiven Anlagestrategie deutlich teurer. So weist der kostengünstige ETF von iShares auf den MSCI World in den vergangenen zwölf Monaten einen ­höheren Wert­zuwachs (knapp neun Prozent) als das beste aktienorientierte Portfolio in den vergangenen zwölf ­Monaten (Condor/Trends Aktien) und in den vergangenen fünf Jahren (Swiss Life/Growth 06) auf.

Generell gilt: Der Trend zu kostengünstigen ETFs ist mittlerweile auch bei Fondspolicen angekommen. Das ist kein Wunder. Denn wie sich Fonds künftig entwickeln, ist ungewiss - die Kosten von aktiv gemanagten aber dürften auch langfristig definitiv über denen von ETFs liegen.